Brüssel und Warschau kommen wieder ins Gespräch

Brüssel und Warschau kommen wieder ins Gespräch

09.01.2018, 23:40

Drei Wochen nach dem Start des Rechtsstaatsverfahrens kommen Polen und die EU-Kommission wieder ins Gespräch. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker empfing am Dienstagabend Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zu einem Arbeitsessen in Brüssel.

Man habe sich in freundlicher Atmosphäre intensiv ausgetauscht, erklärten beide anschliessend. Auch wurden weitere Gespräche vereinbart, mit dem Ziel, «bis Ende Februar Fortschritte zu erreichen». Ein Ausweg aus der Krise ist aber noch nicht erkennbar.

Morawiecki und Juncker erklärten nur, man habe sich über viele Themen ausgetauscht, auch über die «polnische Position in der Europäischen Union» sowie über Migration. «Der Ministerpräsident und der Präsident hatten auch eine detaillierte Diskussion über Fragen mit Bezug zur Rechtsstaatlichkeit», hiess es. Ergebnisse oder Hinweise auf eine Annäherung gab es zunächst nicht.

Vorher signalisierten beide Seiten zwar Dialogbereitschaft. Die Kommission hoffe auf eine konstruktive Lösung, sagte Junckers Sprecher Margaritis Schinas. Gleichzeitig dämpfte der EU-Kommissionspräsident selber jedoch die Erwartung, dass der Streit mit Polen schon beim Antrittsbesuch von Morawiecki entschärft werden kann.

EU-Kommission: Grundwerte gefährdet

«Wir müssen auf Rechtsstaatlichkeit pochen, wir müssen auf Gewaltenteilung pochen, wir müssen auf Pressefreiheit pochen», sagte Juncker in einem ARD-Interview. Der Gesprächsfaden müsse aber wieder aufgenommen werden.

Die Kommission hatte im Dezember wegen der Justizreformen in Polen eine Gefährdung von EU-Grundwerten wie Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung festgestellt. Sie startete deshalb ein Sanktionsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge - eine beispiellose Eskalation des Streits mit einem Mitgliedsland. Die Krise war eines der Themen für Juncker und Morawiecki.

Unmittelbar vor seinem Antrittsbesuch in Brüssel sandte Polens neuer Ministerpräsident Morawiecki der EU ein Zeichen der Annäherung. Auf Vorschlag Morawieckis ersetzte Präsident Andrzej Duda mehrere Mitglieder der rechtskonservativen Regierung.

Hardliner ersetzt

Im Polen abgesetzt wurde unter anderem Aussenminister Witold Waszczykowski, der die EU und Deutschland in mehreren Fällen scharf angegriffen hatte. Auch der ebenfalls entlassene Verteidigungsminister Antoni Macierewicz galt bei den EU-Institutionen und in anderen Mitgliedsländern als schwieriger Partner. Ihm werden in Polen Verzögerungen bei der Modernisierung der Streitkräfte und Streit mit hochrangigen Offizieren vorgeworfen.

Neuer Verteidigungsminister soll der ehemalige Innenminister Mariusz Blaszczak werden, neuer Chefdiplomat der bisherige Vize-Aussenminister Jacek Czaputowicz.

Darüber hinaus verlor Umweltminister Jan Szyszko seinen Job, der sich mit der EU wegen der Rodung eines Urwaldes in Polen angelegt hatte. Über den Fall wird mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt.

Polnische Experten werteten die Kabinettsumbildung als Entgegenkommen. Dies sollte die EU-Mitgliedstaaten davon überzeugen, gegen Strafen für das Land zu stimmen, sagte der Politologe Norbert Maliszewski nach Angaben der Agentur PAP. (sda/dpa/afp/reu)

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