Mit zwei Pilotprojekten will der Bundesrat prüfen, ob Apothekerinnen und Apothekern in der ambulanten medizinischen Versorgung zusätzliche Aufgaben übernehmen sollen und können.
«Apotheken kommt in der medizinischen Grundversorgung eine wichtige Rolle zu, da sie für viele Menschen einen einfachen und niederschwelligen Zugang zu medizinischer Beratung bieten», heisst es in einer Mitteilung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vom Mittwoch.
In einem Bericht in Erfüllung eines Postulats von CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (AG) zeigt sich die Regierung überzeugt, dass Apothekerinnen und Apotheker künftig zusätzliche Aufgaben übernehmen können. So etwa in der Prävention oder in der Begleitung chronisch kranker Menschen.
Keine isolierte Betrachtungsweise
Allerdings ist der Bundesrat der Ansicht, dass eine neue Positionierung der Apotheken in der Grundversorgung nicht isoliert betrachtet werden kann. Viel mehr geht es ihm darum, sie unter dem Dach der koordinierten Versorgung zu stärken.
«Ziel muss es sein, die verschiedenen Kompetenzen der verschiedenen Berufsgruppen sowie deren Synergiepotential besser zu nutzen, um damit eine optimale Versorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten», heisst es im Bericht.
Dabei sieht der Bundesrat die Rolle der Apotheken einerseits als niederschwelligen Zugang zum Gesundheitssystem. Andererseits soll die pharmazeutische Kompetenz von Apothekerinnen und Apothekern zur Qualitätssteigerung in der Arzneimitteltherapie genutzt werden.
Kinder und Diabetiker
Er schlägt vor, sie als Beobachtungs-, Beratungs- und Koordinationsstelle im Präventionsbereich einzubinden. So könnten Apotheker zum Beispiel vermehrt in die therapeutische Begleitung chronisch kranker und betagter Menschen mit mehreren Erkrankungen eingebunden werden.
Im ersten Pilotprojekt unterstützt der Bund nun die Begleitforschung der spezialisierten Kinderapotheken medinform: Ziel ist die optimierte Versorgung kranker Kinder durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Apothekerinnen, Kinder- und Hausärzten in einem lokalen Netzwerk.
Das zweite Projekt, das wissenschaftlich begleitet wird, ist ein interdisziplinäres Programm zur Verbesserung der Therapietreue bei Diabetikern: Im Zentrum stehen die Überwachung der Medikamenten-Einnahme, regelmässige Motivationsgespräche durch geschulte Apothekerinnen und die Optimierung des Medikamentenplans in Absprache mit dem behandelnden Arzt.
Kein Diktat von oben
Gemäss BAG sollen die Projekte einerseits zeigen, ob die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu einer Qualitätssteigerung bei der ambulanten Medikamentenversorgung führt. Andererseits will der Bundesrat erfahren, unter welchen Rahmenbedingungen sich solche Zusammenarbeitsformen erfolgreich etablieren können. Die Ergebnisse sollen 2018 vorliegen.
Der Bundesrat ist sich allerdings bewusst, dass solche geplanten Zusammenarbeitsmodelle nicht von oben her diktiert werden können, wie es im Bericht weiter heisst. Eigeninitiative und Akzeptanz der Leistungserbringer sowie die Rücksichtnahme auf die verschiedenen Gegebenheiten in den Kantonen sei für solche zentral.
Er ist aber der Ansicht, dass er lenkend eingreifen kann, indem er die Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene optimiert und geeignete Anreize für die Zusammenarbeit schafft. Dabei sollen die Resultate der Pilotprojekte behilflich sein.
Erste Schritte schon getan
Bundesrat und Parlament haben bereits verschiedene Massnahmen umgesetzt, um Apothekerinnen und Apotheker stärker in der Grundversorgung zu positionieren. So erlaubt ihnen das im Frühling revidierte Heilmittelgesetz, für leichte Erkrankungen gewisse verschreibungspflichtige Medikamente direkt und ohne Vorliegen eines ärztlichen Rezepts abzugeben.
Die Vorschläge aus dem Bericht fügen sich gemäss BAG in die neue Verfassungsbestimmung zur medizinischen Grundversorgung sowie in die Gesamtstrategie Gesundheit 2020 ein. Diese will die medizinische Grundversorgung als Ganzes stärken und die koordinierte Versorgung fördern. (sda)