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Die Experten sind sich nicht einig wie das «Recht auf Vergessen» bei Google funktionieren soll

Verletzung von Persönlichkeitsrechten

Die Experten sind sich nicht einig wie das «Recht auf Vergessen» bei Google funktionieren soll

06.02.2015, 02:2206.02.2015, 10:56
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Monatelang haben acht Experten Vorschläge für Googles Umgang mit dem europäischen Urteil über ein «Recht auf Vergessen» erarbeitet. Die Spezialisten konnte sich aber nicht einigen. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales lehnte jede Link-Unterdrückung ab.

Zwar konnte sich die Mehrheit des Gremiums auf einen Katalog von Kriterien verständigen, den Google beim Unterdrücken von Links zu falschen oder kompromittierenden Inhalten in Web über betroffene Personen anwenden soll, wie aus einem am Freitag von Google veröffentlichten Bericht hervorgeht. 

Das prominenteste Mitglied des achtköpfigen Beirats, Wikipedia-Gründer Jimmy Wales, protestierte jedoch gegen jeden Versuch, unerwünschte Links in den Ergebnissen einer Google-Suche zu unterdrücken.

Jimmy Wales.
Jimmy Wales.Bild: EPA/EFE

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte entschieden, dass Suchmaschinen wie Google aus ihren Ergebnisseiten Links zu Inhalten löschen müssen, wenn sich ein Nutzer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sieht.

«Gesetz selbst ist zutiefst fehlerhaft»

Wales forderte, das Europäische Parlament müsse umgehend die rechtliche Grundlage ändern, um die freie Meinungsäusserung zu schützen und eine angemessene gerichtliche Kontrolle des vom EuGH ausgesprochenen Löschanspruchs zu ermöglichen. «Bis zu diesem Zeitpunkt sind alle Empfehlungen an Google in diesem Bericht zutiefst fehlerhaft, weil das Gesetz selbst zutiefst fehlerhaft ist.»

Die Mehrheit der Experten plädierte dafür, anhand des Kriterienkatalogs jeden Antrag individuell zu bewerten. Uneins waren sich die Mitglieder des Gremiums in der Frage, ob Löschanträge von Bürgern regional begrenzt gelten sollten.

Die Mehrheit des Beirats befürwortete die Praxis von Google, das Unterdrücken der Links auf die nationalen Angebote – also beispielsweise google.ch oder google.ch – zu beschränken. 

Die Riesen-Firma Google kreiert neue Probleme, wofür bisher noch keine Lösungen gefunden werden konnten. 
Die Riesen-Firma Google kreiert neue Probleme, wofür bisher noch keine Lösungen gefunden werden konnten. Bild: Marcio Jose Sanchez/AP/KEYSTONE

Die ehemalige deutsche FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ebenfalls Beiratsmitglied, sprach sich hingegen dafür aus, die Fundstellen aus allen Google-Angeboten weltweit zu tilgen. «Wenn ich bei der Google-Suche in Europa über Google.com die Artikel wiederfinde, auf die sich der Löschanspruch bezieht, wird der Anspruch umgangen», erklärte sie.

Entfernen, nicht vergessen

Die Mehrheit der Experten betonte in dem Bericht, mit dem EuGH-Urteil sei nicht ein «Recht auf Vergessen» geschaffen worden. Google sei nicht verpflichtet worden, «zu vergessen», sondern Links aus Suchergebnissen zu entfernen, deren Ergebnisse «inadäquat, irrelevant oder nicht mehr relevant oder exzessiv» seien. 

Google könne dabei nicht zum Entfernen der Links gezwungen werde, wenn es ein öffentliches Interesse an diesen Informationen gebe.

Dem Beirat gehörten neben Wales und Leutheusser-Schnarrenberger auch der UNO-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit Frank La Rue an. An den Beratungen von August bis September 2014 in sieben europäischen Hauptstädten waren weitere Juristen, Datenschützer und Netzexperten aus mehreren europäischen Staaten beteiligt.

Rund 145'000 Löschanfragen sind in den fünf Monaten bis im vergangenen Oktober bei Google eingegangen, wie das Unternehmen damals mitteilte. Weniger als die Hälfte – rund 42 Prozent – der Ersuchen befürwortete Google. Aus der Schweiz kamen demnach rund 4'000 Anfragen. (feb/sda/dpa)

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