
Huch, ist das etwa ein Rosenkranz? 😇Bild: shutterstock
Sektenblog
Drei fromme Christen haben in Bielefeld den ersten Sexshop mit christlichen Werten gegründet. Porno gibt es natürlich nicht, aber immerhin Dildos.

Folgen
Die christliche Welt tut sich schwer mit der Sexualität. Sex diente zumindest früher der Zeugung. Und sonst nichts. Arterhaltung und Aufzucht neuer Jünger Gottes. Es war eine Pflichterfüllung. Von Lust steht in der Bibel nichts. Und wer trotzdem zu viel davon abbekam, musste beichten. Das sechste Gebot verlangte es.
Fragt sich nur, weshalb Gott den Geschlechtsverkehr so lustvoll ausgestaltet hat, wenn er als Selbstzweck und Lustgewinn sündig sein soll? Denn wäre der Beischlaf nicht mit Lust verbunden, wäre die Menschheit womöglich bereits ausgestorben.
Der christliche Erotikshop hatte am deutschen Kirchentag einen Stand.Video: YouTube/evTV Dass sexuelle Betätigung Lust erzeugt, spricht eher für die Evolutionstheorie als die Schöpfungslehre. Die «Natur» hat uns mit dem Lustempfinden ausgestattet, damit wir uns fleissig vermehren.
Früher vermiesten die christlichen Kirchen den Beischlaf, indem sie den Gläubigen einimpften, sich nur zur Kinderzeugung zu vereinigen. Radikale Freikirchen tun dies teilweise auch heute noch. Sex erklären sie als fleischliche Versuchung, das Fleischliche ist schliesslich sündig. («Der Geist ist willig, aber das Fleisch …»)
Diese Zeiten sind für die meisten Christen vorbei. Sie haben sich emanzipiert und lassen sich nicht mehr von den Geistlichen vorschreiben, was sie im Schlafzimmer tun und lassen sollen. Allmählich suchen auch viele Freikirchen eine neue, weniger verkrampfte Haltung zur Sexualität.
Diese führt zu einer Aufweichung der Dogmen. Doch nicht etwa aus Einsicht, schliesslich gilt es weiterhin, die Wohllust zu zügeln, die das schändliche Werk des Satans sein soll. Nein, es ist der Zeitgeist, der den Wandel diktiert. Denn junge Gläubige wollen sich die Freude an der Lust nicht weiter vermiesen lassen. Diese müssen auf Teufel komm raus bei der Stange gehalten werden.
Weit geht die Freiheit der jungen Frommen aber nicht, denn Sex vor der Ehe ist immer noch tabu. Das führt zur fragwürdigen Praxis, dass viele Freikirchler sehr jung heiraten.
In Bielefeld versuchen nun fromme Christen, aus diesem Zeitgeist ein Businessmodell zu machen. Sie haben den ersten christlichen Erotikshop eröffnet. Es sind dies die drei frommen Werber Timon Rahn, Wellington Estevo und Gerhard Peters. Ihr Onlineshop trägt den kuriosen Namen schoenerlieben.de.

So sieht der erste deutsche Erotikshop für Christen aus.screenshot: schoenerlieben.de Wie bitte? Seit wann ist Lieben schön? Schönheitspreis beim Sex? Die drei Herren waren wohl schon verklemmt, als sie einen Namen für ihren Shop gesucht haben. Ihr Credo: «Wir wünschen uns, dass Sex durch unseren Shop, auch innerhalb christlicher Gemeinschaften zu einem offenen Gesprächsthema wird.»
Was für eine Wortschöpfung: Erotikshop mit christlichen Werten
Sie sprechen denn auch vom Erotikshop mit christlichen Werten. Auch diese Wortschöpfung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Pornographie gibt es natürlich im christlichen Sexshop nicht, immerhin verkauft er Dildos und Vibratoren. Ob den Online-Bestellungen eine Bibel beigelegt wird, ist nicht bekannt.
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig:
Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem
Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.
Du kannst Hugo Stamm auf
Facebook und auf
Twitter folgen.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Die Beichte gehört in der katholischen Kirche zu den wichtigsten Sakramenten. Vor der ersten Kommunion müssen Kinder beichten lernen. Dabei geht es laut der katholischen Lehre um drei hauptsächliche Aspekte: Die Gläubigen können dem Pfarrer ihre Sünden vortragen, ihr Gewissen erleichtern und vor Gott Busse tun. Das klingt aus religiöser Sicht einleuchtend, aus psychologischer Warte ist es aber ein problematisches Ritual. Doch davon später.