Wie der Bundesrat in seiner Botschaft über die gemeinsame elterliche Sorge festhält, bedeutet diese, «dass die Eltern alle das Kind betreffenden Entscheide gemeinsam fällen; kein Elternteil hat den Stichentscheid». Dies gilt grundsätzlich auch bei der Impfung. Gefährdet allerdings deren Verweigerung das körperliche Wohl des Kindes, kommt es faktisch dennoch zum Stichentscheid durch den Elternteil, welcher die Impfung befürwortet.
Der Bundesrat kann eine Impfung für bestimmte Personengruppen insbesondere dann für obligatorisch erklären, wenn ansonsten die öffentliche Gesundheit gefährdet wäre. Unabhängig davon kann die Verweigerung einer Impfung jedoch die individuelle Gesundheit eines Kindes gefährden. Die Freiwilligkeit einer Impfung, so das Bundesgericht in einem Fall betreffend die Masernimpfung, «bedeutet nicht, dass es sich auch mit dem Kindeswohl verträgt, auf die Impfung gegen die fragliche Infektionskrankheit zu verzichten».
Ebenso ist ein Argument gegen eine Impfung nicht zulässig, nur weil eine Krankheit aktuell nicht grassiert und damit lediglich eine abstrakte Gefahr besteht. Wie das Bundesgericht jedoch betont, besteht der Zweck der Schutzimpfung gerade darin, zu wirken, bevor sich die Ansteckungsgefahr konkretisiert.
Diese Rechtsprechung ist nur anwendbar auf Fälle, in welchen sich die Eltern nicht einig sind oder die Pflegeeltern in der Impffrage andere Ansichten haben als die leiblichen Eltern. Es gibt damit kein Impfobligatorium auf Umwegen, welches auch Eltern bindet, die gemeinsam gegen eine Impfung sind. Diese Differenzierung beisst sich zwar mit der Argumentation, dass ein Verzicht auf eine Impfung das Kindeswohl gefährden kann – aber die Elternautonomie ist dem Bundesgericht dann doch wichtiger.
Wer sein Kind aber gegen den Willen des anderen Elternteils impfen lassen will, kann argumentieren, dass die Verweigerung der Impfung das Kindeswohl gefährde. Aussicht auf Erfolg hat der Elternteil insbesondere dann, wenn das Bundesamt für Gesundheit die entsprechende Impfung empfiehlt. Können sich die Eltern nicht einigen, kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde vermitteln oder auch Kindesschutzmassnahmen ergreifen. Namentlich im Scheidungsverfahren kann dies auch ein Gericht tun.
Nicht zu vergessen in der ganzen Diskussion ist schliesslich das Kind beziehungsweise dessen Meinung selbst. Eine Impfung schützt zwar, bleibt aber gleichwohl ein Eingriff in die körperliche Integrität. Bei solchen Eingriffen ist ein Kind ab einem gewissen Alter mit einzubeziehen.
Schon bei kleinen Kindern ist es wichtig, dass Eltern und die Ärztin kindgerecht aufklären, was eine Impfung ist und welche Wirkung sie hat. Ist das Kind in Bezug auf die Impfung urteilsfähig, darf es auch selbst darüber entscheiden, ob die Ärztin es impfen soll oder nicht. Als Faustregel gilt, dass ein Kind eine Impfung ab etwa zwölf Jahren verstehen und einschätzen kann.
Im Ernst, ich finde diese Rechtslage gut. Wer gegen Impfungen ist, soll sich Bilder von Polio-Kindern und Starrkrampf-Erkrankten anschauen. Impfverweigerung ist reinste Wohlstandsverwahrlosung, Impfungen sind eine der grössten Erfindungen der Menschheit und haben Millionen von Leben gerettet. Sein Kind diesen Gefahren grundlos auszusetzen ist verantwortungslos.