Gesellschaft & Politik

Alles, was Irans Ruhani nicht sagt, kann gegen ihn verwendet werden

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Bild: EPA/KEYSTONE
Kritik von israel und den Scheichs

Alles, was Irans Ruhani nicht sagt, kann gegen ihn verwendet werden

Die versöhnlichen Worte des iranischen Präsidenten kommen am WEF gut an. Das passt den Vertretern Israels überhaupt nicht. Also kritisieren sie, was Hassan Ruhani aus ihrer Sicht alles versäumt hat zu erwähnen.
25.01.2014, 10:04
Kian Ramezani
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Die Latte hing tief, aber Hassan Ruhani hat sie genommen. In deutlichem Kontrast zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad verzichtete der iranische Präsident bei seinem Auftritt in Davos auf Provokationen.

Stattdessen warb der 65-jährige Geistliche für Investitionen in die iranische Wirtschaft, verurteilte den Terrorismus und zeigte sich zuversichtlich, dass die Feindschaft mit den USA schon bald in eine Freundschaft übergehen werde. All dies mit einem Lächeln im Gesicht.

Highlights aus Ruhanis WEF-Rede

Video: Youtube/World Economic Forum

Die neuen Töne aus dem Iran kamen bei den WEF-Besuchern gut an. Aber nicht bei allen: Der israelische Präsident Schimon Peres kritisierte Ruhani nach dessen Rede scharf. Nicht für das, was er sagte. Sondern für das, was er nicht sagte:

  • «Er sprach sich nicht für Frieden im Nahen Osten aus.»
  • «Er sagte nicht unmissverständlich, dass die Zeit für Israelis und Araber gekommen ist, Frieden zu schliessen.»
  • «Er hat keinen Stopp der Waffenlieferungen für die Hisbollah verkündet.»
  • «Er hat keinen Produktionsstopp für Langstreckenraketen verkündet.»
  • «Er hat nicht das Ende Irans als Terrorzentrale unserer Zeit verkündet.»
Bild: KEYSTONE

Soweit das israelische Staatsoberhaupt. Auch der Chefredaktor der englischsprachigen Ausgabe von «Al Arabiya» vermisste das eine oder andere in Ruhanis Rede: «Er liess nicht duchblicken, dass er zumindest erwägt, seine Revolutionsgarden aus Syrien abzuziehen», schrieb Faisal Abbas in einem Kommentar mit dem Titel «Was Ruhani NICHT sagte». 

Bei Ruhanis Vorgänger Ahmadinedschad hatten Israel und die Golfmonarchien stets leichtes Spiel: In keiner Rede fehlten die obligaten Giftpfeile Richtung Tel Aviv und die Kritik am heuchlerischen Westen. Solche Polemik vermeidet Ruhani tunlichst. So bleibt den Gegnern Irans nur der Kunstgriff, ihm seine verbalen Versäumnisse vorzuhalten. 

Hassan Ruhani hätte in seinen 35 Minuten Redezeit die Möglichkeit gehabt, auf einige der genannten Punkte einzugehen. Allerdings ist er mit dieser Unterlassung nicht allein. 

  • Schimon Peres hat keinen Siedlungsstopp im Westjordanland verkündet. 
  • Rick Perry, Gouverneur von Texas, hat sich nicht für die Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen.
  • Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat kein Zugehen auf die Opposition in Aussicht gestellt (allerdings hatte er dazu auch keine Gelegenheit, weil er wegen der Gewalt daheim kurzfristig ausgeladen worden war).
  • Der japanische Premier Shinzo Abe entschuldigte sich nicht für seinen Besuch im umstrittenen Yasukuni-Schrein, wo auch Kriegsverbrechern gedacht wird. 
  • Der ägyptische Vize-Premier Hazem El-Beblawi sprach nicht von Aussöhnung mit den Muslimbrüdern.  

Die Liste könnte beliebig weitergeführt werden. Allerdings liegt es im Auge des Betrachters, was er sich von der Rede eines anderen erhofft. Praktikabler bleibt deshalb die kritische Würdigung dessen, was tatsächlich gesagt wurde.

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