Neun Facebook-Insider haben seit März 2018, als der Datenskandal um Cambridge Analytica publik wurde, Aktien im Wert von etwa 4,13 Milliarden US-Dollar verkauft. Das mit Abstand grösste Paket entfällt auf Mark Zuckerberg: 3,5 Milliarden.
WhatsApp-Gründer Jan Koum verkaufte Aktien im Wert von 461 Millionen Dollar. Am 30. April 2018 verabschiedete er sich von Facebook.
Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg strich in den letzten Monaten 77 Millionen ein.
Die weiteren Facebook-Manager, die vor dem gestrigen Absturz der Facebook-Aktie Anteile verkauft hatten, hat die auf Wirtschaftsthemen spezialisierte Nachrichtenagentur Bloomberg im folgenden Tweet aufgelistet. Darunter befinden sich IT-Chef Mike Schroepfer und Finanzchef David Wehner.
Facebook insiders have sold $4 billion in shares since the Cambridge Analytica scandal https://t.co/M17igaMYDK pic.twitter.com/7xg4gVoQcm
— Bloomberg (@business) July 26, 2018
Bei den Aktien-Verkäufen handelt es sich nicht etwa um illegalen Insiderhandel, sondern reguläre Verkäufe, die Teil eines vorher festgelegten Handelsplans waren. Die hochrangigen Facebook-Mitarbeiter konnten gewaltige Gewinne realisieren, da die Aktie in den letzten fünf Jahren um fast 600 Prozent zugelegt hatte. Die Aktie war bis zum Crash auf Rekordjagd und hatte vor der Präsentation der Quartalszahlen noch einen neuen Höchststand erreicht.
Mark Zuckerberg lost $16.8 billion in a day—enough to wipe out 87% of the billionaires on Bloomberg's index https://t.co/E3XA6zB6u3 pic.twitter.com/KF3JnF89Vx
— Bloomberg (@business) 26. Juli 2018
Lange schien Facebook unantastbar. Doch nach dem Skandal um Cambridge Analytica und den neuen EU-Datenschutzregeln zeigt das Netzwerk plötzlich Schwäche.
Das weltgrösste Online-Netzwerk hat im vergangenen Quartal die Prognosen bei Umsatz und Nutzerzahlen verfehlt, wie das US-Unternehmen am Donnerstag mitteilte. In Europa ging die Zahl der aktiven User nach Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung erstmals zurück.
Die verpassten Analysten-Erwartungen und die vorsichtige Prognose der Führungsriege machten sich direkt bemerkbar: So stürzte die Aktie zeitweise um über 23 Prozent ab – der Börsenwert sank dadurch zeitweise um fast 150 Milliarden Dollar (128 Milliarden Euro). Zwischenzeitlich liegt der Verlust bei rund 123 Milliarden Dollar. Dies könnte der grösste Tages-Crash einer Firma aller Zeiten sein.
Here's how Facebook's $151 billion rout could rewrite the history books https://t.co/3HkO51t9uB pic.twitter.com/aybM7HdB29
— Bloomberg (@business) 26. Juli 2018
Dennoch ist Facebook weiterhin eine Geldmaschine. Der Quartalsumsatz stieg dank des boomenden Geschäfts mit Online-Werbung im Jahresvergleich um 42 Prozent auf 13,23 Milliarden Dollar (11,31 Mia. Euro). Der Gewinn wuchs um 31 Prozent auf 5,1 Milliarden Dollar.
Facebook betonte, die europäische Datenschutz-Grundverordnung habe zumindest bisher den Umsatz nicht beeinträchtigt. Zugleich fiel die Zahl mindestens einmal im Monat aktiver Nutzer in Europa aber von 377 auf 376 Millionen. Bei den täglich zurückkehrenden Mitgliedern gab es sogar einen Rückgang von 282 auf 279 Millionen. Firmenchef Mark Zuckerberg sagte zugleich, es sei ermutigend, dass die grosse Mehrheit der Nutzer in Europa der weiteren Datenauswertung für personalisierte Werbung zugestimmt habe.
Insgesamt legte die Zahl monatlich aktiver Facebook-Nutzer weltweit von knapp 2,2 auf 2,23 Milliarden zu. Das Wachstum verlangsamte sich damit. In dieser Situation führte der Konzern eine neue Rechenart ein: Auf mindestens eine App des Konzerns – dazu gehören auch die Fotoplattform Instagram und der Chatdienst WhatsApp – griffen im Juni rund 2,5 Milliarden Nutzer zu, hiess es.
Bei den Anlegern kamen die Nutzerzahlen aber schlecht an, weil die Reichweite entscheidend für Facebooks Werbegeschäft ist. Inwieweit der Sturm der Kritik nach dem Datenskandal um Cambridge Analytica ebenfalls das Wachstum gebremst haben könnte, blieb unklar. Facebook war massiv in die Kritik geraten, weil Daten von Millionen Nutzern an die britische Firma geflossen waren. Im nordamerikanischen Heimatmarkt wachsen die Nutzerzahlen seit mehreren Quartalen nicht mehr. Dabei machte Facebook in Nordamerika im vergangenen Quartal mehr als 25 Dollar Umsatz pro Nutzer. In Europa waren es nur 8,6 Dollar.
Facebook selbst hatte zuvor gewarnt, dass die Zahl der monatlich und täglich aktiven Nutzer in Europa im zweiten Quartal voraussichtlich stagnieren oder leicht zurückgehen werde. Grund sei die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU, die seit dem 25. Mai befolgt werden muss. Es war auch das erste komplette Quartal seit Bekanntwerden des Cambridge Analytica-Skandals.
Das Online-Netzwerk kommt nicht aus der Kritik heraus. Vor Cambridge Analytica war es um die Rolle von Facebook im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 gegangen, als soziale Medien für mutmasslich von Russland aus geführte Propaganda-Kampagnen und die Verbreitung gefälschter Nachrichten benutzt wurden. «Insgesamt ist es ein entscheidendes Jahr für Facebook», sagte Zuckerberg.
Schlechte Nachrichten gab es auch aus China, wo der Zugang zu Facebook von der Zensur blockiert wird. Einer neuen chinesischen Tochterfirma wurde nach nur einem Tag die Zulassung wieder entzogen. Die Entscheidung habe die Cyber-Verwaltung in Peking getroffen, berichtete die «New York Times» am Donnerstag.
(oli/awp/sda/dpa)