Fraktionen fühlen Bundesratskandidaten auf den Zahn

Fraktionen fühlen Bundesratskandidaten auf den Zahn

12.09.2017, 18:52

Am Dienstagnachmittag haben die ersten Fraktionen den drei Bundesratskandidaten der FDP auf den Zahn gefühlt. Die SVP-Fraktion gab bekannt, dass sie mehrheitlich den Tessiner Ignazio Cassis unterstütze. Die CVP und die Grünen haben sich noch nicht entschieden.

45 SVP-Stimmen gingen an Cassis, wie Fraktionschef Adrian Amstutz vor den Bundeshausmedien sagte. Die Waadtländer Nationalrätin Isabelle Moret machte 11 Stimmen.

Den Ausschlag für Cassis gab laut Amstutz dessen Herkunft. Die SVP sei der Überzeugung, dass die Sprach- und Landesregionen im Bundesrat angemessen vertreten sein sollten, wie es die Verfassung vorsehe, sagte er.

Und die Fraktion sei überzeugt, dass gerade für die italienische Schweiz eine Vertretung im Bundesrat nötig sei, da dort gewisse Probleme vorhanden seien. Weil das für die SVP klar sei, kommuniziere sie ihren Entscheid bereits jetzt und nicht erst kurz vor der Wahl.

Maudet ohne Rückhalt

Chancenlos war der Genfer Staatsrat Pierre Maudet. Er erhielt lediglich eine Stimme im ersten Wahlgang. Grund dafür dürfte die europafreundliche Haltung Maudets sein. Amstutz gab dazu keine Auskunft. Die SVP-Fraktion habe allen dieselben Fragen zur Europapolitik gestellt und im Wissen um die Antworten der Kandidierenden entschieden.

Die SVP-Fraktion zählt insgesamt 74 Mitglieder. Es habe Absenzen aus medizinischen Gründen und wegen Schwangerschaften gegeben, sagte der Fraktionschef.

Rückenwind für Cassis

Die CVP hat sich noch nicht entschieden, ob sie einen bestimmten Kandidaten oder eine Kandidatin unterstützen will. Alle drei hätten sehr unterschiedliche Profile, aber alle seien wählbar, sagte Fraktionschef Filippo Lombardi (TI). Traditionell mache die CVP keine Wahlempfehlung. Entscheidend sei, dass die Fraktion das Ticket anerkannt habe.

Cassis hat aber auch in der CVP gute Karten. Seiner Meinung nach sei Cassis immer noch Favorit, sagte Parteipräsident Gerhard Pfister (ZG) nach der Anhörung. Grund dafür dürfte seine Herkunft sein: Vielen Mitgliedern der Bundesversammlung fehlt ein hinreichender Grund, den anerkannten Anspruch des Tessins zu ignorieren.

«Waschechte Liberale»

Auch die Grünen haben noch keine Empfehlung abgegeben. «Wir sind noch zu keinem definitiven Resultat gelangt», sagte Fraktionspräsident Balthasar Glättli (ZH). Er geht davon aus, dass die Fraktion nächste Woche einen Entscheid fällt, wenn sie erneut darüber diskutiert.

Die Präsentationen der drei Kandidaten seien qualitativ hochwertig gewesen, sagte Glättli. Sie hätten offen und ehrlich - als «waschechte Liberale» - geantwortet. «Sie haben sich programmatisch nicht verbogen, um den Grünen zu gefallen.»

Eine Lanze brach Glättli für Isabelle Moret, die in den letzten Wochen medial unter Beschuss geriet. Die Waadtländer Nationalrätin sei zu unrecht schlecht gemacht worden. Ihr Auftritt sei überzeugend gewesen.

Cassis zuversichtlich

Die Kandidierenden selber zeigten sich nach den Anhörungen zuversichtlich. «Ich bin zufrieden, ich war mich selber», sagte Cassis. Das Interesse sei gross gewesen. Cassis liess aber auch politische Differenzen durchblicken: Alle möchten sieben Bundesräte der gleichen Partei, sagte er. «Aber die Regeln sind anders.»

Bei der SVP hatte sich Cassis mit der Rückgabe des italienischen Passes beliebt gemacht. Auf Fragen dazu sagte er, in den Hearings sei es nicht darum gegangen, den anderen zu gefallen.

Maudet gab sich aufgeräumt: «Es war ein interessanter Austausch. Ich freue mich auf eine mögliche künftige Zusammenarbeit.» Moret erklärte, es sei eine gute Erfahrung gewesen, ihre Visionen und Ideen präsentieren zu können.

Zweite Runde

Am kommenden Dienstag folgen die Hearings mit den übrigen Fraktionen. Die letzten Absprachen werden am Vorabend der Wahl im Berner Luxushotel Bellevue getroffen: Parteichefs und Politstrategen diktieren den Journalisten Prognosen und Analysen ins Mikrofon, während abseits der Kameras die Königsmacher die Strippen ziehen.

Allerdings hat sich in den Monaten seit Bundesrat Didier Burkhalters Rücktrittsankündigung nichts Wesentliches an der Ausgangslage geändert: Der Tessiner ist bleibt der Favorit. Die Würfel fallen am 20. September. (sda)

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