In Bern beginnt heute Montag die Sommersession der eidgenössischen Räte. In der ersten Woche steht allerdings nicht das Bundeshaus, sondern der Gotthard im Zentrum: Wegen der Eröffnung des Basistunnels findet am dritten Sessionstag keine Sitzung statt.
Alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind zum Spektakel eingeladen, an dem auch der Gesamtbundesrat sowie ausländische Staats- und Regierungschefs teilnehmen werden. Wer möchte, kann im Sonderzug anreisen. Sitzungsgeld gibt es für diesen speziellen Tag laut den Parlamentsdiensten nicht.
Vor dem Grossereignis finden zwei normale Sessionstage statt. Der Nationalrat entscheidet am Montag, ob Homosexuelle die Kinder ihrer Partner oder Partnerinnen adoptieren dürfen. Im Ständerat beginnt die Session mit der Unternehmenssteuerreform III. Bei diesem Geschäft ist keine Einigung zwischen den Räten in Sicht: Die Wirtschaftskommission des Nationalrates hat einen Kompromissvorschlag der Ständeratskommission verworfen.
Wasserkraft und Bankgeheimnis
Licht am Ende des Tunnels ist dagegen in der Energiestrategie zu sehen, der sich der Ständerat am zweiten Sessionstag widmet. Bei den Subventionen für Wasserkraftwerke dürfte sich das Modell des Nationalrates durchsetzen. Nach seinem Willen sollen die Werke für Elektrizität, die sie unter den Gestehungskosten verkaufen müssen, eine Prämie erhalten.
Umstritten bleiben die Förderung kleinster Wasserkraftwerke sowie Steuerabzüge für Gebäudesanierungen. Bereits geeinigt haben sich die Räte zur Atomkraft. Sie wollen die Laufzeit von AKW nicht begrenzen. Auch müssen die Betreiber alter AKW keine strengeren Auflagen erfüllen.
Der Nationalrat entscheidet am zweiten Sessionstag über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen mit der EU und mit Australien. Den rechtlichen Grundlagen für den Austausch hatte das Parlament im Dezember zugestimmt. In einem nächsten Schritt kann es nun über Abkommen mit einzelnen Ländern entscheiden.
Entwicklungshilfe und Kroatien
Nach dem Sessionsunterbruch für die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels befasst sich der Nationalrat mit der Entwicklungshilfe. Der Bundesrat will in den Jahren 2017 bis 2020 0.48 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungshilfe aufwenden.
Die Aussenpolitische Kommission ist damit einverstanden. Die Finanzkommission hingegen plädiert dafür, die Mittel zu kürzen. Zu diskutieren geben werden auch Anträge für eine Verknüpfung der Entwicklungshilfe mit der Asylpolitik.
Der Ständerat entscheidet nach den Tunnel-Feierlichkeiten über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien. Zur Debatte steht, ob der Bundesrat ermächtigt werden soll, ein Zusatzprotokoll zum Freizügigkeitsabkommen zu ratifizieren. Die vorberatende Kommission will explizit im Beschluss verankern, was der Bundesrat versprochen hat: Das Protokoll soll erst ratifiziert werden, wenn eine verfassungskonforme Einigung mit der EU zur Steuerung der Zuwanderung vorliegt.
Umstrittenes Tabakwerbeverbot
In der zweiten Sessionswoche wird das neue Tabakproduktegesetz für Diskussionen sorgen. Der Bundesrat möchte Tabakwerbung im Kino und auf Plakaten verbieten. Die vorberatende Kommission des Ständerates lehnt das ab und beantragt dem Rat deshalb, das Gesetz zurückzuweisen.
Weiter befasst sich der Ständerat mit dem Rüstungsprogramm 2016 und mit dem neuen Geldspielgesetz. Casinos sollen Roulette, Blackjack und andere Geldspiele auch im Internet anbieten dürfen. Nach dem Willen des Bundesrates sollen zudem Lotto- und Wettgewinne nicht mehr als Einkommen versteuert werden müssen. Die Ständeratskommission möchte nur Gewinne unter einer Million Franken von den Steuern befreien.
Im Nationalrat werden die Bildungsausgaben zu reden geben. Der Bundesrat will die Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in den nächsten vier Jahren mit rund 26 Milliarden Franken fördern. Die Ausgaben sollen jährlich um 2 Prozent wachsen - weniger als in der letzten Periode, aber stärker als in anderen Bereichen.
Von Abfall bis Strassenverkehr
Mit den Fraktionsausflügen am Mittwochnachmittag gibt es auch in der zweiten Sessionswoche einen kleinen Unterbruch. In der dritten Woche schliesslich steht im Nationalrat der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) zur Debatte. Ursprünglich hätte der Rat bereits am 2. Juni darüber beraten sollen - kurz vor der Abstimmung zur «Milchkuh-Initiative». Das Ratsbüro beschloss dann, den Termin zu verschieben.
Daneben beschäftigt den Nationalrat das Littering: Wer Abfall achtlos liegen lässt, soll künftig mit einer Busse von bis zu 300 Franken bestraft werden. Die Gesetzesvorlage geht auf eine parlamentarische Initiative zurück. Der Ständerat berät über die erleichterte Einbürgerung für Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation.
Neben den Gesetzesvorlagen stehen wie immer viele parlamentarische Vorstösse auf dem Programm. Gefordert wird etwa, dass der Bund nicht mehr verpflichtet ist, Mehrheitseigner der Swisscom zu sein, dass Richter bei der Beurteilung von Raserdelikten mehr Spielraum erhalten oder dass das Obligatorium für Hundekurse aufgehoben wird. Die Session dauert bis zum 17. Juni. (sda)