May warnt vor «irreparablen Schaden» bei zweitem Brexit-Referendum

May warnt vor «irreparablen Schaden» bei zweitem Brexit-Referendum

17.12.2018, 13:32

Ein zweites Brexit-Referendum würde der britischen Politik nach den Worten von Premierministerin Theresa May «irreparablen Schaden» zufügen. Es würde das Land zudem «weiter spalten», heisst es in vorab veröffentlichten Auszügen einer Rede Mays.

«Lassen Sie uns den Briten gegenüber nicht Wort brechen, indem wir versuchen, ein weiteres Referendum abzuhalten.» Eine solche zweite Volksabstimmung würde «der Integrität unserer Politik irreparablen Schaden» zufügen, heisst es im Redetext der Rede, die May am Montag im britischen Parlament halten will.

Ein zweites Referendum über einen Austritt Grossbritanniens aus der EU würde das Land zudem nicht weiterbringen. Es würde vielmehr das Land «in genau dem Moment, in dem wir daran arbeiten sollten, es zu vereinen, weiter spalten».

Scharfe Kritik an der Forderung nach einem zweiten Referendum übte auch Ex-Aussenminister Boris Johnson. Wer eine Wiederholung der Abstimmung fordere, sei «verrückt» geworden, schrieb der Brexit-Hardliner in seiner am Montag veröffentlichten wöchentlichen Kolumne für die Zeitung «Daily Telegraph». Ein zweites Votum würde «sofortige, tiefe und unauslöschliche Gefühle von Betrug» nach sich ziehen.

Die Briten hatten sich 2016 in einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Europäische Union zu verlassen. May versucht nun, das Parlament in London von einem mit Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen zu überzeugen. Im Brexit-Chaos in Grossbritannien werden immer wieder Forderungen nach einem neuen Referendum laut, auch in Mays Kabinett.

Heftiger Streit mit Blair

Verfechter eines zweiten Votums ist auch der ehemalige Premierminister Tony Blair, mit dem sich May am Wochenende einen aussergewöhnlichen öffentlichen Streit geliefert hatte. Blairs Forderung nach einem zweiten Referendum sei «eine Beleidigung des Amtes, das er einst bekleidete und des Volkes, dem er einst diente», erklärte May.

Blair reagierte prompt und bezeichnete es als «unverantwortlich», die Abgeordneten des britischen Unterhauses dazu zwingen zu wollen, das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen anzunehmen. «Vernünftig wäre es, das Parlament über alle angebotenen Formen des Brexit abstimmen zu lassen.» Gebe es keine Einigung, sollte erneut das Volk befragt werden.

May wollte die Abgeordneten am Montag über den EU-Gipfel in der vergangenen Woche informieren. Sie hatte versprochen, sich dort um «Zusicherungen» hinsichtlich der in London umstrittenen Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland im Brexit-Vertrag zu bemühen.

Der sogenannte Backstop sieht vor, dass Grossbritannien notfalls als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleibt, sollte keine bessere Lösung gefunden werden. Die Gipfelerklärung blieb aber weit hinter den Erwartungen aus London zurück.

Wenig Unterstützung für Brexit-Deal

May hofft nach wie vor darauf, dass sie sich mit ihrem Brexit-Deal im Parlament durchsetzen kann. Doch das scheint inzwischen mehr als zweifelhaft. Eine für vergangene Woche angesetzte Abstimmung hatte sie angesichts einer sich abzeichnenden Niederlage verschoben.

Eine Vertrauensabstimmung in ihrer Fraktion kurz darauf gewann die Regierungschefin zwar, doch mehr als ein Drittel der konservativen Abgeordneten sprachen ihr das Misstrauen aus. Ein Ausweg ist nicht in Sicht.

Sollte das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen vom Parlament abgelehnt werden, droht am 29. März 2019 ein ungeregelter Brexit mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft und Chaos in vielen Lebensbereichen. Eine kleine Gruppe von Brexit-Hardlinern in der konservativen Regierungsfraktion spricht sich offen für den sogenannten No-Deal-Brexit aus. (sda/afp/dpa)

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