«Ich hoffe, dass der Esel mitkommen kann. Er ist nicht so fit», sagt der Samichlaus. In den ersten drei Adventswochen ist er jeden Tag in ganz Bern unterwegs. Er besucht Familien, bereitet Güetzi und Chlousesäckli vor und schaut zum Esel.
Der Samichlaus ist aber nicht mit dem amerikanischen «Santa Claus» zu verwechseln. «Rentiere geben noch mehr zu tun als der Esel», sagt der Samichlaus. Ihm wird auch nicht von Elfen geholfen.
Er sei schon etwas älter, gesteht der Chlaus ein, daher müsse er mittlerweile etwas kürzertreten. Dazu hat er Hilfs-Samichläuse und Schmutzlis: Je 15 Helferpaare erleichtern ihm die Arbeit. Dass niemand mit einer Falte im Rock oder einem ungekämmten Bart aus dem Haus geht, dafür sorgen die sieben Zunfthelferinnen. «Bei uns geht niemand weg, ohne dass sie das Okay geben. Ohne sie wäre es nicht möglich», sagt der Samichlaus.
Drei Tage lang ist er in seinem Waldhaus bei Bern und wird von Kindern und sogar von ganzen Schulklassen besucht. Am ersten Advent wird jeweils der Auszug gefeiert und der Samichlaus und seine Helfer besuchen Kinder im Spital. Dann beginnt die anstrengende, aber schöne «Chlousezyt». Finanziell lohne es sich nicht, aber gefühlsmässig schon, wenn die Kinder strahlen, erzählt der Samichlaus.
Mit seinem Schmutzli ist er ein eingespieltes Team. «Man weiss, wie der andere reagiert.» Der Schmutzli greife teilweise – zugunsten der Kinder – ein: Wenn es beispielsweise um Ordnung gehe, macht der Gehilfe schnell klar, dass auch der Schreibtisch des Samichlaus ein riesiges Chaos sei. Oder wenn ein Kind ermahnt werden muss, weil es die Jacke nie aufhängt, dann muss der Samichlaus eingestehen, dass der Schmutzli seine Jacke einmal sogar in den Wald warf, weil er diese nicht aufgehängt hatte.
«Brav sein ist das Thema der Eltern, ich rede mit den Kindern lieber über ihr Lieblingsfach», sagt der Samichlaus über seine Rolle als Hüter der Moral. Was der Samichlaus nicht macht: Nuggi wegnehmen und Bettnässer bestrafen. Das seien nicht seine Aufgaben. Er betont: «Wir können mit einem Besuch nicht korrigieren, was das ganze Jahr über nicht gut lief.»
Dennoch werde er Teil der Familie. Bei manchen gehen Samichlaus und Schmutzli seit 35 Jahren vorbei: «Ich bin stolz darauf, Gross-Samichlaus zu sein.» So entstehe ein anderes Verhältnis. «Die Kinder rennen nicht fort, sie erzählen von den Ferien und wollen alles von mir wissen.» Trotz familiärem Umgang gibt es klare Regeln. «Auf den Schoss hocken ist ein No-Go», sagt der Samichlaus.
Man müsse gut mit Kinder können. «Einmal hat mich ein Kind gefragt, ob der Schmutzli und ich verheiratet seien. Da hab ich ihm erklärt, dass wir zwei Wochen zusammen wohnen, aber das ist dann auch genug.» Genau diese Spontaneität gilt es in den zwei Jahren Lehre als Schmutzli zu lernen, bevor man Samichlaus werden kann. Und auch dann gibt es einen langen Prozess – inklusive Motivationsschreiben – bis man den Samichlaus als Hilfs-Samichlaus unterstützen kann.
Leider muss der Samichlaus auch immer wieder Leute enttäuschen. Denn der 6. Dezember ist oft schon ausgebucht. Den Kindern spiele es keine Rolle, wann der Samichlaus kommt, aber den Eltern sei der Namenstag wichtig. Das bringt den Samichlaus auf Ideen: «Ich wollte schon den Antrag stellen, dass eine Woche lang der 6. Dezember ist.»