Zur Finanzierung der AHV soll die Mehrwertsteuer in den nächsten Jahren schrittweise um 1 Prozent angehoben werden. Das hat der Ständerat am Mittwoch beschlossen. Der Bundesrat verlangt 1.5 Mehrwertsteuerprozent zusätzlich.
Der Ständerat beschloss jedoch ein alternatives Konzept zur Stabilisierung der AHV-Finanzen. Unter anderem lehnte er es ab, die Beteiligung des Bundes an der AHV zu senken. Ein zusätzliches Mehrwertsteuerprozent reicht daher aus, das immer ungünstigere Verhältnis von Erwerbstätigen und Rentenbezügern auszugleichen. Per 2030 ist das Ergebnis ungefähr gleich.
Erhöhung in zwei Schritten
Unter dem Strich steigt der Normalsatz von 8 auf 8.7 Prozent. Grund dafür ist, dass Ende 2017 die Zusatzfinanzierung für die Invalidenversicherung von 0.4 Prozentpunkten ausläuft. Gleichzeitig wird 0.1 Prozentpunkt für Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) fällig. Die übrigen 0.3 Prozentpunkte sollen gemäss Entscheid des Ständerats ab 2018 nahtlos zur AHV umgeleitet werden. Der Normalsatz würde damit vorerst bei 8 Prozent bleiben.
Eine weitere Erhöhung um 0.3 Prozent ist für 2021 vorgesehen, wenn das Rentenalter der Frauen jenem der Männer angeglichen ist. Ab 2025 würden noch einmal 0.4 Prozent erhoben. Insgesamt bringt das der AHV im Jahr 2030 voraussichtlich rund 3.63 Milliarden Franken ein, was für ein ausgeglichenes Kapitalkonto der AHV ausreicht.
Zur Erhöhung der Mehrwertsteuer ist eine Verfassungsänderung nötig, es kommt also in jedem Fall zu einer Abstimmung. Danach könnte auch noch gegen das Gesetz das Referendum ergriffen werden.
Gewinne der Versicherungen nicht angetastet
Weiter befasste sich der Ständerat mit den neuen Transparenzregeln für die Versicherer und der so genannten Legal Quote. Es handelt sich um die Mindestbeteiligung der Versicherten an den Überschüssen der Lebensversicherungen, welche deren Risiken rückversichern. Der Bundesrat wollte diese auf 92 Prozent anheben. Der Ständerat entschied aber mit 28 zu 15 Stimmen, bei den heute geltenden 90 Prozent zu bleiben.
Die Übernahme von Risiken durch Lebensversicherern spielten in einer Volkswirtschaft eine grosse Rolle, sagte Kommissionssprecher Urs Schwaller (CVP/FR). Gerade für KMU seien die Garantien der Lebensversicherer entscheidend. Sie hätten gar nicht ausreichend Mittel, um die Risiken selber zu tragen.
Eine Erhöhung der Mindestquote bringe ihnen nichts. Im Gegenteil würde sich ihre Situation verschlechtern, weil die Lebensversicherer zu einer defensiven Anlagestrategie gezwungen wären, sagte Schwaller. Der Prozentsatz würde zwar grösser, der Topf, aus dem die Erträge verteilt würden, hingegen kleiner, erklärte Felix Gutzwiller (FDP/ZH).
Christine Egerszegi (FDP/AG) erinnerte daran, dass die Versicherer nach aktueller Rechtslage nicht 10 Prozent des Gewinns, sondern 10 Prozent der Prämien «ohne Wenn und Aber einstecken» können. Die Verwaltungskosten müssten sie damit nicht finanzieren. Es seien nicht zuletzt diese «exorbitanten Gewinne» gewesen, die unter dem Titel «Rentenklau» 2010 zum Scheitern der Umwandlungssatz-Senkung geführt habe.
Unumstritten waren die Vorschläge des Bundesrats, Transparenz und Aufsicht in der beruflichen Vorsorge zu verbessern. Mit diesen Massnahmen soll das Vertrauen der Versicherten wieder hergestellt werden.
Höhere AHV-Renten
Es handelt sich um die letzten Beschlüsse, die der Ständerat bei der Reform der Altersvorsorge noch zu treffen hatte. In der Gesamtabstimmung nahm er die Vorlage mit 28 zu 5 Stimmen bei 10 Enthaltungen an. Sich enthalten oder Nein gestimmt haben Mitglieder von FDP, SVP und BDP.
Die wichtigsten Entscheide hatte der Ständerat bereits am Montag und am Dienstag gefällt. Um den sich abzeichnenden finanziellen Problemen der AHV zu begegnen, beschloss er unter anderem, das Frauenrentenalter auf 65 Jahre anzuheben. In der beruflichen Vorsorge werden der Umwandlungssatz und damit die Renten gesenkt.
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass diese Einbussen ausgeglichen werden sollen, indem mehr in die 2. Säule eingezahlt wird. Der Ständerat entschied sich stattdessen für höhere AHV-Renten. Einzelpersonen würden 70 Franken pro Monat mehr bekommen, Ehepaare bis zu 226 Franken. Dafür sollen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je 0.15 Lohnprozente zusätzlich erhoben werden.
Der Ständerat handelte dabei unter dem Druck der Linken, die der Reform ohne substanzielle Kompensationen ihre Unterstützung zu entziehen droht. Aus politischem Kalkül tastete er auch die Witwenrenten und die Beiträge der Selbständigerwerbenden nicht an. Andererseits lehnte die kleine Kammer auch die Kürzung des Bundesbeitrags an die AHV ab.
Nun ist der Nationalrat am Zug. Angesichts des Umfangs der Vorlage und der Komplexität der Materie ist nicht zu erwarten, dass die grosse Kammer das Geschäft bereits in der Wintersession behandelt. (sda)