Am Donnerstag läuft die einjährige Behandlungsfrist der RASA-Initiative ab. An der Sitzung von morgen Mittwoch muss also der Bundesrat dem Parlament dazu eine Empfehlung abgeben. Voraussichtlich lehnt er die Initiative ab. Offen ist, ob mit oder ohne Gegenvorschlag.
Entscheidet er sich für einen Gegenvorschlag, verlängert sich die Behandlungsfrist um sechs Monate. Der Bundesrat hätte bis am 27. April 2017 Zeit, einen direkten Gegenvorschlag zur Initiative «Raus aus der Sackgasse» (RASA) auszuarbeiten. Diese verlangt, den Zuwanderungsartikel, der mit der Masseneinwanderungsinitiative in die Verfassung aufgenommenen worden ist, ersatzlos zu streichen.
Dem Volksbegehren werden an der Urne wenig Chancen eingeräumt. Vor allem das Ständemehr wäre schwierig zu erreichen. Die Masseneinwanderungsinitiative hatte diese Hürde mit 14.5 von 23 Standesstimmen problemlos geschafft. Zudem gibt es demokratiepolitische Bedenken, einen neuen Verfassungsartikel so kurz nach Inkraftsetzung schon in Frage zu stellen. Ein Gegenvorschlag könnte die Initianten je nach Inhalt zum Rückzug bewegen.
Verschiedene Varianten
Morgen Mittwoch dürfte der Bundesrat aber erst einen Grundsatzentscheid fällen. Der Entscheid über den konkreten Inhalt eines Gegenvorschlags fällt voraussichtlich erst nächstes Jahr. Ein von Quellen in der Verwaltung bestätigtes Aussprachepapier aus dem Justizdepartement von Simonetta Sommaruga, über das die «Weltwoche» berichtet hatte, zeigt verschiedene Varianten auf.
Eine Variante ist der verfassungsmässige Vorrang staatsvertraglicher Verpflichtungen, konkret des Freizügigkeitsabkommens. Die zweite Variante eines Gegenvorschlags ist ein Europa-Artikel, der das bilaterale Verhältnis in der Verfassung absichern würde.
Als dritte Möglichkeit könnte der Bundesrat vorschlagen, die schwierig umzusetzenden Kontingente und Höchstzahlen aus dem Zuwanderungsartikel zu streichen. Und schliesslich könnte er Kombinationen dieser Varianten zur Diskussion stellen.
Jeder Gegenvorschlag des Bundesrats dürfte unter dem Vorbehalt stehen, dass dem Parlament nicht doch noch eine verfassungskonforme Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gelingt, die das Freizügigkeitsabkommen mit der EU nicht in Frage stellt.
Wacklige Umsetzung
Der Nationalrat hat in der Herbstsession eine Gesetzesänderung beschlossen, die sich mit einer Stellenmeldepflicht begnügt. Ob der Zuwanderungsartikel damit umgesetzt wird, ist höchst umstritten.
Hingegen ist der so genannte «Inländervorrang light» nach Ansicht des Bundesrats vereinbar mit dem Freizügigkeitsabkommen. Auf EU-Seite gibt es Vorbehalte. Der Gemischte Ausschuss Schweiz-EU befasst sich am Dienstag an einer ausserordentlichen Sitzung mit den Plänen zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative.
In der Wintersession ist der Ständerat am Zug. Dessen vorberatende Kommission versucht sich derzeit an einer verfassungskonformen Umsetzung. Bereits beschlossen hat sie, dass eine allfällige Verfassungsänderung erst nach der Umsetzung auf Gesetzesstufe in Frage käme. (sda)