Als meistverkaufter Pick-up in den USA seit 1977 erfreut sich der F-150 – Teil der seit 1948 angebotenen F-Serie von Ford – jenseits des Atlantiks einer beispiellosen Beliebtheit. 2021 entschied sich der Hersteller von Dearborn, seinen kräftigen Sprössling mit einem Elektroantrieb auszustatten. Was kein Zuckerschlecken gewesen sein dürfte, wenn man bedenkt, dass der Wagen über 6 m lang, nahezu 2,5 m breit und um die 3 Tonnen schwer ist.
Das sind nebenbei bemerkt Masse, die nicht wirklich an europäische, geschweige denn Schweizer Gegebenheiten angepasst sind. Ford war von der Begeisterung überrascht, die sich in nicht weniger als 200 000 Vorbestellungen äusserte und eine Anpassung der Produktion notwendig machte, um die jährliche Produktionskapazität zu verdoppeln.
Da wir von einem Elektro-Pick-up sprechen, kommt uns zwangsläufig der Cybertruck von Tesla, aktuell der Star in den sozialen Netzwerken, in den Sinn. Der Ford F-150 Lightning hat, abgesehen von einer Batterie und zwei Elektromotoren, nichts mit dem jüngsten Sprössling von Elon Musk gemeinsam. Bei den Rückspiegeln und Türgriffen finden wir eine klassische – um nicht zu sagen konservative – Linie vor.
Im Inneren der Doppelkabine stellen wir Ähnliches fest: eine herkömmliche Benutzeroberfläche, welche die im Mustang Mach-E eingeführte Digitalanzeige aufgreift, und ansonsten Unmengen an Platz, fauteuilartige Sitze und zahlreiche komfortable und praktische Elemente in US-amerikanischem Stil, wie der enorme Mitteltunnel, der als Büro genutzt werden könnte, oder der platzsparende herausziehbare Schalthebel.
Die praktische Ausrichtung des Fahrzeugs lässt viel Raum für die Kreativität (oder den Pragmatismus) der Abenteurer*innen, die sich für einen Pick-up in amerikanischem Stil entscheiden, derart, dass der F-150 Lightning auch zu einem zweiten Zuhause werden könnte. Oder fast.
Hinzu kommen 1495 Liter Ladekapazität hinten sowie der enorme «Frunk» (Akronym aus «front» und «trunk» für «Kofferraum vorne») mit 400 Litern. Last but not least hat er eine Anhängelast von 3492 kg –schlicht ein Rekord unter allen Elektrofahrzeugen zusammengenommen.
In den USA bietet Ford für seinen F-150 Lightning zwei Antriebe mit zwei Motoren an: 458 PS mit einer 98-kWh-Batterie und 588 PS mit einer 131-kWh-Batterie. Für die Schweiz hat Ford entschieden, nur das «Einstiegsmodell» mit 458 PS anzubieten. Dies ist jedoch eindeutig in Guillemets zu setzen, denn das Drehmoment ist in beiden Fällen identisch: 1050 Nm. Diese unmittelbar verfügbare herkulische Kraft spielt mit einer verwirrenden Leichtigkeit mit den 3 Tonnen des Fahrzeugs. Von 0 auf 100 km/h kommt er in 4,6 Sek. Dieses Monster kommt so ziemlich mit jedem Gelände zurecht!
Die Batterie verträgt eine Ladeleistung von 150 kW, wodurch 15 bis 80 % der Batterie in 39 Minuten aufgeladen werden können. Ford gibt eine Reichweite (WLTP) von 427 km an; unsere Testfahrt auf gemischter und bisweilen sehr kühler Route lässt uns eher mit 300 bis 350 km tatsächlicher Reichweite rechnen. Dies ist angesichts der Grösse und Performance des Fahrzeugs durchaus achtenswert.
In Bezug auf das Fahrverhalten überrascht der F-150 Lightning. Seine im Boden integrierten Batterien verlagern seinen Schwerpunkt nach unten, was in erster Linie der Stabilität mit einem sichereren und souveräneren Verhalten zugute kommt. Bei Kurvenfahrten ist die Wendigkeit verblüffend und die Steuerung der Karosseriebewegungen ist bewundernswert. Üblicherweise reagieren Pick-ups eher empfindlich auf Gehopse, sprich auf Übersteuerung, insbesondere bei leerem Laderaum. Hier ist nichts davon zu erkennen.
Dank einer Einzelradaufhängung hinten und insbesondere einer Mehrlenkerachse entspricht der Komfort einfach jenem europäischer SUVs. Ford Schweiz hat nur rund 100 Exemplare des F-150 Lightning bestellt, alle in derselben Konfiguration bezüglich Farben, Ausstattung und angepasst an europäische Stromnetze. Sie sind jeweils für 127 000 Franken erhältlich. Beeil dich, wenn du eines von ihnen ergattern willst!