In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der E-Auto-Boom abgekühlt – in Deutschland und bei uns sind die Zahlen gar eingebrochen. Doch nun legen Elektroautos wieder zu; in Europa, in den USA und am stärksten in China, wo sie erstmals günstiger und beliebter als Benzinautos sind.
In Europa gaben E-Autos im September nach mehreren schwachen Monaten ein starkes Lebenszeichen von sich. Es wurden rund 213'000 vollelektrische Autos zugelassen. Das sind 13,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Für den Zuwachs ist unter anderem Teslas aufgefrischtes Model 3 verantwortlich, das sich um 314 Prozent besser verkaufte. In der Schweiz hingegen wurden 11,2 Prozent weniger Stromer als vor Jahresfrist abgesetzt.
Während Elektroautos in Europa wieder zulegten, brachen Autos mit Verbrennermotor um rund 20 Prozent ein. Der Marktanteil von Benzinern ging auf 29,8 Prozent zurück, jener von Diesel-Modellen auf 10,4 Prozent.
Der E-Auto-Anteil stieg dadurch umso stärker von 14,8 Prozent im letztjährigen September auf neu 17,3 Prozent – inklusive EFTA und Grossbritannien beträgt der Stromer-Anteil in Europa 19,1 Prozent. Bei uns kamen Elektroautos im September auf 18,7 Prozent, während in Norwegen mit 96,4 Prozent fast nur noch E-Autos Kunden finden.
Bis zum Jahresende dürften Stromer in den meisten Ländern weiter zulegen, da die Händler versuchen, mit Rabatten ihre Elektro-Quote aufzuhübschen.
Noch weit mehr als E-Autos sind Autos mit Hybridantrieb gefragt. Der Marktanteil stieg auf 32,8 Prozent. Somit sind Hybridautos erstmals die Nummer eins in Europa. Elektroautos dürften Hybride in Europa erst in etwa fünf Jahren überholen.
Dass 2024 weltweit ein weiteres Rekordjahr für die Elektromobilität wird, liegt nicht an Europa – und schon gar nicht an der Schweiz: Nach den ersten neun Monaten des Jahres dümpelt der E-Auto-Absatz in der Europäischen Union 5,8 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum.
Vor allem Deutschland mit einem Minus von 28,6 Prozent bei den E-Auto-Neuzulassungen zieht die europäische Bilanz nach unten. In der Schweiz beträgt das Minus gegenüber dem Vorjahr 9,5 Prozent.
Das Elektro-Wachstum geschieht derzeit in den USA und insbesondere in China. Dort sind E-Autos nach einem schwachen Start im laufenden Jahr wieder auf der Überholspur.
Dem Reich der Mitte gelingt die Elektromobilitätswende deutlich schneller als dem Westen. Bereits jetzt ist mehr als jeder zweite verkaufte Personenwagen ein E-Auto oder teilelektrischer Plug-in-Hybrid. Mit dem rasanten Wandel dürften Verbrenner-PKW in China ab 2030 zum Nischenprodukt werden.
In den USA hinken die E-Auto-Verkäufe China und Europa traditionell hinterher. Nach einer Absatzdelle sind Stromer aber auch im Trump-Land wieder auf Wachstumskurs und kurz davor, erstmals die 10-Prozent-Hürde zu überspringen.
Entgegen teils anderslautenden Medienberichten sind Elektroautos auch 2024 auf dem Vormarsch – wenn nicht die Schweiz oder Europa, sondern die Welt betrachtet wird. Allerdings legen teilelektrische Plug-in-Hybride (PHEV), die längst nicht immer elektrisch fahren, schneller zu als vollelektrische E-Autos (BEV).
Insgesamt dürften 2024 rund 17 Millionen E-Autos und Plug-in-Hybride verkauft werden. Das sind ungefähr 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Gegenüber 2021 und 2022 hat das Wachstum in den vergangenen zwölf Monaten aber nachgelassen.
Mehr Schwung in den E-Auto-Markt kommt 2025: Dann treten in Europa schärfere Emissionsvorschriften in Kraft. Die durchschnittlichen Emissionen der neu verkauften Personenwagen müssen von aktuell 116 Gramm CO2 pro Kilometer auf unter 93,6 g/km sinken – ansonsten drohen den Herstellern empfindliche Strafzahlungen. Die Händler versuchen folglich, dieses Jahr noch möglichst viele Verbrenner-Modelle an die Kunden zu bringen und im kommenden Jahr den E-Auto-Anteil zu steigern.
Konkret werden die Hersteller ihre Rabatte auf klimafreundliche E-Autos erhöhen und ihre Leasingraten senken müssen, um die strengeren CO2-Grenzwerte einhalten zu können. Gleichzeitig dürften die Preise von Benzinautos weiter steigen, um die Rabatte auf E-Autos zu kompensieren.
Bereits 2020 hat die letzte Verschärfung der Emissionsvorschriften den E-Auto-Absatz beflügelt. Ein ähnlicher Effekt wird auch jetzt erwartet. Ausser Volvo müssen alle grossen Hersteller ihre CO₂-Flottenwerte senken, sprich mehr E-Autos oder Plug-in-Hybride verkaufen. Dies im Wissen, dass ab 2030 die CO2-Ziele weiter verschärft werden und der E-Auto-Anteil bis dahin nochmals markant steigen muss.
Es ist kein Zufall, dass gleichzeitig mit den neuen Emissionsvorschriften mehr kleine und günstigere E-Autos zu den Händlern rollen. Das allein wird allerdings nicht reichen, um genügend Kunden zu finden. Die Hersteller müssen auch bei ihren bisherigen E-Modellen den Rotstift ansetzen. VW, Opel, Hyundai, Kia und Co. haben in den letzten Tagen begonnen, die Preise auf ausgewählte E-Modelle zu senken. In Belgien verkauft Dacia sein günstigstes E-Auto neu für 10'000 Euro (dank staatlicher Förderung) und verheimlicht auch nicht, dass die Modelle erst 2025 eingelöst werden.
Die Preisdifferenz zwischen Elektro- und Benzinautos wird langsam, aber stetig kleiner. Wie in China sind Stromer mittelfristig wohl auch bei uns günstiger als Verbrenner, nicht zuletzt wegen fallender Akkupreise. Werden die Gesamtkosten über die ganze Lebensdauer betrachtet, sind sie schon heute die finanziell klügere Wahl.
Kurz gesagt: Der Preis- und Effizienzvorteil des E-Autos besiegelt das Schicksal des Verbrenners.
Der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur, kürzere Ladezeiten, laufend höhere Reichweiten sowie der wachsende Occasionsmarkt sind nebst sinkenden Preisen weitere Treiber der Elektromobilität. Als grösster Hemmschuh bleibt die oft noch fehlende Lademöglichkeit zu Hause oder zumindest am Arbeitsplatz. Ein Problem, das Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nur gemeinsam lösen können.
Dennoch sprechen viele Gründe für das E-Auto – und einige wird man erst verstehen, wenn man eines hat. Sie sind komfortabler, ruhiger und trotzdem spritziger zu fahren.
Länder wie China, Dänemark oder Norwegen zeigen, wohin die Reise geht.
DANKE!
Wird sehr oft nicht erwähnt. Cost of ownership.