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Yonnihof
Eine Ode ans Nachhausekommen.
29.07.2015, 16:4830.07.2015, 08:04
Ich war in diesem Jahr gesamthaft schon fast drei Monate nicht zuhause, davon zweimal einen Monat am Stück. Und ich habe mich auf jeden einzelnen Tag davon gefreut. Reisen ist meine grosse Leidenschaft und da ich das grosse Glück habe, nur meinen Laptop zum Arbeiten zu brauchen, kann ich eigentlich jederzeit überall hin verreisen. Und ich nutze diese Gelegenheiten, wann immer mein Geldbeutel und meine Termine es erlauben.
Ja, ich bin sehr gerne weg.
Man darf diese Leidenschaft fürs Fortgehen nun aber nicht mit einer Abneigung der Heimat gegenüber verwechseln. Im Gegenteil, ich glaube, gerade die Tatsache, dass ich soviel reise, gibt der Schweiz für mich einen noch höheren Stellenwert.
Vielleicht ist’s ein bisschen wie mit dem Lieblingsteddy, den man zur Geburt bekommt und der irgendwann halt nicht mehr so spannend ist, weil ihm auch schon ein Auge fehlt, das Mama dann durch einen Knopf ersetzt hat. In meinem konkreten Fall war’s ein Eisbär namens «Mampfi». Daneben sind Abschlussball-Barbie und Breakdance-Ken im ersten Moment der absolute Oberburner und Mampfi wird gerne mal links liegen gelassen. Nach einer Weile stellt sich dann aber heraus, dass das Herz eben doch dem verhuddeleten, mittlerweile grau-schwarzen Eisbären mit den ungleichen Augen gehört. Oder kennen Sie jemanden, der Hula-Barbie für seine zukünftigen Kinder aufbewahrt? Also ich nicht. Mampfi hätte ich aber auf jeden Fall über die Zeit gerettet und für meine zukünftigen Kinder aufbewahrt, wenn ihn unsere Mischlingshündin selig damals nicht für ein sehr gefügiges Kaninchen gehalten und in Fetzen gerissen hätte. RIP Mampfi.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Schweiz ist der Mampfi meines Herzens, auch wenn ich andere Orte ab und zu für spannender halte. Ich schliesse nicht mal aus, einmal für längere Zeit ins Ausland zu ziehen. Gerade Kalifornien wäre für ein paar Jahre bestimmt eine Wahnsinnserfahrung. Gleichzeitig weiss ich aber, dass ich immer wieder nach Hause kommen würde. Back home, back to Mampfi.
So fliege ich morgen also nach einem Monat Metropolenfeeling in London zurück in die Patria. Und ich freue mich wie ein Kleinkind.
Aber was macht denn die Heimat genau zur Heimat? Wohl vor allem die Dinge, die einem in der Fremde fehlen.
Allen voran natürlich die Familie und die Freunde. Und gerade da ist ein bisschen Abstand oft Gold wert und zeigt einem, was man eigentlich für wunderbare Menschen um sich hat. Man lernt, die Familie wieder zu vermissen, den Partner von Herzen zu begehren, die Freunde zu schätzen. Abwesenheit hat auch etwas Versöhnliches und führt einen zurück zu den Ursprüngen zwischenmenschlicher Beziehungen.
Gleich danach kommt das eigene Bett. Ich habe das auch von anderen Leuten, die viel reisen, gehört: Nach langer Abwesenheit wieder im eigenen Bett schlafen zu können, wieder die eigenen vier Wände um sich zu haben, zu wissen, wo das Anti-Brumm ist, fudiblutt rumrennen zu können, das eigene Waschmittel zu brauchen, ist für mich etwas vom Allergrössten.
Dann ist da noch der viel einfachere Alltag. Man kennt die Sprache, kennt die Währung. Man muss nicht immer übersetzen und umrechnen, was einem viel mehr Spontanität erlaubt.
Heimat ist aber auch noch ganz viel anderes.
Zum Beispiel die Aussicht auf die Berge. Ja, sie sind weit weg von Zürich und wenn ich zuhause bin, nehme ich sie oft gar nicht wahr, und trotzdem merke ich nach einer Weile, in der ich nur von Hügeln um geben bin, dass sie mir fehlen und dass sie einen Grossteil der majestätischen Schönheit unseres Landes ausmachen.
Aromat fehlte mir. Und Maggi. Muss man nicht unbedingt haben und man kann auch eine Weile gut ohne – und trotzdem sind sie für mich direkt mit der Schweiz und mit dem Begriff Heimat verbunden.
Ein grosses Thema ist die Sicherheit. Ich wohne ja bekanntermassen an der Langstrasse und trotzdem fühlte ich mich bisher in keiner Stadt im Ausland so sicher wie ich mich in Zürich fühle.
Klischee, aber wahr: Schoggi. Man probiert's im Ausland, man probiert's wahrlich, aber keine einzige Schoggi, die ich auswärts je probiert habe, kommt an die ran, die wir nur schon im Supermarkt für 80 Rappen kaufen können. Das, was hier als Supreme-Produkt bezeichnet wird, würde den Sprüngli Osterhasen dazu bringen, sich freiwillig auf den Teller zu legen. Beim Käse – um auch das zweite Klischee noch abzudecken – habe ich hingegen schon recht viele gute Alternativen gefunden. Manchego in Spanien, zum Beispiel. Oder guten, alten Cheddar hier in England. Aber ganz ehrlich: An höhlengereiften Gruyere kommt für mich nichts ran. Das hat wahrscheinlich einmal mehr nicht (ausschliesslich) mit der Qualität zu tun, sondern damit, dass Gruyere mein Mampfi unter den Käsen ist.
Sogar Hahnenwasser, worüber ich mir sonst nie Gedanken mache, wird zum Thema. Wo man in der Schweiz easy richtig gutes Trinkwasser direkt ab dem Hahnen schlürfen kann, kommt einem in manch anderem Land, welches sein Hahnenwasser als Trinkwasser bezeichnet, eine Flüssigkeit entgegen, die schmeckt, als hätte der Terminator in den Wassertank onaniert. Nur schon unser Trinkwasser ist ein Privileg!
Aber vor allem ist Heimat eine Art Selbstverständnis. Eine ganz grundlegende Zugehörigkeit, eine Identifikation, eine Verbundenheit auf Lebzeiten.
Das bedeutet nicht, dass ich mit allem immer einverstanden sein muss, was – gerade politisch – hier abgeht, aber darum soll's hier auch nicht gehen. Es soll um Emotion gehen, nicht um Kognition.
Kein Land wird mir je soviel bedeuten wie die Schweiz. Mit ihren Seen, ihren Bergen, ihren Flüssen, ihren Tälern. Mit Alphörnern, Trachten, geschmückten Kühen. Aber auch mit ihrer Innovation, ihrem Tempo, ihrer unglaublichen Infrastruktur und ihrem beispiellosen Bildungssystem.
Ja, man darf wehmütig und ein bisschen pathetisch werden, wenn man von seiner Heimat schreibt, sie ist, nebst der Liebe, doch das, was uns unser Leben lang begleitet.
Heimat ist Basis. Heimat ist Wurzel. Ja, Heimat ist, wo das Herz ist.
Bis morn, Schwiiz, du hast mir gefehlt!
Yonni Meyer
Yonni Meyer (33) schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen – direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony – aber nicht weniger unverblümt.
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Zu den Dingen, auf die ich so gar nicht stehe, gehören Pärli-Dinner-Dates. Neulich muss ich mal wieder antraben. Und lerne eine Frau kennen, die alles kann. Ausser nett sein.
Als Wanda die Tür aufmacht, frage ich mich, ob wir an der Wisteria Lane sind und ob das die etwas jüngere Version von Bree Van de Kamp ist, die uns anstrahlt.