«Fortuna» an der Berlinale: Flüchtlingsdrama auf dem Simplon

«Fortuna» an der Berlinale: Flüchtlingsdrama auf dem Simplon

18.02.2018, 15:3018.02.2018, 15:36

Der Westschweizer Spielfilm «Fortuna» ist am Sonntag an den 68. Internationalen Filmfestspielen in Berlin in Anwesenheit von Regisseur Germinal Roaux, Darsteller Bruno Ganz und Produzentin Ruth Waldburger uraufgeführt worden.

Das eindrückliche Flüchtlingsdrama, das wenig zeigt und doch alles sagt, spielt auf der Simplon-Passhöhe. «Fortuna» ist, wie der Dokumentarfilm «Eldorado» von Markus Imhoof, der am Donnerstag in Berlin uraufgeführt wird, ein Film über Flüchtlinge, die übers Mittelmeer nach Italien und schliesslich in die Schweiz kommen.

Der 43-jährige Lausanner Germinal Roaux wählt eine konsequent minimalistische Form, um seine Geschichte zu erzählen. «Fortuna», in schwarz-weiss gedreht, spielt fast vollständig im verfallenen sogenannten Barralhaus, neben dem Alten Hospiz etwas unterhalb der Simplon-Passhöhe gelegen.

Die dort zurückgezogen lebenden katholischen Ordensbrüder beherbergen Flüchtlinge, darunter die 14-jährige Fortuna (Kidist Siyum Beza) aus Äthiopien. Der Pass ist tief eingeschneit und es bläst ein eisiger Wind. Fortuna füttert die wenigen Hühner, und dem Esel, «ihrem einzigen Freund», klagt sie ihr Leid.

Nächstenliebe und Moral

Fortuna hat bei der Fahrt übers Mittelmeer ihre Eltern aus den Augen verloren - und sie ist schwanger, von Kabir, einem Landsmann, der ebenfalls im Kloster lebt. Kabir wird, weil ohne gültige Papiere, verhaftet und hat, wie man später erfährt, Frau und Kinder in Italien. Doch Fortuna liebt ihn - und sie will ihr Kind behalten.

Das Drama nimmt seinen Lauf. In einem grossen Monolog erörtert Bruder Jean, der Vorsteher des Ordens (souverän gespielt vom Schweizer Weltstar Bruno Ganz), das Prinzip von Nächstenliebe und göttlicher Moral, die doch gebieten, dass die junge Frau, auch wenn es Recht und Ordnung widerspreche, selber über ihr Schicksal entscheiden dürfe.

Traumatische Fahrt übers Mittelmeer

«Fortuna» zeigt eindrückliche Bilder der kargen Bergwelt wie der spartanisch-klösterlichen Innenräume. Es wird wenig gesprochen, die Menschen bewegen sich gemächlich, Kerzen sind die einzigen Lichtquellen. Rückblenden mit gewaltigen Wassermassen lassen die Mühsal der traumatischen Fahrt übers Mittelmeer erahnen.

Germinal Roaux hat das Drehbuch nach Aussagen jugendlicher Flüchtlinge, die ohne Eltern in Europa ankommen, geschrieben. Der Film ist eine schweizerisch-belgische Koproduktion und in der äthiopischen Sprache Amharisch sowie in Französisch gesprochen. «Fortuna» läuft an der Berlinale in der Wettbewerbssektion Generation 14plus.

Roaux hat als Fotograf gearbeitet, unter anderem während zehn Jahren für das Westschweizer Magazin «Hebdo», bevor er zum Film wechselte. Nach Kurz- und Dokumentarfilmen gewann er 2013 mit seinem ebenfalls in schwarz-weiss gedrehten ersten Spielfilm «Left Foot Right Foot» auf Anhieb drei Schweizer Filmpreise. (sda)

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