Nach Spekulationen über seinen Rücktritt will der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Donnerstag vor die Presse treten. Der Regierungschef werde nach einem Treffen mit der Parteiführung eine Erklärung abgeben, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu.
Am Mittwoch hatte sich Davutoglu mit Staatschef Recep Tayyip Erdogan getroffen. Nach Angaben der TV-Sender CNN-Türk und NTV kommt die regierende AKP noch im Mai zu einem ausserordentlichen Parteitag zusammen. Dieser soll seinen Rücktritt als Vorsitzenden beschliessen, sagten fünf Mitglieder der regierenden AKP der Nachrichtenagentur Reuters.
Über den Inhalt des 90-minütigen Gesprächs zwischen Davutoglu und Erdogan wurde nichts bekannt. Türkische Medien hatten zuletzt über einen Machtkampf zwischen den beiden mächtigsten Politikern des Landes berichtet.
Nach Einschätzung des «Hürriyet»-Kolumnisten Abdülkadir Selvi will die AKP-Führung den Ministerpräsidenten bei dem bevorstehenden Parteitag nicht erneut als Vorsitzenden nominieren. Laut den Statuten der Partei müsste er dann auch sein Amt als Regierungschef räumen.
Davutoglu selbst hatte den Zeitungen «Hürriyet» und «Cumhuriyet» vom Mittwoch gesagt, er habe sich in dieser Frage noch nicht entschieden. Die beiden Blätter berichteten derweil, der Ministerpräsident habe intern verkündet, dass er über einen Rücktritt nachdenke.
Befugnisse eingeschränkt
Davutoglu hatte vor zwei Jahren das Ministerpräsidentenamt und den Vorsitz der Regierungspartei AKP von Erdogan übernommen, als dieser ins Präsidentenamt wechselte. Erdogan ist aber nach wie vor der bestimmende Mann in Regierung und Partei. Zwischen den beiden Männern ist es immer wieder zu Spannungen gekommen.
Vergangene Woche hatte die AKP-Führung gegen den Willen Davutoglus die Befugnisse des Vorsitzenden eingeschränkt, was als Niederlage für den Partei- und Regierungschef gewertet wurde.
Erdogan-nahe Kommentatoren kritisieren Davutoglu zudem in zunehmender Schärfe. Als mögliche Nachfolger würden Vize-Regierungschef Numan Kurtulmus, Justizminister Bekir Bozgag, Verkehrsminister Binali Yildirim oder Energieminister Berat Albayrak, ein Schwiegersohn des Staatspräsidenten gehandelt.
Eine Ablösung Davutoglus fände zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Türkei vor mehreren innen- und aussenpolitischen Herausforderungen steht, darunter Kämpfe gegen radikale Kurden und der Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien. Unklar bleibt zunächst, wie sich das auf das EU-Türkei-Abkommen zu Flüchtlingen auswirken würde, das insbesondere Davutoglu vorangetrieben hatte. (sda/afp/reu)