Wer in der Schweiz die Autoprüfung macht, muss bisher zwingend auch einen Nothelferkurs machen. Dies sei überholt, finden die kantonalen Strassenverkehrsämter. Denn die Unfallzahlen gingen zurück, und dank Handy sei professionelle Hilfe schnell vor Ort.
Stabile Seitenlage oder die Mund-zu-Mund-Beatmung: Schon Generationen haben in der Schweiz für die Fahrprüfung den Nothelfer machen müssen. Dieses Nothelfer-Obligatorium für die Fahrprüfung sei nicht mehr zeitgemäss, sagte der Geschäftsführer der Vereinigung der kantonalen Strassenverkehrsämter (ASA) am Dienstag in der SRF-Sendung «Heute Morgen».
«Das Risiko ist heute viel höher, einen Unfall oder medizinischen Zwischenfall im Verein, im Sport oder im Privatleben zu haben als auf der Strasse», erklärte Sven Britschgi weiter. Der Rückgang der Verkehrsunfälle sei einer der Gründe für die Strassenverkehrsämter, über eine Abschaffung der praktischen Nothelferkurs als festen Bestandteil der Fahrprüfung nachzudenken.
Und wenn auf der Strasse etwas passiere, seien die professionellen Rettungskräfte dank dem Handy zudem viel schneller auf der Unfallstelle als früher. Die Strassenverkehrsämter finden, die neue Fahrausbildung müsse sich auf das Wesentliche konzentrieren, aufs Fahren.
Entscheid liegt bei Bundesrat
«Wir haben nichts gegen den Nothelferkurs an sich», sagte Britschgi auf Nachfrage der Nachrichtenagentur sda. Aber die Strassenverkehrsämter wollten die Neulenker möglichst entlasten. Und der Nothelferkurs habe mit der eigentlichen Fahrkompetenz nichts zu tun.
Das Erste-Hilfe-Wissen solle darum nicht mehr praktisch geübt werden, sondern vielleicht noch Bestandteil der Theorieprüfung sein, schlagen die Strassenverkehrsämter vor. Die Auslösung der Rettungskette etwa könnte jedoch gut im theoretischen Teil der Fahrprüfung abgefragt werden, erklärte Britschgi der sda weiter.
Die Forderungen erhebt der Verband im Rahmen einer laufenden Vernehmlassung zur Revision der Führerausweisvorschriften. Die Vernehmlassung dauert noch bis am 26. Oktober. Über eine allfällige Abschaffung des Nothelferkurses als obligatorischer Teil der Fahrprüfung entscheidet am Schluss der Bundesrat.
bfu nicht überzeugt
Anderer Meinung ist die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu). Gerade der praktische Teil sei wichtig, sagt Marc Bächler, Sprecher der bfu, in der SRF-Sendung. «Es zeigt sich, dass der Erinnerungseffekt mit praktischen Übungen immer noch am höchsten ist und so mehr vom Gelernten im Gedächtnis bleibt.»
Jedes Todesopfer im Strassenverkehr sei immer noch eines zu viel. «Deswegen ist es gut, wenn Autofahrende wissen, wie sie sich zu verhalten haben.»
Strassen werden sicherer
Tatsächlich wird in der Schweiz der Strassenverkehr immer sicherer, wie die Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) zeigen. Einen Höhepunkt erreichte das Unfallgeschehen 1971. Fast 1800 Menschen verloren damals bei Strassenunfällen das Leben, obwohl damals nicht einmal ein Drittel so viele Autos in der Schweiz verkehrten wie heute.
2016 kamen noch 216 Personen im Strassenverkehr ums Leben. Dazu kamen allerdings 3785 Schwerverletzte und 17'607 Leichtverletzte. (sda)