Mehr als 17 Jahre hat es gedauert, nun können die ersten Anwender das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo nutzen. Am Donnerstag gehen die ersten Ortungsdienste an den Start.
«Zum ersten Mal können sich Menschen von den Galileo-Satelliten leiten lassen», sagt Lucia Caudet, Sprecherin der EU-Kommission, die das neue System gemeinsam mit der europäischen Weltraumagentur ESA im Auftrag der Mitgliedstaaten betreibt.
Die grosse Mehrheit der Europäer muss sich allerdings gedulden. Sie wird voraussichtlich erst ab 2020 mit Hilfe von Galileo eine Tankstelle finden können, eine Pizzeria oder die schnellste Route in den Urlaub.
Um mit Galileo zu navigieren, ist ein Smartphone oder ein Navigationsgerät nötig, das mit einem speziellen Mikrochip ausgestattet ist. Die EU-Kommission rechnet damit, dass in den kommenden Jahren immer mehr Anbieter Galileo-kompatible Geräte auf den Mark bringen werden.
Das System ist nach dem italienischen Astronomen Galileo Galilei benannt. Es soll dem US-Ortungsdienst GPS (Global Positioning System) Konkurrenz machen, der im Westen seit Jahren als Standard gilt.
Galileo hat einen entscheidenden Vorteil: Es soll deutlich genauere Angaben ermöglichen als GPS, das in den 1970er-Jahren vom US-Verteidigungsministerium entwickelt wurde.
Jean-Yves Le Gall, der Präsident der französischen Raumfahrtagentur CNES, formuliert es so:
Und es kommt noch besser ...
Technisch umgesetzt wird dies durch die extrem präzisen Atomuhren, mit denen die europäischen Satelliten ausgestattet sind. Sie sollen eine exakte Ortung in Zeit und Raum auch dort erlauben, wo sie bisher unmöglich ist: etwa in Tunneln oder in Strassen mit sehr hohen Gebäuden.
Das ist allerdings Zukunftsmusik. Bisher sind nur 18 der rund 30 geplanten Galileo-Satelliten im All. Das Funksignal könnte anfangs noch «etwas ungenau» sein, heisst es von den Betreibern.
Lange Zeit konnte Galileo nur bescheidene Erfolge verbuchen. Die ersten Jahre des 1999 gestarteten Projekts waren vom Streit um die Finanzierung geprägt. Die geplante Beteiligung von Technologiefirmen scheiterte, die Kosten von bisher rund zehn Milliarden Euro werden daher vollständig aus dem EU-Haushalt finanziert.
Immer wieder gab es Verzögerungen und Pannen bei der Satellitentechnik. Ob Galileo 2020 wirklich voll einsatzbereit sein wird, steht nach Ansicht von Kritikern buchstäblich in den Sternen.
Dabei werden Ortungsdienste im Alltag immer wichtiger. Schon jetzt finden damit Autofahrer die schnellste Route, Eltern informieren sich über den Aufenthaltsort ihres Kindes und die Polizei nutzt sie bei der Suche nach Vermissten wie Verdächtigen. Künftig wird die Technologie eine noch viel grössere Rolle spielen. Selbstfahrende Autos sind das bekannteste Beispiel.
Galileo ist für die EU aber auch von strategischer Bedeutung. Das Projekt macht die Mitgliedstaaten unabhängig von militärisch kontrollierten Diensten wie GPS und Russlands Glonass. Beide können im Fall von Krisen abgeschaltet werden. Die europäische Satellitennavigation wird dagegen zivil gesteuert, unter anderem aus einem Kontrollzentrum im bayerischen Oberpfaffenhofen, das zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehört.
Die EU-Kommission verspricht sich von der Satellitentechnik aber auch kommerziellen Nutzen. Bisher werden schätzungsweise zehn Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung mit Hilfe von Ortungsdiensten erzielt. Bis 2030 sollen es 30 Prozent sein.
Bei der französischen Raumfahrtagentur hofft man, dass die europäische Ortung Schule macht:
(dsc/sda/afp)
Der Empfang in Häuserschluchten ist nicht wegen genaueren Uhren besser, sondern weil Galileo schon mehr Satelliten hat als GPS und sich GPS, GLONASS und Galileo kombinieren lassen. So sind dann immer genügend Satelliten "sichtbar".
Für Tunnels oder in Gebäuden gilt das allerdings nicht. Da hat man nach wie vor keinen Empfang, da das Signal nicht zum Empfänger kommt.