Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen für Roaming im Ausland ohne Datenpakete zum Teil bis zu 975 Mal mehr. Die Stiftung für Konsumentenschutz fordert nun den Bundesrat auf, die «massiv überteuerten Roaming-Tarife» zu deckeln.
Eine vom Konsumentenschutz in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass zum Beispiel ein Prepaid-Kunde des Telekomanbieters Salt für ein Datenpaket von 1 Gigabyte (1024 Megabyte) im Ausland 19.95 Franken bezahlt. Surft er ohne diese Zusatzleistung, bezahlt er pro Megabyte 19 Franken.
«Das ist etwa so, wie wenn der Kaffee im Restaurant statt 4.50 Franken plötzlich 4390 Franken kosten würde», wird Konsumentenschutz Geschäftsleiterin Sara Stalder in einem Communiqué vom Freitag zitiert. Bei den anderen Anbieter sieht es ähnlich aus: Sunrise verlange von seinen Prepaid-Kunden für Roaming im Ausland ohne Datenpaket 68 Mal höhere Tarife, Swisscom 31 Mal höhere und UPC 263 Mal höhere Tarife.
Wenn man davon ausgehe, dass die Anbieter auch beim Verkauf eines Datenpakets eine Gewinnmarge einberechneten, müssten die Margen beim Standard-Tarif ja «astronomisch hoch sein, heisst es in der Medienmitteilung weiter. Der Konsumentenschutz fordert deshalb, dass «dieser unnötigen jahrzehntelangen Abzocke» jetzt endlich der Riegel geschoben wird.
Bisher habe der Bundesrat stets argumentiert, dass der Schweiz – nach Einschätzung des Bundesamt für Kommunikation (Bakom) – die gesetzliche Grundlage fehle, um unilaterale Preisobergrenzen für Roaming-Tarife festzulegen. Ein vom Konsumentenschutz in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt jetzt aber zu einem anderen Schluss.
So schreibt Professor Andreas Stöckli vom Institut für Föderalismus der Universität Freiburg, dass das Fernmeldegesetz dem Bundesrat die Kompetenz gebe, eine Regelung «zur Vermeidung unverhältnismässig hoher Endkundentarife zu erlassen und Massnahmen zur Förderung des Wettbewerbs zu treffen».
Einseitig erlassene Preisobergrenzen seien im Gesetz zwar nicht explizit genannt. Doch es sei davon auszugehen, dass auch Bestimmungen eingeschlossen seien, die «unmittelbar in die Preis- und Angebotsgestaltung der betroffenen Anbieterinnen von Fernmeldediensten eingreifen», schreibt Stöckli.
Das Parlament hatte das revidierte Fernmeldegesetz vor rund einem Jahr verabschiedet. Im Dezember präsentierte der Bundesrat die Details zur Umsetzung, die Vernehmlassung zum Verordnungspaket läuft bis zum 25. März.
Darin will der Bundesrat die Anbieterinnen aber lediglich dazu verpflichten, die Kundinnen und Kunden im Ausland über die Roamingkosten zu informieren. Der Konsumentenschutz hingegen fordert die Festlegung von Preisobergrenzen beim Roaming für Privat- und Geschäftskunden. Jetzt sei der Zeitpunkt, um noch einmal zu intervenieren, bevor es zu spät sei, sagte Stalder auf Anfrage.
Das Bakom teilte auf Anfrage mit, es halte trotz Stöcklis Gutachten an seiner Einschätzung der Gesetzeslage fest. Denn der Bundesrat habe in seiner Botschaft zur Revision des Fernmeldegesetzes explizit auf die Möglichkeit verzichtet, beim Roaming eine unilaterale Preisobergrenze festlegen zu können.
Und auch bei der parlamentarischen Debatte sei diese Kompetenz nie gefordert worden. Vor diesem Hintergrund erachte es Stöcklis Schlüsse als «nicht nachvollziehbar». Trotzdem will sich das Bakom mit der Stiftung für Konsumentenschutz treffen, um das Thema Roaming-Tarif zu besprechen.
(aeg/sda)