Huawei hat im November seine neuste Generation der Freebuds auf den Markt gebracht. Wie häufig bei Geräten der Chinesen erhält man auf dem Papier herausragende Technik zu einem (einigermassen) moderaten Preis. (Oder zumindest einiges günstiger als die Apple-Kopfhörer).
Wie schon Apple mit den Airpods Pro will auch Huawei mit einer aktiven Geräuschunterdrückung und langer Akkulaufzeit punkten. Doch kann ein so kleiner Kopfhörer Hintergrundgeräusche wirklich zuverlässig filtern? Huawei hat uns die Freebuds 3 zur Verfügung gestellt und wir haben sie nun fast drei Monate lang im Alltag getestet.
Während Apple bei seiner neusten Kopfhörer-Generation beim Formfaktor auf In-Ears setzt, bleibt Huawei bei den Earbuds. Optisch stechen die kleinen Kopfhörer dabei nicht mit besonders ausgefallenen Design-Elementen hervor.
Dennoch sind sie sauber verarbeitet und wirken so hochwertig, wie man das von Kopfhörern in dieser Preisklasse erwartet. Schön ist auch, wie die einzelnen Kopfhörer jedes Mal mit einem hörbaren Schnappen per Magnet in die Ladebuchse «zurückgesaugt» werden.
Richtig hübsch ist dafür das Ladebehältnis, das geschlossen fast wie aus einem Guss wirkt. Selbst die Taste, um die Kopfhörer zu koppeln, ist mit blossem Auge kaum zu sehen. Der Deckel hat dabei genau soviel Widerstand, dass man ihn einhändig aufschnippen kann.
Ob einem Earbuds, die nur auf dem Gehörgang aufliegen, besser gefallen als In-Ears, ist wohl Geschmacksache. In-Ears haben den Vorteil, dass sie formbedingt Aussengeräusche schon etwas dämmen.
Ein Vorteil von Earbuds ist dafür, dass der Gehörgang weiterhin gut belüftet wird. Das ist vor allem bei wärmerer Umgebung ein Vorteil, denn hier wird der Gehörgang nicht so schnell schwitzig. Übrigens macht ein bisschen Feuchtigkeit den Kopfhörern nichts aus, da sie IPX4-zertifiziert sind. Damit sind sie allseitig gegen Spritzwasser geschützt. Bei starkem Regen rausgehen sollte man aber doch nicht ohne Schirm.
Auf der Seite hat jeder Kopfhörer in einem kleinen Loch einen Sensor verbaut. Tippt man doppelt auf diesen, kann man gewisse Elemente steuern. Die Auswahl der Aktion kann dabei in der dazugehörigen App namens «AI Life» festgelegt werden:
Wem diese Funktionen lästig sind, kann sie auch komplett deaktivieren. Im Praxistest funktioniert das doppelte Antippen mal besser mal schlechter. Will man beispielsweise einen Song pausieren, klappt das meistens auf Anhieb. Ihn dann aber wieder abzuspielen ist manchmal eine kleine Geduldsprobe. Da tippt man dann schon einmal drei, vier, fünf Mal wie ein Depp auf dem Sensor rum, bis es weitergeht.
Immerhin muss man aber nicht so fest auf den Sensor tippen, dass es die Kopfhörer unangenehm in die Ohrmuschel drückt. Erkennt der Sensor das Antippen, dann schon bei leichtem Doppeltippen.
Alternativ kann man die Wiedergabe auch einfach unterbrechen, indem man sich einen Kopfhörer aus dem Ohr nimmt. Steck man ihn dann wieder in die Ohrmuschel, geht die Wiedergabe weiter. Das funktioniert beides zuverlässig.
Entfernt man einen Freebud 3 aus dem Ohr, dauert es etwa eine Sekunde, bis sich die Wiedergabe pausiert. Etwas schneller wird der Titel wieder abgespielt, wenn man den Kopfhörer zurück ins Ohr steckt.
Das Ganze hat aber einen Haken: Wer kein Huawei-Handy mit EMUI 10 hat, kann die Funktion nicht nutzen. Warum das so ist? Ich kann es mir nur damit erklären, dass man die Leute dazu bringen möchte, sich ein Huawei-Smartphone zu kaufen.
Auch die von Huawei beworbene Dual-Channel-Technologie, die den Ton separat an jeden Kopfhörer überträgt, funktioniert nur bei Huawei-Smartphones mit EMUI 10.
Wer möchte, kann die Freebuds 3 übrigens problemlos ohne dazugehörige App nutzen. In diesem Fall bleiben die Voreinstellungen der Gestensteuerung einfach bestehen.
Die kurze Antwort: Ja. Hier hat Huawei einwandfreie Arbeit abgeliefert. Während des Tests ist die Verbindung nicht einmal abgebrochen oder hat anderweitig Probleme gemacht.
Auch das Koppeln ist supereinfach, ist in Sekunden erledigt und hat beim Test mit verschiedenen Android-Smartphones, Windows-Computern und dem iPhone 11 problemlos geklappt.
Einziger Wermutstropfen: Man kann die Kopfhörer nicht mit zwei Geräten gleichzeitig verbinden. Zugegeben, sehr viele Situationen, in denen das nötig ist, gibt es wohl nicht, aber es wäre trotzdem ein nettes Feature gewesen.
Immerhin merken die Freebuds 3, wenn man ein neues Gerät verbinden möchte und trennen das alte Gerät in der Regel automatisch. Somit kommt es nicht zu Problemen oder unangenehmen Störgeräuschen im Ohr.
Das ist hier die grosse Frage. Mich hat das Active Noise Cancelling nicht überzeugt. Ich bin aber auch ein äusserst verwöhnter Tester, denn normalerweise nutze ich nur Over-Ear-Kopfhörer und deren ANC toppen keine Airpods, GalaxyBuds und wie sie sonst noch alle heissen.
Unter dem Strich kann man sagen: Ja, das ANC funktioniert. Der Unterschied von deaktiviertem zu aktiviertem ANC ist aber so marginal, dass es nicht als Kaufargument für die Freebuds 3 taugt.
Wie bei allen Kopfhörern mit Noise-Cancelling werden vor allem gleichmässige, monotone Geräusche herausgefiltert. So reduziert sich bei den Freebuds 3 beispielsweise das Rauschen im Zug ein bisschen. Aber eben wirklich nur ein bisschen.
Dennoch hört man mit den Freebuds 3 noch immer alle monotonen Umgebungsgeräusche gut genug, sodass man die Musik lauter stellen muss, was wiederum nicht gut für das Gehör ist. Das ist allerdings ein Problem, das sich nicht nur auf die Freebuds 3 beschränkt.
Ich kann mich hier nur wiederholen: Wer richtig gutes Noise Cancelling will, kauft sich einen Over-Ear-Kopfhörer. Eine gute Wahl wären hier beispielsweise der Bowers & Wilkins PX7 oder der Sony WH-1000XM3.
Beim Klang liefern die Freebuds 3 gute Qualität ab. Das Stereobild überzeugt und ist eines der Pluspunkte der Kopfhörer. Bei den Höhen und Tiefen haben die Freebuds 3 vor allem bei den Höhen ab etwa 15'100 Hertz Mühe, während die Tiefen sehr gut gemeistert werden. Damit sind die Kopfhörer eher etwas basslastig, auch wenn das durch die kleinen Treiber nicht so auffällt.
Erfreulich ist, dass die Kopfhörer selbst bei hoher Lautstärke gegen aussen dicht halten. So kann man also auch gerne Mal den Sound aufdrehen, ohne das der Sitznachbar im Zug unfreiwillig mithören muss.
Huawei gibt die Akkulaufzeit der Freebuds 3 mit vier Stunden an – in Verbindung mit dem Etui erhöht sich das auf 20 Stunden. Natürlich ist das nur ein theoretischer Wert, der sich vor allem bei aktiver Geräuschunterdrückung reduziert.
Im Schnitt halten die Kopfhörer mit aktivierter Geräuschunterdrückung etwa drei Stunden Musikwiedergabe durch, bevor sie wieder geladen werden müssen. Ohne ANC haben die Earbuds oft bis zu vier Stunden durchgehalten, in Ausnahmefällen sogar etwas länger. Hier spielt natürlich auch immer die Lautstärke und die genutzte Sensorik eine Rolle.
Sind die Kopfhörer leer, sind sie im Ladeetui in rund 30 Minuten wieder voll aufgeladen. Muss man die Kopfhörer und das Etui aufladen, dauert es etwas über 40 Minuten – allerdings nur mit einem entsprechenden leistungsfähigen Power-Adapter.
Wer ein Smartphone mit Reverse Charging besitzt (beispielsweise das Huawei P30 Pro oder Samsung Note 10+), kann das Etui auch einfach mit dem Handy aufladen. Das dauert dann allerdings einiges länger als via USB-C-Kabel.
Bei Earbuds ist es immer ein bisschen Glückssache, wie gut sie in den Ohrmuscheln sitzen. Vor allem billige Kopfhörer fallen teilweise schon bei leichtester Neigung des Kopfes aus dem Ohr oder verrutschen.
Die Freebuds 3 sitzen aber erstaunlich hartnäckig in den Ohren und fallen kaum von selbst heraus. Während des Testzeitraums sind sie selbst dann in den Ohrmuscheln geblieben, als der Autor dieses Reviews wie ein Irrer gerannt ist, um noch seinen Zug nach Luzern zu erwischen.
Anders sieht es natürlich bei mechanischer Auswirkung aus. Läuft es richtig dumm und jemand streift einem am Ohr, ist der Kopfhörer raus. Das ist dann natürlich das Worst-Case-Szenario, denn dann heisst die Devise: Suchen bis gefunden.
In meinem fast dreimonatigen Alltagstest sind mir die Kopfhörer aber tatsächlich nie abhanden gekommen. Nur einmal, als ich meine Mütze auszog und vergessen hatte, das ich die Kopfhörer drin habe, waren sie gleich raus. Aber das ist dann wohl auf meine eigene Dummheit zurückzuführen.
Bei Earbuds stellt sich natürlich auch immer die Frage, ob sich diese über längere Zeit tragen lassen, ohne zu schmerzen. In meinem mehrmonatigen Test war dies der Fall.
Jetzt aber hier pauschal zu antworten, die Kopfhörer würden niemals unangenehm drücken, geht schlicht nicht. Hier kommt es schlicht auch auf die Grösse des Ohres an.
Die Freebuds 3 sind gut verarbeitete Kopfhörer, die mit gutem Klang und einer exzellenten Bluetooth-Verbindung glänzen. Aufbewahrt werden sie in einem minimalistischen, stylischen Gehäuse. Auch die Akkulaufzeit ist okay, wenn auch nicht aussergewöhnlich. Leider schafft es auch Huawei nicht, die Geräuschunterdrückung bei Earbuds auf ein akzeptables Level zu heben.
Damit bleiben handliche Kopfhörer mit richtig gutem Active Noise Cancelling weiterhin ein Wunschtraum. Wem ANC wirklich wichtig ist, muss weiterhin zu einem Over-Ear-Kopfhörer greifen.
Um die im Titel gestellte Frage zu beantworten: Die Freebuds 3 müssen sich bezüglich Verarbeitung und Klang nicht vor den Airpods Pro verstecken. Nur beim Noise Cancelling haben die Airpods Pro noch etwas die Nase vorne. Hier kommt den Apple-Kopfhörern sicher auch der In-Ear-Formfaktor zugute. Dafür lässt sich das Apple auch mit rund 100 Franken mehr bezahlen als Huawei.
Die Freebuds 3 gibt es in den Farben schwarz, weiss und rot. Die UVP liegt bei 179 Franken, online gibt's die Kopfhörer aber schon ab rund 155 Franken.
Hab den Artikel jetzt zweimal durchgelesen, find dazu aber tatsächlich nichts. Schade.
Und zu Noise Cancelling: diese Aussage ist sehr subjektiv. Boses qc 20 funktionieren schliesslich auch zu genüge. Hier hätte ich mehr Details erwartet.