Laut Verteidigungsminister Guy Parmelin hat es seit Mai 2014 keine Kontakte mehr zwischen dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) und dem in Deutschland inhaftierten Spion gegeben. In der Spionageaffäre sei viel gesagt worden, «auch viel Falsches», sagte Parmelin.
Der Bundesrat werde sich weiter mit der Sache befassen, sagte der Verteidigungsminister am Sonntag in der «Tagesschau» von Schweizer Fernsehen SRF. Parmelins Aussagen können als indirekte Bestätigung angesehen werden, dass der in Frankfurt inhaftierte Schweizer tatsächlich einmal für den NDB gearbeitet hat. Dies war bisher von den Behörden nicht bestätigt worden.
Die Vizepräsidentin der NDB-Aufsicht, Nationalrätin Corina Eichenberger (FDP/AG), hatte am Mittwoch gesagt, dass die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) sich vor fünf Jahren mit dem Fall beschäftigt habe. «Der NDB hat uns den Fall damals vorgelegt», sagte die GPDel-Vizepräsidentin.
Der NDB habe sich im Rahmen der Spionageabwehr damit befasst, wie deutsche Finanzverwaltungen an illegale Steuerdaten-CDs gelangt waren - da sei der Mann eingesetzt worden. Damals sei im gesetzlichen Rahmen alles korrekt abgelaufen. Allerdings ging Eichenberger am Mittwoch nicht davon aus, dass die Festnahme des Spions in Frankfurt mit seinen Tätigkeiten vor fünf Jahren etwas zu tun habe.
Spionage flog durch Akteneinsicht auf
Der 54-Jährige war am 28. April verhaftet worden. Laut dem deutschen Generalbundesanwalt wird ihm vorgeworfen, während über fünf Jahren für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Er soll unter anderem versucht haben, einen Maulwurf in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen zu platzieren.
Gegen den Mann läuft seit Januar 2015 auch in der Schweiz ein Strafverfahren wegen des «Verdachts des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes». Der 54-Jährige soll Kundendaten von Schweizer Banken gestohlen haben. In einem Verhör in Bern informierte er die Bundesanwaltschaft über seine Aktivitäten für den Geheimdienst, wie verschiedene Medien am Samstag berichteten.
Die Bundesanwaltschaft weitete das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt auf einen weiteren Angeschuldigten aus. Ihm beziehungsweise seinem Verteidiger gewährte die Schweizer Behörde Einblick in die Akten, wie sie Medienberichte bestätigte. So sollen die Unterlagen am Ende beim deutschen Generalbundesanwalt gelandet sein, der den beschuldigten Spion daraufhin festnehmen liess.
Kritik an Bundesanwaltschaft
Der Schweizer Anwalt des mutmasslichen Spions, Valentin Landmann, kritisierte das Vorgehen der Bundesanwaltschaft am Samstag in der «Tagesschau». «Das hätte niemals passieren dürfen.» Man könne Akten schwärzen, wenn überwiegende private oder öffentliche Interessen es verlangen, sagte Landmann.
Die Bundesanwaltschaft teilte mit, die Voraussetzungen zur Einschränkung der Akteneinsicht seien im vorliegenden Verfahren nicht gegeben gewesen. (sda)