50 Jahre Gefängnis für «Vaterlandsverrat» in Venezuela gefordert

50 Jahre Gefängnis für «Vaterlandsverrat» in Venezuela gefordert

16.08.2017, 04:00

In Venezuela können den Verantwortlichen für Gewalttaten bei den Protesten gegen Präsident Nicolás Maduro bis zu 50 Jahre Gefängnis drohen. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs schlägt der Verfassungsgebenden Versammlung eine Verschärfung des Strafrechts vor.

Der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Maikel Moreno, unterbreitete der Verfassungsgebenden Versammlung am Dienstag (Ortszeit) den Vorschlag von entsprechenden Höchststrafen für Mord, Terrorismus und «Vaterlandsverrat». Die aktuelle Verfassung sehe bisher nur Höchststrafen von 30 Jahren vor, erklärte Moreno.

Er forderte auch härtere Strafen für Korruption. «Wir können nicht weiter erlauben, dass sich die Feinde des Vaterlandes bereichern.»

Es wird befürchtet, dass sich das Gesetz vor allem gegen führende Politiker der Opposition richten könnte, die zu den seit April andauernden Protesten aufgerufen hatten. Maduro gibt der Opposition die Schuld für die vielen Toten.

Prozesse vor Zivil- statt Militärgerichten

Festgenommenen Demonstranten soll der Prozess derweil vor Zivil- und nicht vor Militärgerichten gemacht werden, wie die umstrittene Verfassungsversammlung am Dienstag anordnete. Das vom sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro durchgesetzte Gremium reagierte damit auf Kritik mehrerer Menschenrechtsgruppen und der Vereinten Nationen.

Seit Beginn der Massenproteste im April wurden nach Schätzung von Menschenrechtlern mindestens 120 Personen während Demonstrationen gegen die Regierung festgenommen und vor Militärgerichten angeklagt. Kritiker werfen der Regierung vor, sie wolle dadurch Kritiker abschrecken und einschüchtern.

«Wir alle wissen, wie es dazu gekommen ist», sagte die Präsidentin der Verfassungsversammlung, Delcy Rodriguez, mit Blick auf die Prozesse gegen Zivilisten vor Militärgerichten. «Das liegt an der Untätigkeit und Trägheit der Staatsanwaltschaft.»

Als eine ihrer ersten Handlung hatte die Verfassungsversammlung vergangene Woche Generalstaatsanwältin Luisa Ortega abgesetzt, die seither auf der Flucht ist.

UNO wirft Regierung Gewaltexzess vor

Ein UNO-Bericht warf der sozialistischen Regierung und Sicherheitskräften eine exzessive Gewaltanwendung vor. Nach einer UNO-Analyse sind Sicherheitskräfte für mindestens 46 und Pro-Regierungsmilizen für 27 Tote verantwortlich.

Bei den Protesten und Unruhen starben bisher über 120 Menschen. Die linientreue «Volksversammlung» beschliesst als neues, den anderen Staatsgewalten übergeordnetes Organ die Gesetze des Landes.

Das von der Opposition dominierte Parlament wurde entmachtet. Die Wahl der 545 Mitglieder wurde von Betrugsvorwürfen überschattet und von der Opposition boykottiert. Dutzende Staaten erkennen das Gremium nicht an, die USA sehen Venezuela auf dem Weg in die Diktatur. (sda/dpa/reu)

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