Cornelius Gurlitts Cousine Uta Werner ist zuversichtlich, dass ihr das Erbe ihres Vetters zugeschlagen wird und nicht dem Kunstmuseum Bern. «Die Sammlung muss in Deutschland bleiben», sagte sie, «alle Argumente sprechen dafür».
Sie und ihre Kinder hätten bereits Vorkehrungen für eine «schnelle und effiziente» Provenienzforschung getroffen, sagte die 88-Jährige der «Sonntagszeitung» - der ersten Schweizer Zeitung, der sie ein Interview gegeben hat.
«Meine Anwälte haben schon jetzt Kontakt zu einer internationalen Organisation aufgenommen, die sich für die Interessen der Opfer einsetzt und auf dem Gebiet der Provenienzforschung viel Erfahrung mitbringt». Werner rechnet damit, dass sich nur bei etwa einem Dutzend der 1500 Kunstwerke der Raubkunstverdacht bestätigen wird. Bisher wurde in zweijähriger Arbeit nur fünf Bilder durch eine deutsche Taskforce als Raubkunst identifiziert.
Als Halbjüdin sei sie solidarisch mit den Nachkommen von jüdischen Bürgern, deren Kunstwerke von den Nazis enteignet wurden oder die Bilder unter Wert verkaufen mussten, um ihre Flucht zu finanzieren. Das erkläre sich aus ihrer Biografie: Ihr Vater habe seine kostbare Sammlung musikwissenschaftlicher Bücher verkaufen müssen, um die Familie zu ernähren, «weil die Nazis ihn aus der Universität geworfen hatten».
«Eindeutig» nicht testierfähig
Dass Cornelius Gurlitt zum Zeitpunkt, als er sein Testament zugunsten des Kunstmuseums Bern unterschrieb, nicht testierfähig war, steht für Werner ausser Zweifel. Aus Briefen aus dem Nachlass gehe hervor, dass sich ihr vor zwei Jahren verstorbener Cousin verfolgt gefühlt habe. Sie und ihre Kinder hätten das durch einen Psychiater abklären lassen, «das Ergebnis war eindeutig».
Ende 2015 war ein Sachverständiger in einem 146-seitigen Gutachten zum Schluss gekommen, Gurlitt habe seine Kunstschätze im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ans Kunstmuseum Bern vererbt. Anfang März hatte Werner dem Oberlandesgericht München daraufhin drei Gegengutachten vorgelegt.
Sie schätze das Kunstmuseum Bern sehr, sagte Werner im Interview. Aber in Deutschland gebe es «viele grossartige Museen», die dieselben Fachkompetenzen hätten wie das Kunstmuseum Bern. (sda)