Wenn du etwas geleistet hast und jeder dich lobt, dann bist du am falschen Ort. Überschütten dich alle mit Kritik, dann ist genauso klar: Da musst du weg. Der Umgang mit Feedback verrät einiges über die Kultur einer Firma – und über ihre Qualität als Arbeitgeberin.
Jüngst zeigte eine Untersuchung von Haufe, einem auf Personal- und Organisationsentwicklung spezialisierten Unternehmen, dass deutsche Firmen zwar viel halten von guter Feedbackkultur, aber kaum etwas dafür tun. In Schweizer Firmen wird die Situation nicht anders sein. Konstruktives Feedback festigt die Zusammenarbeit und bringt Mitarbeitende voran, schludriges Feedback zieht Ineffizienz und Frust nach sich.
Spricht man von Feedback, muss zuerst geklärt werden, worum es geht: Feedback ist eine Rückmeldung. Wir geben sie mündlich oder schriftlich und es geht meist um eine Sache oder ein Verhalten. Feedback setzt zumindest zwei Seiten voraus: Eine Person, die Feedback gibt, und eine, die es entgegennimmt. Zwischen diesen zwei Personen besteht für gewöhnlich ein Gefälle – was Information, Know-how, Erfahrung oder Macht betrifft.
Ein Beispiel: Deine Chefin möchte neue Verkaufskanäle erschliessen. Du erstellst ein Konzept dafür und schickst ihr den Entwurf mit Bitte um Feedback. Drei Tage später kriegst du den Entwurf zurück – voller Streichungen und Änderungen. Eine Einschätzung deiner Arbeit fehlt, ebenso Erklärungen zu den Korrekturen. Das Ergebnis: Du bist verwirrt, ja gekränkt.
Tags darauf trudeln weitere Feedbacks in dein Postfach. Deine Chefin bat andere Personen um ein Feedback – nur, du wusstest nichts davon, deine Chefin handelte eigenmächtig. Jetzt liegen vier Feedbacks auf deinem Tisch. Eines davon ist unbrauchbar, es stammt von einer Person ohne Themenkompetenz. Ein anderes schiesst über das Ziel hinaus und setzt unmögliche Erwartungen. Jetzt fragst du dich, wie weiter mit all den Inputs. Deine Chefin schwieg sich darüber aus.
Das Beispiel zeigt: Beim «Feedbacken» kann etliches schiefgehen. Doch das muss nicht sein. Mit etwas Vorbereitung umschifft man die schlimmsten Klippen. Fünf Grundregeln helfen dabei:
Wer um Feedback bittet, erteilt einer Person die Erlaubnis, genau das zu tun. Unerlaubt Feedback geben ist ein No-Go. Deine Chefin lud andere Personen dazu ein, ohne dich darüber zu informieren. Das ist unprofessionell.
Um inhaltlich «Feedbacken» zu können, muss man dazu in der Lage sein. Eine von deiner Chefin angesprochene Person war es nicht, vom Verkauf versteht sie nichts. Ergo: Wer Feedback gibt, muss sich vorgängig fragen, ob sie genug über das Thema weiss. Wenn nicht: Bitte schweigen!
Feedback ist ein Angebot. Darauf kann man nur eingehen, wenn die Änderungsvorschläge nachvollziehbar sind. Deine Chefin setzte den Rotstift an, ohne Erklärungen mitzugeben. Unklarheiten sind so vorprogrammiert und dein Lerneffekt bleibt vermutlich aus.
«Feedback zeigt Handlungsmöglichkeiten auf, die erreichbar sind», sagt Urs Blum, Arbeits- und Organisationspsychologe an der ZHAW. «Diese Möglichkeiten öffnen einen Weg, um etwas zu verändern, zu verbessern oder auszubauen.» In einem Feedback, Unmögliches zu fordern oder Unabänderliches in Frage zu stellen, macht sich also schlecht.
Dieser Punkt hängt mit dem vorangehenden zusammen. «Aussagen, die den Feedbacknehmer in die Defensive bringen oder sogar abwerten, sind zu vermeiden. Aus der Defensive fällt es schwer, Kritik anzunehmen und hilfreiche Anregungen zu erkennen», so Blum. Deine Chefin anerkennt obendrein deine Arbeit nicht und spricht keinen Dank aus. Sie verpasst damit die Chance, dich für die Weiterbearbeitung deines Entwurfs zu motivieren.
Im Idealfall schafft Feedback Vertrauen. Hätte deine Chefin die fünf Grundregeln befolgt, wäre ihr Feedback anders ausgefallen. Festzuhalten ist auch: Feedback entgegenzunehmen, erfordert Mut. In jeder Rückmeldung findet man Urteile, die nicht leicht zu akzeptieren sind. Kommentare wie «Das ist kreuzfalsch» oder «Du verkennst hier Ursache und Wirkung» heben das Selbstwertgefühl höchst selten.
Und: «In unserer Kultur gilt die Norm, etwas mit ganzem Engagement zu tun», betont Blum. «Je engagierter ich bin, desto anspruchsvoller ist es, mit kritischen Rückmeldungen umzugehen. Zudem gibt es die Tendenz, Erfolge auf die Umstände und Misserfolge auf die Person zu beziehen.» Mit sich selbst in Zusammenhang gebracht, kann Feedback mithin schmerzen. Deshalb müssen den fünf Grundregeln drei weitere zur Seite gestellt werden:
Auf Fehler oder Fehlendes hinzuweisen, ist das eine, darüber zu urteilen, das andere. Beim «Feedbacken» sollte die Beobachtung im Vordergrund stehen, nicht die Bewertung. Wenn bewertet wird, dann sind Ich-Botschaften vorzuziehen: «Ich fände es besser, wenn …», «Ich habe den Eindruck, dass …» oder «Ich würde mich freuen, wenn …». Sie betonen den subjektiven Charakter des Feedbacks.
Das heisst auch: Eine Rückmeldung ist das, was sie ist, die Sichtweise eines anderen. Deswegen gilt für die Feedbacknehmerin: Input abwägen, daraus lernen und abhaken. Wie bereits gesagt: Eine Rückmeldung auf keinen Fall persönlich nehmen; egal, was dasteht, es ist und bleibt eine Fremdwahrnehmung.
Gewisse Personen setzen Feedbacks mit der Absicht ein, sich Vorteile zu verschaffen. Verdächtig ist etwa, wenn ein Feedback nicht nur an die Person geht, die es betrifft, sondern zugleich auch andere erreicht, gleichsam «zur Kenntnisnahme». Feedback eignet sich nicht für solche Mätzchen. Eine Rückmeldung taktisch nutzen, zeugt von Charakterschwäche.
Fassen wir zusammen: Feedback gehört in die Werkzeugkiste erfolgreicher Kommunikation. Eine erhaltene Rückmeldung zeigt, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Sie deckt blinde Flecken auf, da vier oder acht Augen mehr sehen als nur die zwei eigenen. Jede Rückmeldung muss mit Bedacht formuliert sein. Konstruktives Feedback spornt an, abwertendes wirkt wie ein Tritt in den Hintern. Feedback darf nie Rückschritt bedeuten, sondern ausschliesslich Fortschritt – und ist ebendarum eine Investition in die Person und in die Firma.
Mit Du Botschaften erreicht man genau das Gegenteil und kann das Gesprächsbereitschaft hindern.