Ueli Maurer im Gespräch mit Luftwaffenpilot Pierre de Goumoens (R) in Payerne im März 2014. Bild: Reuters
Aus geleakten Dokumenten geht hervor, wie der schwedische Botschafter Parlamentarier für den Gripen gewinnen wollte. Und was er von den Schweizer Politikern hält.
Der schwedische Botschafter in der Schweiz, Per Thöresson, hat vergangenen Sommer mehr Einfluss auf die Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats ausgeübt, als bisher bekannt war. Das schwedische Radio veröffentlichte heute die Berichte und Lageeinschätzungen Thöressons. Diese zeigen, wie der Botschafter die Stimmabsichten der Kommissionsmitglieder und damit die Chancen für das Gripen-Geschäft in der Kommission vor der Abstimmung im August 2013 beurteilte.
Schwedischer Botschafter Per Thöresson Bild: KEYSTONE
Für Thöresson waren insbesondere FDP-Präsident Philipp Müller und zwei SVPler Knacknüsse: Militärpilot Thomas Hurter und Verteidigungsminister Ueli Maurer. Thöresson war zuversichtlich, dass es ihm gelingen würde, Hurter und Müller vom Geschäft überzeugen zu können, wenn es ihm gelinge, ihnen darzulegen, dass die Schweiz bis zum Gripen-Kauf mehr Geld von Schweden erhält, als umgekehrt.
Auch Maurer konnte von den Schweden überzeugt werden, wie die Dokumente zeigen. «Er schätzt unsere offenen Diskussionen und nimmt gerne unsere Vorschläge entgegen, welche Parlamentarier noch bearbeitet werden müssen.»
Die folgenden Textpassagen aus den Berichten des Botschafters ins Hauptquartier nach Schweden zeigen, mit welchem Selbstverständnis Thöresson das Stimmen-Lobbying unter den Schweizer Parlamentariern und die Disziplinierung Ueli Maurers und seiner Chefbeamten betrieb:
Ueli Maurer hatte ein Meeting des schwedischen Botschafters mit SVP-Nationalrat und Militärpilot Thomas Hurter arrangiert. Dieser hatte zuvor als Spezialist und Präsident der Subkommission Tiger-Teilersatz den Gripen abgelehnt, weil er lieber Eurofighter wollte.
Thöresson berichtet, dass es Maurer gelungen sei, seine für die Gripen-Beschaffung zuständige Delegation dazu zu bringen, sich gegenüber den Gripen-kritischen Parlamentariern ein wenig in den Staub zu werfen. Für das grosse Ganze, quasi.
Thöresson misstraute Ueli Maurers Launen offenbar, ging aber nicht davon aus, dass Maurer das Geschäft absichtlich torpedieren würde. Einen Monat vor der entscheidenden Abstimmung in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates rechnet Thöresson mit einem Ergebnis von 14 zu 10 Stimmen für den Gripen bei einer Enthaltung.
Thöresson freut sich über die Absenz armeekritischer Parlamentarier in der Kommission und weist erneut auf das Risiko Maurer hin.
Thöresson ist aber sicher, dass das Geschäft in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates mit Hilfe der gesamten FDP-Belegschaft in der Kommission durchkommt, wenn Maurer es nicht «total versaut».
Die Schweden hatten nach dem Entscheid des Ständerates zum Kampfjet vom 5. März 2013 mit intensiverem Lobbying begonnen, nachdem die kleine Kammer, die für den Kauf nötige Ausgabenbremse nicht gelöst hatte. Inbesondere, weil man wusste, dass der Nationalrat dem Geschäft gegenüber kritischer eingestellt ist als der Ständerat.
Auf FDP-Präsident Philipp Müller nahm Thöresson über die Nationalrätin und Sicherheitspolitikerin Corina Eichenberger im Juni 2013 Einfluss. Am 19. August traf er sich mit Müller, Eichenberger und FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher.