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Drohnen: Warum die Schweiz das Silicon Valley inspiriert

A drone in action is pictured during a freestyle qualifying round for the World Drone Racing Championships, at the Aeropole of Payerne, Switzerland, Sunday, August 7, 2016. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Eine Drohne bei der Drohnen-Weltmeisterschaft im schweizerischen Payerne.Bild: KEYSTONE

Drohnen: Warum die Schweiz das Silicon Valley inspiriert

Normalerweise kommen die Ideen aus dem kalifornischen Technologie-Zentrum in die Schweiz. Bei Drohnen ist es aber genau umgekehrt.
18.11.2016, 06:3818.11.2016, 12:43
Patrick Züst / aargauer zeitung
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Ingo Piroth schmunzelt. «Wir haben damals wirklich geglaubt, dass wir innovativ seien», sagt er und sein Schmunzeln wandelt sich zu einem Grinsen. Piroth ist Entwickler beim amerikanischen Technologie-Konzern IBM und erzählt von den ersten Drohnen, welche er und sein Team vor einigen Jahren gebaut hatten: «Wir waren überzeugt, dass wir etwas Neues geschaffen hatten, etwas noch nie Dagewesenes. Dann haben uns Schweizer Forscher angerufen und erzählt, dass sie das schon seit Jahren so machen.» Der Saal lacht.

Beim Eröffnungspodium der Drone World Expo diskutiert Piroth zusammen mit vier weiteren Experten über autonomes Fliegen, den Luftraum der Zukunft und ein bisschen auch über die Schweiz. Denn wenn es um Drohnen geht, ist diese omnipräsent. Die Schweiz kann nicht nur mithalten, sondern bedeutend mitwirken; ein Besuch bei der internationalen Drohnen-Konferenz im kalifornischen San José hat das eindrücklich gezeigt.

Während der vergangenen zwei Tage herrschte hier, im Silicon Valley, ein konstantes Surren. Es stammt nicht von den Spielzeug-Quadrocoptern, die bald unter den Weihnachtsbäumen liegen werden, dann einige Male im Garten abheben und schliesslich für Jahre in der Garage landen. Das Surren kommt von jenen industriellen Drohnen, welche die Welt verändern sollen. «Was wir hier sehen, sind bald die Augen und die Ohren unseres Planeten», sagt Lawrie Jordan, Drohnen-Verantwortlicher beim amerikanischen Forschungsinstitut ESRI. «Drohnen sind nicht nur ein Spielzeug, sie sind die Basis für eine vernetzte Welt. Sobald sie komplett autonom sind, werden wir sie für Dinge verwenden, die wir uns heute noch nicht mal vorstellen können.»

Die Schweiz hebt ab

Ursprünglich wurden Drohnen für das Militär entwickelt, in den vergangenen Jahren haben sie dann jedoch sukzessive private Haushalte und schliesslich die Wirtschaft erobert. Dort sollen sie schon bald standardmässig Pakete ausliefern, Baustellen vermessen und Getreidefelder untersuchen. Ermöglicht wird dies unter anderem durch die Grundlagenforschung, die an der ETH Zürich und an der EPFL in Lausanne betrieben wird: Die Drohnen-Technologie aus der Schweiz schafft es regelmässig in die internationalen Medien und wird auf der ganzen Welt verwendet.

Auch an der World Drone Expo zeigen mehrere Experten Videos von Schweizer Drohnen, die mit Bällen jonglieren, selbstständig Hindernisse umfliegen oder bei Zirkus-Nummern mitspielten. Das Silicon Valley holt sich Inspiration in der Schweiz. Normalerweise ist es umgekehrt.

«Wenn Leute die Schweiz als ‹Silicon Valley der Drohnen› bezeichnen, dann ist das sicher nicht ganz aus der Luft gegriffen», sagt Ingenieur Roger Ohlund. An der World Drone Expo repräsentiert er einen schwedischen Konkurrenten des grössten Schweizer Drohnen-Herstellers Sensefly: Die Firma mit Sitz in Lausanne ist ein Spin-off der EPFL und produziert Leichtgewicht-Drohnen, die vor allem für Vermessungen eingesetzt werden. Unterdessen hat das Unternehmen 130 Angestellte. Es sei eines von vielen Schweizer Projekten, welche man in der Szene sehr genau beobachte, sagt Ohlund. «So viele gute Drohnen auf so kleinem Raum! Ich weiss wirklich nicht, wie ihr Schweizer das macht – aber ihr macht es richtig gut», lobt der Schwede.

Andrea Halter holds up an Exom senseFly drone at the Parrot booth during the International CES Tuesday, Jan. 6, 2015, in Las Vegas. (AP Photo/John Locher)
Eine Drohne von Sensefly an einer Veranstaltung in Las Vegas letztes Jahr.Bild: John Locher/AP/KEYSTONE

Während in der Schweiz bei Drohnen-Projekten häufig der wissenschaftliche Aspekt im Fokus steht, dreht sich bei der World Drone Expo alles ums Geld. Es geht um Promotion, nicht um Innovation. Das ist der Hauptgrund dafür, wieso an diesen zwei Tagen keine Schweizer Produkte präsentiert werden. Statt autonomer Forschungs-Drohnen sind hier robuste Fluggeräte mit industrieller Anwendung gefragt. Auf viel Interesse stösst beispielsweise die DELTA LRX aus Neuseeland: Im Vergleich zu den EPFL-Drohnen ist sie ein Monstrum. Sie ist zwölf Kilogramm schwer und fast zwei Meter breit. Bei einem Absturz wird automatisch ein Fallschirm aktiviert, welcher das 40'000-Dollar-Gerät vor dem harten Aufprall bewahrt. Sie ist unter anderem mit einer Infrarot-Kamera ausgerüstet, die Gebäude auf Wärmelecks untersucht.

127-Milliarden-Dollar-Markt

Durch kommerzielle Anwendungen von solchen Drohnen soll in den kommenden Jahren ein Markt von rund 127 Milliarden Dollar entstehen, schätzen Analysten der Firma PwC. Der viel diskutierte Drohnen-Lieferdienst soll dabei nur einen kleinen Teil ausmachen. Viel wichtiger seien Anwendungen in der Landwirtschaft, im Verkehr oder in der Baubranche.

Jetzt auf

Die Drohnen sind in der Privatwirtschaft gelandet. Wie schnell sie sich in den verschiedenen Industrien etablieren können, ist unterdessen nicht mehr abhängig von den technologischen Entwicklungen, sondern von den gesetzlichen Regulationen. Momentan sind diese nämlich noch sehr strikt. Das wird sich aber wohl bereits in naher Zukunft ändern. Drohnen dürften dann den Durchbruch endgültig schaffen und in so mancher Branche zu starken Veränderungen führen.

Die Schweiz hat diese Entwicklung entscheidend mitgeprägt. Ob sie aber bald neben der Forschung auch bei der Kommerzialisierung von Drohnen ganz vorne mitmischen kann, das wird sich noch zeigen. (aargauerzeitung.ch)

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