In Kälte und Dunkelheit wartet in rund 1000 Meter Tiefe ein schwerverletzter Höhlenforscher in den Berchtesgadener Alpen auf seine Rettung. Er war am frühen Sonntag in der tiefsten und längsten Höhle Deutschlands unterwegs, als es plötzlich zu einem Steinschlag kam. Der Abstieg der Retter in die extrem unzugängliche «Riesending-Schachthöhle» dauert zehn Stunden. Doch es gibt Hoffnung: Dem Forscher geht es nach Angaben der bayrischen Bergwacht besser als befürchtet. Der Forscher sei ansprechbar, kreislaufstabil und könne mit Hilfe kurz stehen. Doch transportfähig sei er noch nicht, sagte ein Bergwachtsprecher am Dienstag.
Der Verunglückte muss deshalb zuerst mit Medikamenten versorgt und verarztet werden. Ein Team, zu dem ein höhlenerfahrener Arzt gehört, befindet sich derzeit mit Medikamenten, Ausrüstung und Nahrungsmitteln auf dem Weg zur Unglücksstelle. Ein internationales Rettungsteam mit vier Schweizer Spezialisten stiess heute bereits zum Verletzten in die Höhle vor. Es installierte ein Kommunikationssystem, sodass nun laufend Kontakt zu den Einsatzkräften in der Höhle besteht.
Nun planen die Rettungsmannschaften, den Verunglückten in mehreren Etappen nach oben zu bringen. Sie haben dafür in der verwinkelten Höhle auf unterschiedliche Ebenen fünf Biwakstationen eingerichtet, an denen sie rasten können. Wenn wir eine Etappe pro Tag schaffen, ist das eine gute Leistung, sagte der Bergwacht-Sprecher. Die Arbeit sei anstrengend und gefährlich. Die Teams müssten daher ständig ausgewechselt werden. Morgen sollen sechs weitere Schweizer Spezialisten bei der Unfallstelle eintreffen.
Die tiefen Schächte und Canyons der Höhle können nur von sehr erfahrenen Experten mit Bergsteigerausrüstung durchklettert werden. Dazu gibt es verwinkelte, enge Gänge. Einige Stellen des unterirdischen Labyrinths sind nach Angaben der Bergwacht so schmal, dass eine schlanke Person gerade hindurchpasst. Zudem gibt es dort unterirdische Bäche. In den Schächten und Gängen drohen grosse Gefahren durch Wasser und Steinschlag.
«Deutsche Retter sind nicht an solche Schächte gewohnt», sagte eine Sprecherin der Schweizer Rettungsorganisation Speleo-Secours auf Anfrage von watson. Anders in der Schweiz: Das Hölloch und die Siebenhengste-Hohgant-Höhle seien gar verschachtelter und länger als die Riesending-Höhle. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Spezialisten einen Rettungsweg freisprengen müssen», so die Sprecherin. (rey/dwi/sda)