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Berner Start-up präsentiert selbstfahrendes Lieferfahrzeug – ist das überhaupt schon möglich?

Das Berner Start-up Loxo präsentiert sein autonomes Lieferfahrzeug.
Das Berner Start-up Loxo präsentiert sein autonomes Lieferfahrzeug.Bild: zvg/Loxo AG

Berner Start-up präsentiert selbstfahrendes Lieferfahrzeug – ist das überhaupt schon möglich?

Vor einigen Tagen stellte das Berner Unternehmen Loxo sein erstes autonomes Lieferfahrzeug vor. Im Frühling soll das Auto bereits auf Schweizer Strassen unterwegs sein. Werden solche Fahrzeuge auf den Strassen überhaupt gerne gesehen? Und sind wir technisch schon weit genug?
10.12.2022, 06:4510.12.2022, 06:51
David Kocher / ch media
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Nach Überstunden erst spät nach Hause gekommen und der Kühlschrank ist natürlich auch wieder leer. Was macht man jetzt? Etwas zu essen bestellen oder gar noch zur nächsten Tankstelle fahren? Wenn es nach dem Berner Start-up Loxo geht, sieht die Antwort dazu schon bald so aus: Einfach etwas «loxen». Ein autonomes Fahrzeug soll die gewünschte Ware zu den Kundinnen und Kunden bringen – und das sicher und nachhaltig, wie das Unternehmen betont. Doch sind wir schon auf diesem technischen Stand? Ein Pilotprojekt von Bernmobil mit selbstfahrenden Bussen litt erst vor Kurzem noch an etlichen Kinderkrankheiten.

Für Schweizer Städte konzipiert

Das Berner Start-up hat grosse Ambitionen: Der Anfang Dezember vorgestellte Loxo Alpha ist das erste «elektrisch-autonome Lieferfahrzeug, das für Last Mile Delivery in Schweizer Städten konzipiert wurde», wie Lara Amini, Business Lead und Mitgründerin des Berner Start-ups, auf Anfrage erklärt. Ein Schwerpunkt liege sowohl bei der Lieferung wie auch beim Design auf Nachhaltigkeit – so wurde das Fahrzeug auch in der Schweiz hergestellt.

Die Loxo-Fahrzeuge sollen mit ihren maximal 30 Stundenkilometern in Zukunft aber nicht etwa die Schweizer Strassen zusätzlich verstopfen, sondern den Verkehr sogar entlasten. Das Unternehmen denkt in Richtung Shared Delivery, also geteilte Lieferung. «Die Idee ist, dass man den individuellen Verkehr stark einschränkt. Es soll nicht mehr jeder mit dem eigenen Auto zum Einkaufen fahren, sondern immer mehr geteilte Verkehrsmittel nutzen, auch für Lieferungen», erklärt Lara Amini. So könne man den Verkehr reduzieren.

Kein Akzeptanzproblem gegenüber autonomen Fahrzeugen

Doch wie werden selbst fahrende Autos auf den Berner Strassen überhaupt wahrgenommen? Antworten liefert Stephan Rose. Der Forschungsprofessor an der Berner Fachhochschule hat das Projekt von Bernmobil, bei dem zwischen 2019 und 2021 im Matte- und Marziliquartier autonome Kleinbusse unterwegs waren, wissenschaftlich begleitet. Grundsätzlich sieht er kein Problem in der Akzeptanz solcher selbstfahrenden Fahrzeuge.

Dazu sieht er aber zwei wichtige Faktoren, die beim Bernmobil-Projekt noch Probleme gemacht haben und verbessert werden müssten: Die Nutzung der Fahrzeuge muss einen Vorteil gegenüber vorherigen Verkehrsmitteln bieten und die Fahrzeuge müssen technologisch so weit sein, dass sie sich nahtlos in den Alltagsverkehr integrieren können.

Der Forscher kann sich aber gut vorstellen, dass sich selbstfahrende Fahrzeuge bei einem Lieferfahrzeug eher durchsetzen können als bei einem Personenbus. «Das ist viel einfacher zu koordinieren als konstante Änderungen der Route und Haltestellen.»

Ist Loxo weiter als Bernmobil?

Das Projekt von Bernmobil in der Matte habe man verfolgt, sagt Lara Amini von Loxo. «Es ist sehr lobenswert, dass sich Schweizer und Berner Unternehmen dafür einsetzen. Sie haben sicher eine sehr wichtige Grundlage gelegt.»

Doch warum sollte es Loxo besser gelingen als Bernmobil? «Da hat sich einiges getan. Wir haben eine andere, einzigartige Technologie entwickelt», sagt Lara Amini. So gebe es Sensorik, die bisher noch nie eingesetzt wurde. Ein erster Pilotversuch finde zwar nicht in Bern statt, doch als Heimatstadt sei klar, dass Bern auch irgendwann Ziel eines Pilotprojekts und der Anwendung werden soll, verrät Amini.

Etwas skeptischer ist da Forschungsprofessor Stephan Rose: «Wegen dem, was ich persönlich beim Versuch anhand der technologischen Fähigkeiten des Busses erlebt habe, kann ich mir aktuell nicht vorstellen, dass das funktioniert.» Der Stand der Technik ist seiner Meinung nach noch nicht so weit, doch berge autonomes Fahren sehr grosses Potenzial.

Den Himmel nicht den Drohnen überlassen

Doch warum eigentlich auf den Strassen bleiben, während Grosskonzerne wie Amazon an Drohnen-Lieferungen auf dem Luftweg arbeiten? «Wir denken, dass alle autonomen Liefersysteme in Zukunft einen Platz finden werden», so Amini. Am Boden habe man aber bereits viel Platz für den Verkehr weggegeben. Lara Amini kann sich vorstellen, dass es wahrscheinlich nicht akzeptiert werden würde, wenn man nun auch den Luftraum den Drohnen überliesse. «Will man das überhaupt?», fragt sich die Loxo-Co-Gründerin auch. «Da sind Strassenfahrzeuge schon sinnvoller, da wir nachhaltig den Verkehr reduzieren können. Unsere Strassen sind gut und für autonome Fahrzeuge sehr weit.»

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