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Warum die Schweizer EU-Gegner nicht jubeln mögen

«Der Ausgang der Wahl ist Eher negativ für die Schweiz»: SVP-Nationalrat Luzi Stamm.
«Der Ausgang der Wahl ist Eher negativ für die Schweiz»: SVP-Nationalrat Luzi Stamm.Bild: KEYSTONE

Warum die Schweizer EU-Gegner nicht jubeln mögen

Der Sieg der EU-Gegner bei den Europawahlen ist für die Schweiz eher eine schlechte Nachricht, glauben Bundespolitiker.
27.05.2014, 04:3527.05.2014, 08:18
Ein Artikel von Aargauer Zeitung
Aargauer Zeitung
Stefan Schmid / Aargauer Zeitung
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Europas Rechtspopulisten lassen die Korken knallen. Stärkste Partei in Grossbritannien, Nummer eins in Frankreich, vor allen anderen in Dänemark. Und auch in Italien oder Griechenland haben die Brüssel-Skeptiker bei den Wahlen ins EU-Parlament gut abgeschnitten. Die Nationalisten sind untereinander indes nur sehr lose verbunden. Was sie eint, ist ihre Abneigung gegenüber Brüssel. Zurück zu nationalen Währungen, zurück in den vermeintlich schützenden sozial- und wirtschaftspolitischen Schoss von Mutter Nation, zurück in eine Zeit, wo es in Europa noch keine supranationalen Strukturen mit Entscheidungskompetenzen in Brüssel gab. 

Dies alles müsste die grundsätzlich EU-skeptischen Schweizer Politiker eigentlich freuen. Es haben europaweit jene politischen Ansichten Auftrieb, die hierzulande schon immer mehrheitsfähig waren. Doch in Champagnerlaune ist niemand. 

Beschränkter Einfluss 

Luzi Stamm, Aargauer SVP-Nationalrat und Schweizer EU-Gegner an vorderster Front, hält die Auswirkungen für «vernachlässigbar», in der Tendenz aber eher negativ für die Eidgenossenschaft. «Je mehr die EU-Verantwortlichen die EU nach unten wirtschaften, desto mehr erhöhen sie den Druck auf die Schweiz», sagt Stamm. Grundsätzlich sei er erfreut über das gute Abschneiden der EU-Skeptiker. «Viel wichtiger für die Zukunft der Schweiz aber ist, wie sich Bundesbern verhält.» Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) plant laut Stamm jedenfalls keine Zusammenarbeit mit französischen oder britischen EU-Gegnern. 

Skeptisch ist auch FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter: Für die Schweiz werde es «eher schwieriger», in den anstehenden Verhandlungen über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative wie auch über die Zukunft des bilateralen Wegs, Zugeständnisse zu erhalten. Konservative und Sozialdemokraten seien nach wie vor «klar in der Mehrheit». Diese Parteien würden jetzt umso entschlossener die Grundprinzipien der EU verteidigen. Am ehesten sieht Keller-Sutter Spielraum beim Zugang zu den Sozialwerken. Da zeichne sich auch in der EU eine Neuregelung ab. 

«Keine Auswirkungen auf die Schweiz»

Nüchtern sieht es der EU-Experte: «Die EU-Wahlen haben keine merkbaren Auswirkungen auf die Schweiz», sagt Dieter Freiburghaus, emeritierter Professor für Europafragen. Die Europawahlen seien übermorgen vergessen, und im Parlament hätten nach wie vor die Proeuropäer eine überwiegende Mehrheit. Die Gesprächspartner betonen unisono: Vieles sei Kaffeesatzlesen, weil noch nicht klar ist, wie die neue EU-Kommission personell und parteipolitisch zusammengesetzt sein wird. Betont werden muss auch, dass das EU-Parlament aussenpolitisch die dritte Geige hinter der Kommission und dem Rat spielt. Es ist in den letzten Jahren zwar stets mächtiger geworden – auch in der Gestaltung der Aussenbeziehungen. Doch die Musik spielt immer noch anderswo. 

Der Ausgang der Wahlen werde Europa nicht bremsen, sagt Freiburghaus. Die Situation Frankreichs etwa habe mit der EU kaum etwas zu tun, sondern sei ein nationales Problem. «Die EU ist dabei, sich aus ihrer tiefen Krise herauszuwinden, und diesen Weg wird sie weitergehen. Er ist alternativlos», sagt Freiburghaus. 

Für die Schweiz bedeutet dies: Es bleibt vieles beim Alten. Oder wie es der abtretende Kommissionspräsident José Barroso zu sagen pflegt: «Wer am Binnenmarkt teilnehmen will, muss die Spielregeln akzeptieren.» 

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