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Kann ich mein Kind impfen lassen, auch wenn die Mutter dagegen ist?

Kid getting vaccinated in clinic room - Children vaccination and childhood health care concept
Bild: Shutterstock
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Kann ich mein Kind impfen lassen, auch wenn die Mutter dagegen ist?

Egal, ob die Eltern verheiratet sind, im Konkubinat leben, getrennt oder geschieden sind: Die gemeinsame elterliche Sorge ist die Regel. Entscheide, die über blosse Alltagsfragen hinausgehen, müssen Eltern gemeinsam treffen. Zu solchen weitreichenden Entscheiden gehören medizinische Eingriffe, wie eben eine Impfung. Kompliziert wird es, wenn sich Mutter und Vater über die Impfung nicht einig sind.
31.01.2025, 14:05
Vera Beutler / lex4you by TCS
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Wie der Bundesrat in seiner Botschaft über die gemeinsame elterliche Sorge festhält, bedeutet diese, «dass die Eltern alle das Kind betreffenden Entscheide gemeinsam fällen; kein Elternteil hat den Stichentscheid». Dies gilt grundsätzlich auch bei der Impfung. Gefährdet allerdings deren Verweigerung das körperliche Wohl des Kindes, kommt es faktisch dennoch zum Stichentscheid durch den Elternteil, welcher die Impfung befürwortet.

«Diese Differenzierung beisst sich zwar mit der Argumentation, dass ein Verzicht auf eine Impfung das Kindeswohl gefährden kann – aber die Elternautonomie ist dem Bundesgericht dann doch wichtiger.»

Auch freiwillige Impfung dient dem Kindeswohl

Der Bundesrat kann eine Impfung für bestimmte Personengruppen insbesondere dann für obligatorisch erklären, wenn ansonsten die öffentliche Gesundheit gefährdet wäre. Unabhängig davon kann die Verweigerung einer Impfung jedoch die individuelle Gesundheit eines Kindes gefährden. Die Freiwilligkeit einer Impfung, so das Bundesgericht in einem Fall betreffend die Masernimpfung, «bedeutet nicht, dass es sich auch mit dem Kindeswohl verträgt, auf die Impfung gegen die fragliche Infektionskrankheit zu verzichten».

Ebenso ist ein Argument gegen eine Impfung nicht zulässig, nur weil eine Krankheit aktuell nicht grassiert und damit lediglich eine abstrakte Gefahr besteht. Wie das Bundesgericht jedoch betont, besteht der Zweck der Schutzimpfung gerade darin, zu wirken, bevor sich die Ansteckungsgefahr konkretisiert.

Contentpartnerschaft mit TCS / lex4you.ch
Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit TCS Rechtsschutz und seiner interaktiven Rechtsauskunftsplattform lex4you.ch. Die Fragen stammen direkt aus dem Alltag von Rechtsschutzversicherten – kompetent beantwortet von der Juristin und Leiterin von lex4you.ch, Vera Beutler. Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

Diese Rechtsprechung ist nur anwendbar auf Fälle, in welchen sich die Eltern nicht einig sind oder die Pflegeeltern in der Impffrage andere Ansichten haben als die leiblichen Eltern. Es gibt damit kein Impfobligatorium auf Umwegen, welches auch Eltern bindet, die gemeinsam gegen eine Impfung sind. Diese Differenzierung beisst sich zwar mit der Argumentation, dass ein Verzicht auf eine Impfung das Kindeswohl gefährden kann – aber die Elternautonomie ist dem Bundesgericht dann doch wichtiger.

Impfbefürworter kann Stichentscheid haben

Wer sein Kind aber gegen den Willen des anderen Elternteils impfen lassen will, kann argumentieren, dass die Verweigerung der Impfung das Kindeswohl gefährde. Aussicht auf Erfolg hat der Elternteil insbesondere dann, wenn das Bundesamt für Gesundheit die entsprechende Impfung empfiehlt. Können sich die Eltern nicht einigen, kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde vermitteln oder auch Kindesschutzmassnahmen ergreifen. Namentlich im Scheidungsverfahren kann dies auch ein Gericht tun.

Kind kann bei Impfentscheid mitreden

Nicht zu vergessen in der ganzen Diskussion ist schliesslich das Kind beziehungsweise dessen Meinung selbst. Eine Impfung schützt zwar, bleibt aber gleichwohl ein Eingriff in die körperliche Integrität. Bei solchen Eingriffen ist ein Kind ab einem gewissen Alter mit einzubeziehen.

Schon bei kleinen Kindern ist es wichtig, dass Eltern und die Ärztin kindgerecht aufklären, was eine Impfung ist und welche Wirkung sie hat. Ist das Kind in Bezug auf die Impfung urteilsfähig, darf es auch selbst darüber entscheiden, ob die Ärztin es impfen soll oder nicht. Als Faustregel gilt, dass ein Kind eine Impfung ab etwa zwölf Jahren verstehen und einschätzen kann.

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Onyx
31.01.2025 14:41registriert Dezember 2014
Das wird einigen nicht gefallen... Ich hol mal das Popcorn!
Im Ernst, ich finde diese Rechtslage gut. Wer gegen Impfungen ist, soll sich Bilder von Polio-Kindern und Starrkrampf-Erkrankten anschauen. Impfverweigerung ist reinste Wohlstandsverwahrlosung, Impfungen sind eine der grössten Erfindungen der Menschheit und haben Millionen von Leben gerettet. Sein Kind diesen Gefahren grundlos auszusetzen ist verantwortungslos.
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Bikemate
31.01.2025 16:12registriert Mai 2021
Es ist immer wieder erschreckend wie viele Menschen in unserem vermeintlich aufgeklärten Zeitalter die Impfungen verweigern. Es muss schrecklich sein, wenn du mit dem Partner / der Partnerin über so etwas streiten musst.
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Commander Salamander
31.01.2025 14:55registriert September 2018
Diese Situation stelle ich mir sehr schwierig vor, dass man mit dem (Ex-) Partner über so fundamentale Dinge streiten muss. Für mich wär das wohl ein Grund, mit dem entsprechenden Mann keine Kinder haben zu wollen, wenn ich wüsste, er würde die Kinder nicht impfen lassen wollen.
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