Im griechischen Grenzort Idomeni harren weiterhin knapp 12'000 Flüchtlinge aus. Obwohl sich Gerüchte über eine Grenzöffnung am Wochenende nicht bestätigten und von Aktivisten organisierte Proteste erfolglos blieben, reisten im Anschluss nur wenige Menschen ab.
Zwei Busse hätten das Elendslager seither in Richtung organisierter Camps im Landesinneren verlassen, berichtete der griechische Fernsehsender Skai am Montagmorgen.
Am Sonntag war es in Idomeni an der Grenze zu Mazedonien zu Tumulten gekommen, nachdem Unbekannte das Gerücht verbreitet hatten, Deutschland werde Tausende Schutzsuchende aufnehmen und die Grenze werde sich deshalb öffnen. Die Polizei informierte über Lautsprecher auf Arabisch und Farsi, dass die Gerüchte nicht stimmten, wie Augenzeugen berichteten.
Athen hält vor Ort Busse bereit, mit denen die Flüchtlinge gratis in organisierte Aufnahmelager reisen können. Die meisten hoffen jedoch weiterhin auf eine Öffnung der Grenze, die Griechenlands Nachbar Mazedonien vor einigen Wochen dicht gemacht hatte.
Wieder mehr Flüchtlinge aus der Türkei
Von Sonntag auf Montag setzten 232 Flüchtlinge von der türkischen Küste nach Griechenland über. Nach Angaben des Flüchtlingskrisenstabs der griechischen Regierung hat sich der Zustrom damit wieder leicht erhöht; an den beiden Tagen zuvor wurden 73 beziehungsweise 78 Neuankünfte gezählt.
Dennoch ist insgesamt ein starker Rückgang zu verzeichnen: Noch im Februar setzten pro Tag durchschnittlich 2100 Menschen über.
Auf den griechischen Inseln halten sich derzeit nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) knapp 5000 Flüchtlinge auf. Seit Inkrafttreten des Flüchtlingspakts zwischen der EU und der Türkei am 20. März werden Neuankömmlinge dort in den «Hotspots» festgehalten.
Tausende warten in Piräus
Die Menschen, die Griechenland vor diesem Stichtag erreicht hatten, wurden mittlerweile grossteils mit Fähren zum griechischen Festland gebracht. Am Hafen von Piräus kamen am Montagmorgen nur 17 Flüchtlinge von den Inseln Chios und Lesbos an, berichtete der Radiosender Athina 984.
Am Hafen harren vor und in den Wartehallen derzeit immer noch mehr als 5400 Menschen aus. Ähnlich wie die rund 12'000 Menschen im nordgriechischen Grenzort Idomeni wollen viele nicht in staatliche Auffanglager gehen; sie fürchten offenbar, dort nicht mehr wegzukommen. Allerdings sind viele bestehende Lager auch überfüllt.
Innerhalb der kommenden drei Wochen will die griechische Regierung deshalb zusätzliche Unterkünfte für 30'000 Menschen schaffen. Insgesamt halten sich in Griechenland mittlerweile seit der Grenzschliessung des Nachbarstaates Mazedonien etwas mehr als 50'000 Flüchtlinge auf.
Steinmeier: Ohne Abkommen noch mehr Wartende
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier verteidigte derweil das Flüchtlingsabkommen der Europäischen Union mit der Türkei. Ohne die Vereinbarung und die Unterstützung Griechenlands «hätten wir heute an der griechisch-mazedonischen Grenze 100'000 Menschen, die in Dreck und Schlamm zu überleben versuchen», sagte Steinmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Vereinbarung sieht vor, dass die Türkei sämtliche Flüchtlinge zurücknimmt, die illegal nach Griechenland gelangt sind. Im Gegenzug für jeden abgeschobenen Syrer sagt die EU zu, auf legalem Weg einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufzunehmen - bis zu einer Obergrenze von 72'000 Menschen.
Zugleich kritisierte Steinmeier die einseitige Entscheidung Österreichs und anderer Staaten zur Schliessung der Balkanroute.
«Es kommen weniger Flüchtlinge nach Mitteleuropa, weil sie in Griechenland stranden. Dort ist eine humanitäre Notlage entstanden», sagte der Aussenminister. «Sich der eigenen Probleme entledigen, indem man europäische Partner in Not bringt - so können wir in Europa nicht miteinander umgehen.» (sda/dpa)