Laut US-Präsident Donald Trump waren die Bombardierungen dreier Atomanlagen des Iran ein voller Erfolg. Das iranische Nuklearprogramm sei «ausgelöscht worden», verkündete er feierlich. Es sei nun Zeit, dass im Nahen Osten eine Zeit des Friedens und des Wohlstands anbreche.
Trumps Ankündigung ist primär das Ausschlachten eines langersehnten politischen Erfolges – und Wunschdenken. Denn die Sachlage ist weiterhin kompliziert.
Letzteres bekräftigte der Leiter der iranischen Atomenergiebehörde (AEOI) Mohammad Eslami im Staatssender IRIB. Dass dies weiterhin unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEO geschieht, ist nach den Bombardements der USA allerdings fragwürdig. Das schreibt Professor Anthony Burke von der University of New South Wales in Sydney in einem Kommentar in The Conversation.
Er verweist darauf, dass das Hauptmotiv einer iranischen Atombombe nicht die viel zitierte Vernichtung von Israel sei (das selbst über 90 bis 400 Atombomben verfügt). Das iranische Regime begehre die Atombombe aus Selbstschutz – um einen vom Ausland militärisch initiierten Regimewechsel zu verhindern. Man habe vom Fall von Saddam Hussein im Irak gelernt.
Die Bombardements und Donald Trumps öffentliches Liebäugeln mit einem Sturz der iranischen Regierung hätten den Wunsch nach einer Atombombe nicht verringert, sondern vergrössert. Burke spekuliert, Iran könnte nun den «nordkoreanischen Weg» gehen.
Nordkorea unterzeichnete 1985 den Atomwaffensperrvertrag, trat 2003 aber wieder davon zurück. Aufgrund der völkerrechtlich garantierten Staatensouveränität ist dies sämtlichen Unterzeichnern erlaubt. Die «Kündigungsfrist» beträgt drei Monate. Wie zuletzt der Iran verstiess Nordkorea zwischen 1985 und 2003 mehrfach gegen das Protokoll. Nur drei Jahre nach dem Austritt kam es 2006 in Nordkorea bereits zu ersten bestätigten Kernwaffentests.
Verschiedene Hinweise deuten darauf hin, dass der Iran, der den Sperrvertrag ebenfalls unterzeichnete, endgültig nicht mehr mit der IAEO zusammenarbeiten wird. Gleich nach den amerikanischen Bombardements segnete ein iranischer Parlamentsausschuss einen Gesetzesentwurf ab, der vorsieht, die Zusammenarbeit mit der IAEO auszusetzen. Gleichzeitig nannte Irans Gesandter bei der Atombehörde die US-Angriffe «einen fundamentalen und irreparablen Schlag gegen den Atomwaffensperrvertrag». Der bestehende Rahmen sei damit unwirksam geworden.
Wie viele Experten ist sich Burke nicht sicher, ob das iranische Nuklearwaffenprogramm langfristig vernichtet wurde: «Vielleicht wurde die iranische Bombe auch nur um ein paar Jahre verzögert.» Für den Fall, dass der Iran tatsächlich zur Atommacht aufsteigen sollte, erwartet Burke einen Domino-Effekt. Andere Länder, beispielsweise Saudi-Arabien, könnten sich bedroht fühlen und in der Folge ebenfalls aus dem Sperrvertrag austreten. Im schlimmsten Fall würde das eine Kettenreaktion auslösen, die die einstmals wirksame Massnahme gegen eine weltweite Aufrüstung zu einem Papiertiger verkommen liesse.