Das erste Kennenlernen ist etwas ernüchternd: «Oppo Pad Air» prangt in grossen Lettern auf der Verpackung. Der Name ist schamlos von einem allgemein bekannten Tech-Konzern aus Kalifornien abgekupfert.
Erfreulich ist der Blick auf das Preisschild: 279 Franken möchte Oppo für das knapp 10,4 Zoll grosse Einsteiger-Tablet. Es ist gemacht für alle, die mit Tablets primär Videos schauen, im Web surfen oder gelegentlich ein Mobile-Game spielen.
Um das Fazit vorwegzunehmen: Wer ein preiswertes und technisch solides Android-Tablet sucht, das nicht billig aussehen soll, wird kaum enttäuscht.
Der Name mag wenig originell sein, die Bezeichnung «Air» verdient sich das 6,9 Millimeter dünne und lediglich 440 Gramm schwere Tablet aber redlich. Oppos Pad Air liegt angenehm in der Hand, ist auch ohne Hülle griffig und es ist leicht genug, um es über längere Zeit zu halten.
Für knapp 300 Franken erhält man ein gediegenes Design, 64 GB Speicher (mit Speicherkarte erweiterbar) und ein reaktionsfreudiges, aber nicht besonders helles Display. Für die Nutzung in Innenräumen geht die Helligkeit gleichwohl in Ordnung, völlig ausreichend ist auch die Auflösung von 2000 mal 1200 Pixeln.
Das Pad Air lässt sich flüssig bedienen, wobei der Mittelklasse-Prozessor und die 4 GB Arbeitsspeicher für Anwendungen wie Streaming, Social Media, einfache Mobile-Games und dergleichen ausgelegt sind.
Ich habe das Pad Air in den vergangenen zwei Monaten vorab genutzt, um News zu lesen und Fotos zu bearbeiten und bin mit der Performance zufrieden. An seine Grenzen stösst das Tablet bei anspruchsvolleren 3D-Games: Hier wird die Grafikqualität massiv heruntergeschraubt.
Das langgezogene Display im 16:10-Format ist gewöhnungsbedürftig, eignet sich aber bestens, um Filme und Videos zu schauen. Wer ein mittelgrosses Tablet hauptsächlich als Abspielgerät für Netflix, YouTube und Co. sucht und möglichst wenig schwarze Balken möchte, liegt mit diesem Seitenverhältnis goldrichtig. Umgekehrt sind für das Surfen im Web oder zum Arbeiten Apples iPad-Format (4:3) oder Microsofts Surface-Format (3:2) praktischer.
Dass Oppo das Pad Air nicht primär als Arbeitsgerät, sondern als «Netflix-Maschine» sieht, zeigt sich auch darin, dass man dem vergleichsweise günstigen Tablet vier Lautsprecher und Unterstützung für Dolby Atmos spendiert hat. Netflix, Disney Plus und Amazon Prime Video bieten ausgewählte Filme und Serien mit Dolby-Atmos-Tonspur (3D-Klang) an. Ein Klangwunder sollte man natürlich nicht erwarten, aber Dialoge werden klar wiedergegeben und für ein Tablet unter 300 Franken ist der Ton zufriedenstellend.
Übrigens: Kopfhörer müssen via Bluetooth oder USB-C-Port verbunden werden, eine klassische Kopfhörerbuchse gibt es nicht.
Wer sich das Pad Air zum Schauen von Filmen und Serien zulegen möchte, tut vermutlich gut daran, Oppos Schutzhülle mit Standfunktion für rund 35 Franken mitzubestellen. Weiteres Zubehör wie Bluetooth-Tastatur oder Eingabestift bietet Oppo bei uns (noch) nicht an. Interessierte müssen also auf Alternativen von Drittanbietern zurückgreifen.
Oppo gibt die Akkulaufzeit beim Videoschauen mit bis zu 12 Stunden an. Im Alltag mit gemischter Nutzung, hauptsächlich im Web surfen, hält der Akku bei mir rund 10 Stunden durch. Die solide Akkulaufzeit wird teils auch dadurch erkauft, dass das Display für meinen Geschmack bei wenig Umgebungslicht zu stark abdunkelt (andere würden dies vermutlich als augenschonend loben).
Wie erwähnt, ist das Pad Air in erster Linie für die Nutzung im Querformat ausgelegt. Umgekehrt fühlt es sich anfänglich seltsam an, das langgestreckte Tablet im Hochformat zu halten. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Dazu kommt aber das alte Problem, dass zahlreiche Android-Apps nach wie vor nicht für Tablets optimiert sind und daher den gegenüber Smartphones zusätzlichen Platz nicht sinnvoll ausnutzen.
Dass die Nutzung im Hochformat vermutlich nicht im Sinne des Erfinders ist, äussert sich unter anderem darin, dass die Front-Kamera zum Entsperren des Geräts oben liegt, wenn man es im Querformat nutzt. Diese Platzierung der Kamera ist insbesondere für Videogespräche praktisch. Schade, dass die Bildqualität äusserst dürftig ausfällt. Die Kamera auf der Rückseite ist sogar ein Totalausfall. Ich habe damit zwei Testfotos geknipst und sie danach nie mehr angerührt.
Das Pad Air kommt mit Oppos Benutzeroberfläche ColorOS for Pad, die auf Android 12 basiert. Grundsätzlich funktioniert alles wie bei anderen Android-Tablets, Oppo hat Android 12 aber ein paar zusätzliche Multitasking-Tricks beigebracht. Nebst dem üblichen Splitscreen mit zwei Apps und schwebenden Fenstern können auch zwei Instanzen einer Anwendung auf demselben Bildschirm ausgeführt werden. Im Splitscreen-Modus lassen sich Dateien per Ziehen und Loslassen von einer App in die andere einfügen.
Ferner lässt sich der Smartphone-Bildschirm drahtlos im WLAN auf das Tablet übertragen, sofern beide Geräte Oppos neuste Software-Version nutzen. Über die gemeinsame Zwischenablage kann so Text vom Smartphone aufs Tablet oder umgekehrt kopiert werden. Ausserdem können beispielsweise Fotos vom Smartphone per Ziehen und Loslassen in eine Powerpoint-Präsentation auf dem Tablet eingefügt werden.
Ob viele Käufer des Pad Air auf diese Multitasking- und Screen-Sharing-Funktionen gewartet haben, wage ich zu bezweifeln. Aber Oppo wird künftig zweifellos auch Tablets mit Fokus Business-User bringen. Spätestens bei einem Pad Pro werden solche Funktionen auf mehr Interesse stossen.
Selbst als absoluter Tablet-Muffel muss ich zugeben: Oppos Tablet-Premiere macht Spass. Das Pad Air ist elegant, technisch grundsolide und vor allem leichter als die allermeisten vergleichbar grossen Tablets.
Es ist genug schnell für leichte Arbeiten und einfachere Mobile-Games und eignet sich hervorragend für Netflix, YouTube und dergleichen. Das langgezogene Seitenverhältnis (5:3) bleibt indes Geschmacksache. Für Filme oder Games ist es sinnvoll, für alles andere eher weniger. Schade ist, dass Oppo bei uns nur die Basisversion mit 64 GB ohne Mobilfunk anbietet – immerhin ist der Speicher mit einer microSD-Karte erweiterbar. Alles in allem dürften genügsame Tablet-User mit dem Pad Air glücklich werden. Der Preis von 279 Franken ist dem Gebotenen angemessen.
Ehrlicherweise sei aber auch gesagt, dass es sich, vom geringen Gewicht abgesehen, nirgends von der Konkurrenz abzuheben weiss. Beispielsweise ist das gleich teure Samsung Galaxy Tab S6 Lite zwar etwas schwerer, aber auch ein bisschen schneller und der Stift ist inklusive. Zudem bekommt man für rund 50 Franken zusätzlich deutlich leistungsfähigere Tablets von Apple (iPad 2021) oder Xiaomi (Pad 5), die aber eben nicht so leicht sind.
Ansonsten bin ich mit Oppos leicht modifizierter Android-Benutzeroberfläche für Tablets rundum zufrieden. Enttäuschend ist, dass Oppo das Gerät nur drei Jahre mit Sicherheits-Updates versorgen will. Wenig berauschend ist zudem, dass nach wie vor viele Android-Apps nicht für Tablets optimiert sind. Dieses Manko kann man Oppo indes nicht anlasten.
Bleibt abschliessend zu sagen, dass mich auch das Pad Air nicht zum Tablet-User konvertieren wird. Die zwei Monate mit dem Tablet haben mir einmal mehr vor Augen geführt, dass ich eigentlich gar keines brauche. Das Testgerät ist bereits auf dem Weg zurück zu Oppo, dafür hat meine bessere Hälfte angedeutet, dass sie ja bald Geburtstag habe …