
Der Volvo EX90 setzt unter den elektrischen 7-Sitzer-SUVs auf Luxus.Image: Volvo Cars
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Der bereits vor zwei Jahren vorgestellte Volvo EX90 hält in den Showrooms der Händler Einzug. Mit sieben Sitzen, neuester Technologie und einer luxuriösen Ausstattung hat das neue Modell des schwedischen Autobauers gleich mehrere Asse im Ärmel.
15.10.2024, 08:1115.10.2024, 08:11
Seit dem Verschwinden der Minivans lassen sich die Fahrzeuge mit mehr als fünf Sitzen an zehn Fingern abzählen – und für jene mit Elektroantrieb reicht gar eine Hand. Glücklicherweise denken einige Automobilhersteller dennoch an (grosse) Familien. Zwar ist das Angebot mit Sicherheit nicht allzu umfassend, aber die Modelle Kia EV9, Mercedes EQB und EQS SUV, Peugeot 5008 sowie – immer mit dabei – der Tesla Model X heissen den Volvo EX90 in ihrem geschlossenen Klub der elektrischen 7-Sitzer willkommen.

Das lange Warten hat sich gelohnt.
Image: Volvo Cars
Der schwedische Hersteller hat uns lange auf sein Flaggschiff warten lassen. Um der technischen Basis seines jüngsten Modells den Feinschliff zu verleihen, verschob Volvo dessen Einführung um fast zwei Jahre. Das Modell macht die «90er»-Reihe der Marke komplett, an der Seite des XC90 im frischen Design.
Wuchtig und geräumig
Auch wenn er zum gleichen Segment gehört, unterscheidet sich der EX90 deutlich von seinem grossen Bruder, dem XC90. Letzterer greift die neuen Codes auf, die Volvo mit dem EX30 eingeführt hat, bestehend aus ausdrucksstarken Lichtsignaturen, darunter die an einen Bumerang erinnernden Heckleuchten.

Markante LED-Signatur vorne.Image: Volvo Cars
Die Silhouette des EX90 wirkt dank des raffinierten Designs fliessend und leicht, was ihn weniger massiv erscheinen lässt. Denn im Vergleich zum XC90 ist der EX90 fast 10 cm länger (5,04 m) und 4 cm breiter (1,96 m), aber 2 cm niedriger (1,75 m). Davon profitiert auch die Aerodynamik mit einem Luftwiderstandsbeiwert (cW) von nur 0,29.

Mit über 5 m Länge und fast 2 m Breite gehört der EX90 zu den Giganten auf der Strasse.Image: Volvo Cars
Dank seiner grosszügigen Masse bietet der EX90 erstklassigen Komfort an Bord. Auf allen Plätzen profitieren Reisende von reichlich Platz, auch in der dritten Reihe mit den umklappbaren Sitzen, wo zwei Erwachsene bequem Platz nehmen können.

Eine Seltenheit und daher erwähnenswert sind die leicht zugänglichen Sitze in der 3. Reihe, die Platz für 2 Erwachsene bieten.Image: Volvo Cars
Dazu werden die drei Sitze der zweiten Reihe zum Einstieg umgeklappt, die Rückenlehne ist zusätzlich verstellbar. Der mittlere Sitz ist optional mit einer Sitzerhöhung ausgestattet.

Der mittlere Sitz der zweiten Reihe kann mit einer Sitzerhöhung ausgestattet werden.Image: Volvo Cars
Der Kofferraum des EX90 hat ein Volumen zwischen 310 (7 Sitze) oder 655 Litern (5 Sitze) und 1915 Liter, wenn alle Sitze umgeklappt sind. Hinzu kommen ein Stauraum von 65 Litern unter dem Kofferraumboden sowie ein vorderer Kofferraum von 37 Litern für Ladekabel oder kleinere Gegenstände.

Praktischer Stauraum vorne!Image: Volvo Cars
Jede Menge Technologie
Neben den praktischen Aspekten und dem sprichwörtlichen Komfort verfügt der EX90 über eine luxuriöse Ausstattung beim Cockpit. Das klare und puristische skandinavische Design wurde mit hochwertigen Materialien (recycelte Stoffe, veganes Leder, Aluminium) umgesetzt.

Minimalistisches Interieur mit hochwertigen Materialien.Image: Volvo Cars
Es ist schön und hochwertig, führt jedoch dazu, dass alle sekundären Bedienelemente auf einem grossen 14,5-Zoll-Display in der Mitte zentralisiert sind. Klassische Bedienelemente gibt es neben den Schaltern am Lenkrad und den Tasten am Lenkstockhebel nur noch für die Türverriegelung, die elektrischen Fensterheber (nur zwei Tasten mit einer Auswahltaste für die hinteren Fensterheber) und das grosse Play/Pause-Rad für die Stereoanlage.

Wenige Tasten, die meisten Funktionen werden über das Zentraldisplay gesteuert. Daran muss man sich gewöhnen.Image: Volvo Cars
Alles andere verbirgt sich in den Menüs des Zentraldisplays. Dort muss man also nach den Einstellmöglichkeiten für die Aussenspiegel, die Lenkradposition oder zum Öffnen des Handschuhfachs suchen. Diese Funktionen werden sicherlich nicht oft verwendet, dennoch ist ihre Digitalisierung nicht ganz nachvollziehbar. Die Zeiten der einfachen und effizienten schwedischen Ergonomie sind leider vorbei. Wenigstens sind die Bedienelemente für die Klimaanlage permanent im unteren Bereich des Displays sichtbar.

Die Bordelektronik enthält neueste Hard- und Software.Image: Volvo Cars
Zudem ist die digitale Android-Schnittstelle äusserst benutzerfreundlich. Das GPS enthält erstmals die HD-Karten von Google, die auch beim Fahren mit Assistenzsystemen mit Kameras, Radaren und Lidaren nützlich sind. Das Sahnehäubchen, über das sich besonders Musikfans freuen werden, ist das HiFi-Dolby-Atmos-Soundsystem von Bowers & Wilkins mit 1610 W und 25 Lautsprechern.

Einer von 25 Lautsprechern der HiFi-Anlage.Image: Volvo Cars
Zum Schluss soll erwähnt werden, dass der EX90 wie ein Computer auf Rädern daherkommt: Er kombiniert die technischen Plattformen Nvidia Drive Xavier und Orin sowie die Snapdragon Cockpit Platform von Qualcomm Technologies, auf denen die von Volvo entwickelte Software läuft. Alle zentralen Funktionen des Fahrzeugs, von den Sicherheitssystemen über das Batteriemanagement bis hin zum Infotainment, werden durch dieses System gesteuert, das unter anderem laufend Updates und Verbesserungen bietet.
Bereit für die Langstrecke
Den Volvo EX90 gibt es in drei Ausstattungsvarianten und mit drei Motoren, die von einer 111-kWh-Batterie gespeist werden (Single Motor – Leistung von 205 kW/279 PS und 580 km Reichweite (WLTP), Twin Motor – 4x4 mit 300 kW/480 PS und 616 km oder Twin Motor Performance – 4x4 mit 380 kW/517 PS und 616 km). Mit einer Ladeleistung von bis zu 250 kW, obwohl basierend auf einer 400-V-Architektur, verspricht Volvo ein Laden der Batterie von 0 auf 80 % in nur 30 Minuten.

Mit bis zu 517 PS und einer angekündigten Reichweite von 616 km ist der EX90 wie geschaffen für lange Fahrten.Image: Volvo Cars
Für unseren Testlauf auf kalifornischen Strassen wurde uns die Topversion des EX90 mit 517 PS zur Verfügung gestellt. Der optional mit Luftfederung ausgestattete EX90 (CHF 2470.–) stellt eine wahre Ausnahme in seinem Segment dar. Trotz der enormen 22-Zoll-Räder bügelt er Strassenunebenheiten bravourös aus. Die Spurtreue und das Fahrverhalten sind souverän, die Lenkung ist ausserordentlich direkt und leichtgängig.

Die Leistung auf der Strasse ist erstklassig.Image: Volvo Cars
Der Allradantrieb ist im «normalen» Modus nicht «permanent». Der Heckmotor aktiviert sich nur bei Bedarf oder im «Performance»-Modus. Dann verteilt der Heckmotor das Drehmoment auf die Räder, um bei der Fahrt durch Kurven Unterstützung zu bieten. Verblüffend effektiv und dynamisch. Dadurch wird unser EX90 mit seinen 2,8 Tonnen natürlich nicht zur sportlichen Ballerina, er bietet aber dennoch ein recht dynamisches Fahrerlebnis.

Eine perfekte Balance zwischen Komfort und Dynamik.Image: Volvo Cars
Auf jeden Fall erwarten wir vom EX90 in erster Linie, dass er uns sicher ans Ziel bringt und dabei ein Höchstmass an Komfort und Entspannung bietet. Beim Thema Komfort hat Volvo nicht gespart. Eine Armada an Radaren, Kameras und Lidaren – darunter in einer an Londoner Taxis erinnernden Form auf dem Dach – überwacht permanent das Umfeld und prüft die Strasse auf Gefahren, ohne sich dabei allzu sehr einzumischen.

Der Lidar auf dem Dach ist das sichtbarste Element der Sicherheitsausrüstung.Image: Volvo Cars
Der zu einem Preis zwischen 94 950 Franken («Core» Single Motor) und 113 750 Franken («Ultra» Twin Motor) angebotene Volvo EX90 positioniert sich im oberen Bereich seiner Kategorie, ähnlich wie der XC90 als Plug-in-Hybrid. Somit hat die Kundschaft beim Antrieb die Wahl. Gut durchdacht!
Über den Autor:

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Jérôme Marchon ist ...
... seit seiner frühesten Kindheit ein leidenschaftlicher Auto-Fan. Seine berufliche Karriere begann er in der Finanzbranche, trug aber schon früh zum Aufbau eines Auto-Blogs bei – bis er schliesslich seinen eigenen Blog gründete. Sein weiterer Weg führte ihn in die Chefredaktion der «Revue Automobile». Seit 2018 ist er freiberuflich tätig und schreibt für verschiedene Auto- und allgemeine Print- und Digital-Medien in der Schweiz und im Ausland. Jérôme Marchon arbeitet auch als Übersetzer und Berater für redaktionelle Inhalte für Automobilveranstaltungen und Autohersteller.
