Hast du am Sonntag auch den Schnee bei schönstem Wetter genossen? So lange wie in den letzten Tagen ist die weisse Pracht im Flachland des Kantons Bern wohl schon lange nicht mehr erhalten geblieben, ohne dass es reingeregnet hat. Die Kehrseite der Medaille: gefährliches Glatteis.
Glatteis und welche Gefahren es birgt, sorgte am Sonntag auch in der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Münsinge, wenn...» für Diskussionen.
Von «Könnte sich da mal jemand verantwortlich zeigen?» bis «ein bisschen Selbstverantwortung an den Tag legen»: die Meinungen gehen auseinander. Doch wer trägt denn eigentlich die Verantwortung für die Glatteisbekämpfung auf den Strassen und Trottoirs von Münsingen?
Der Winterdienst von Münsingen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Werkhofs der Gemeinde. Und dieser zeige immer wieder grossen Einsatz bei solchen Wetterverhältnissen, betont Gemeindepräsident Beat Moser. «Wir tun unser Möglichstes. Aber es tut mir natürlich sehr leid, wenn Leute trotzdem ausrutschen oder es sogar zu Unfällen kommt», sagt der Grüne-Politiker. Allerdings könne man solchen Szenarien auch nicht hundertprozentig entgegenwirken. Denn: «Das ist wetterbedingt.»
Wegen des Schneefalls vom Freitagnachmittag und -abend sei eine zehnköpfige Equipe mit sechs Geräten am Samstag um 1 Uhr in der Nacht ausgerückt, um Schnee zu räumen und zu salzen. Danach sei immer wieder nachgebessert worden – auch am Sonntag um 4 Uhr morgens.
Die Route, die der Winterdienst in Münsingen abarbeitet, sei nach einem klaren Plan gegliedert. «Die Busroute, gefährliche Ein- und Ausfahrten sowie steile und enge Passagen für Fussgängerinnen und Fussgänger haben erste Priorität», erklärt Moser. Aber: «Die Equipen arbeiten mit der Natur und können nicht überall gleichzeitig sein.»
Auch der Winterdienst in der Stadt Bern hat strenge Tage hinter sich, wie Einsatzleiter Patrik Gräppi verrät. «Bei dem Wochenende, das wir hinter uns haben, lösten die Sensoren fast im Minutentakt Alarme aus.» Denn: Die für den Winterdienst zuständige Strassenreinigung arbeitet mit einem System, das im Stundentakt rechnerische Vorgaben und Prognosen liefert. Dieses sei an die vier Bodensensoren der Stadt Bern gekoppelt, welche Belags- und Oberflächentemperaturen messen. «Das Ganze ist dann mit einer Alarmierung verhängt, welche an den jeweiligen Einsatzleiter geht», erklärt Gräppi. Dieser prüfe, welche Art von Einsatz nötig sei.
Denn: In Bern unterscheidet man zwischen zwei Dringlichkeitsstufen. «Die erste sind Not- und Spital-Zufahrten sowie die ganze Strecke von Bernmobil, also quasi das Hauptstrassennetz. Das ist ein 24-Stunden-Service. Die zweite Dringlichkeit sind Quartier- und Nebenstrassen, die weniger stark frequentiert sind, sowie Trottoire.»
Je nach Art des Einsatzes ruft ein Telefonist das Pikett-Team auf den Plan. Bei einem Standard-Einsatz arbeiten rund 100 Leute im Einsatzdienst. Bei den aktuellen Witterungsverhältnissen seien aber rund 120 Leute aufgeboten worden, verrät der Einsatzleiter. Denn: «Dass wir nun seit bald fünf Tagen in der Stadt Bern solche Witterungsverhältnisse haben, ist aussergewöhnlich.»
Gräppi arbeitet seit über 20 Jahren im Winterdienst. «Eine Schneedecke wie aktuell ist ungeachtet der Statistiken und unseren Messungen ein Ereignis, welches wir nicht alle Jahre haben.»
In den nächsten Tagen werden die Temperaturen laut Meteonews wieder steigen.
Für den Winterdienst von Bern bedeutet das aber noch nicht unbedingt eine Entlastung. Denn: «Von den Sensoren wissen wir, wie warm oder kalt der Boden ist. Oft sind das Unterschiede von 10 bis 15 Grad», erklärt Gräppi. «Das heisst, auch wenn es wärmer wird von den Temperaturen her, dauert es, bis die Strassen die Wärme von der Luft übernehmen können.»
Wenn zusätzlich noch Regen falle, entstehe sogenannte «überfrierende Nässe»: «Daher könnte es in den nächsten Stunden nochmals glatt werden – ungeachtet von den Lufttemperaturen.»