Wer ist der intelligenteste Mensch aller bisherigen Zeiten? Die Frage lässt sich nicht beantworten – aus mehreren Gründen. Zum einen ist es schwierig, Intelligenz zu definieren, zum andern können wir längst verstorbene Geistesgrössen nicht postum einem Intelligenztest unterziehen. Hinzu kommt, dass vermutlich äusserst intelligente Menschen unter uns weilen, die ihr Licht lieber unter den Scheffel stellen – oder erst gar nicht die Chance erhalten, ihr Potenzial zu entfalten.
Zwar haben wir alle wohl eine mehr oder minder klare Vorstellung davon, was Intelligenz ist. Es ist offenkundig, dass Menschen sich in ihren kognitiven Fähigkeiten mitunter deutlich voneinander unterscheiden. Doch wenn es darum geht, Intelligenz zu definieren, wird es schwierig. Eine einigermassen tautologisch anmutende Definition sagt etwa: Intelligenz ist, was der Intelligenztest misst.
Die Ergebnisse von Intelligenztests werden oft missverstanden oder gar missbraucht – etwa zur Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen – und sollten daher mit gebührender Vorsicht zur Kenntnis genommen werden. Da die Tests fast immer einen sprachlichen Teil enthalten und überdies stets ein Wissen über die Welt abfragen, sind sie zudem in aller Regel kulturellen Einflüssen unterworfen.
Landläufig gilt der sogenannte Intelligenzquotient (IQ), der von einigen, aber längst nicht allen Intelligenztests ermittelt wird, als Mass aller Dinge, wenn es um die Messung von Intelligenz geht. In der Fachwelt ist er hingegen weniger gebräuchlich, da er leicht verabsolutiert werden kann und dann – unabhängig von einer konkreten Fragestellung – als vermeintlich objektive Grösse wie das Körpergewicht verwendet wird.
Jedenfalls gilt es zu beachten, dass der IQ-Wert keine Masseinheit ist – jemand mit einem IQ von 130 ist nicht 30 Prozent klüger als jemand mit einem IQ von 100. Es handelt sich vielmehr stets um einen Wert in einer Skala mit dem Mittelwert 100, der in Bezug zu einer Normalverteilung der Intelligenz in einer bestimmten Referenzgruppe steht. In der Theorie gibt es keine Grenze für den IQ-Wert, doch je höher er steigt, desto zweifelhafter wird er, da es nicht genügend normative Fälle gibt, auf denen eine statistisch begründete Rangfolge basieren könnte.
Brauchbare Intelligenztests gibt es erst seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Sie haben sich zudem im Laufe der Zeit verändert. Deshalb ist es nur schon problematisch, die zu verschiedenen Zeiten erreichten Werte zu vergleichen. Und Personen, die vor der Entwicklung solcher Tests lebten, kann lediglich ein geschätzter IQ zugeschrieben werden; es versteht sich von selbst, dass es sich dabei um einen höchst subjektiven Vorgang handelt.
Das zeigt sich auch an zwei häufig zitierten Werken, die genau dies versucht haben: 1926 berechnete die amerikanische Psychologin Catherine Cox in ihrem Werk «Early Mental Traits of 300 Geniuses» den IQ von Geistesgrössen des 15. bis 19. Jahrhunderts. Das «Book of Genius» des englischen Lernexperten Tony Buzan aus dem Jahr 1994 erstellte eine Rangliste der grössten Genies der Welt. Die Unterschiede zwischen den beiden Listen sind krass – so erhielt Leonardo da Vinci von Cox nur gerade einen IQ von 180, während der italienische Universalgelehrte bei Buzan mit 220 an der Spitze steht.
Auch die folgende Liste kann daher keinen Anspruch darauf erheben, «die Wahrheit» abzubilden. Sie widerspiegelt zudem die gesellschaftliche und politische Wirklichkeit, etwa durch den Umstand, dass keine Vertreter aus den Ländern des Globalen Südens oder nur wenige Frauen darauf erscheinen. Letzteres dürfte allerdings auch damit zu tun haben, dass bei Männern eine grössere Streuung der IQ-Werte existiert – es gibt mehr Ausreisser nach oben, aber auch nach unten, also mehr Individuen mit einem IQ über 130 und unter 70.
Der 1975 geborene australisch-amerikanische Professor für Mathematik an der University of California, Los Angeles (UCLA) war ein Wunderkind, das bereits mit acht Jahren in einem Mathematiktest Ergebnisse erzielte, die jenen eines überdurchschnittlichen Studienanfängers entsprachen. Er gewann neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen auch die Fields-Medaille, die als «Nobelpreis der Mathematik» gilt. Tao, dessen IQ auf 220 bis 230 eingeschätzt wurde, als er zehn Jahre alt war, steht in diversen einschlägigen Listen an der Spitze und gilt als intelligentester lebender Mensch.
Auch Christopher Hirata, 1982 im US-Staat Michigan geboren, fing als Wunderkind an: Im Alter von 13 Jahren gewann er als jüngster Amerikaner die internationale Physikolympiade, und mit 14 begann er sein Physikstudium am renommierten California Institute of Technology. Der Kosmologe und Astrophysiker, der über einen IQ von 225 verfügen soll, befasst sich unter anderem mit der kosmischen Hintergrundstrahlung, der ominösen Dunklen Energie und der Frage, wie der Mars kolonisiert werden könnte.
Kein Wunder, dass auch Kim Ung-yong, der mit einem IQ von 210 eine Weile den Rekord im Guinness-Buch der Rekorde hielt, sein Umfeld früh verblüffte: Als er ein Jahr alt war, konnte er bereits sprechen und lernte chinesische Schriftzeichen, mit fünf Jahren sprach er nicht nur Koreanisch, sondern auch Deutsch, Englisch, Französisch und Japanisch. Nach seinem Studienabschluss ging er zur NASA. Heute arbeitet der 1962 geborene Südkoreaner jedoch in einem normalen Bürojob. In den Medien hat er sich auch schon darüber beklagt, dass dies als Scheitern gewertet werde. Er führe jetzt nämlich ein glückliches Leben – ganz im Gegensatz zu seiner Zeit bei der NASA, als er wie eine Maschine gearbeitet habe, jeder Tag eintönig gewesen sei und er keine Freunde gehabt habe.
Der Arzt und Psychiater Evangelos Katsioulis verfügt zusätzlich über Abschlüsse in Philosophie, Medizintechnik und Psychopharmakologie. Daneben schreibt der 1976 geborene Grieche auch wissenschaftliche Studien und Drehbücher. 2001 gründete er das World Intelligence Network; eine Organisation, die den Dialog und die Forschung zum Thema Intelligenz fördert. Sein IQ wird mit 198 angegeben, nach anderen Quellen sogar mit 205.
Richard G. Rosner wurde 1960 in eine jüdische Familie in den USA geboren und weist einen – zumindest im Vergleich mit vielen anderen IQ-Spitzenreitern – höchst unkonventionellen Lebenslauf auf: Er war Stripper, Nacktmodell und Rollschuhkellner, bevor er in einer Quizshow im Fernsehen bekannt wurde. Seither ist er mehrfach in TV-Shows aufgetreten. Seit seinem 21. Lebensjahr arbeitet Rosner, dessen IQ bei 198 liegen soll, an einer Weltformel, die alle physikalischen Phänomene im bekannten Universum präzise beschreiben und verknüpfen soll. Im Übrigen versucht er, seine kognitiven Fähigkeiten zu verbessern, indem er täglich 50 Pillen mit Wirkstoffen wie Aspirin oder Omega-3-Fettsäuren einnimmt.
In seiner Kindheit galt Mislav Predavec als Wunderkind; heute ist er Mathematikprofessor in der kroatischen Hauptstadt Zagreb. 2002 gründete er eine exklusive IQ-Gesellschaft namens GenerIQ, die Hochbegabte weltweit untereinander vernetzt. Predavec, dessen IQ bei 192 liegt, ist auch in der Wirtschaft tätig – allerdings eher gezwungenermassen, da seine Familie mit seinem Professorengehalt wegen der Arbeitslosigkeit seiner Frau nicht durchkam. Er führt eine eigene Firma, einen Supermarkt.
Garry Kasparow, 1963 als Garik Weinstein in der Sowjetrepublik Aserbaidschan geboren, ist ein ehemaliger Schachweltmeister jüdischer und armenischer Abstammung, der heute als Aktivist die Opposition in Russland unterstützt. Er lernte die Schachregeln mit fünf Jahren, was er wie folgt beschreibt: «Ich hatte noch nie Schach gespielt, aber ich sah gespannt zu, wie sie sich abmühten […] und schliesslich resigniert aufgaben. Am nächsten Morgen zeigte ich ihnen den zur Lösung führenden Zug.» Mit 22 Jahren wurde er der bisher jüngste Schach-Weltmeister, und er hielt diesen Titel auch länger als alle anderen. Sein IQ soll 190 betragen.
Marilyn vos Savant, 1946 im US-Staat Missouri als Marilyn Mach geboren, wuchs als Tochter von deutschen und italienischen Immigranten in bescheidenen Verhältnissen auf. Die erfolgreiche Kolumnistin, die Philosophie studierte und überdies als Investmentbankerin tätig war, hat mehrere Bücher über diverse Themen geschrieben. In ihrer Schulzeit unterzog sie sich verschiedenen Intelligenztests, bei denen sie die bestmöglichen Ergebnisse erzielte. Gleichwohl wurde sie von ihren Lehrpersonen nicht gefördert, da diese ihre Intelligenz als «nutzlose Eigenschaft» betrachteten. Aufgrund eines Tests in ihrer Kindheit wurde ihr ein IQ von 228 zugeschrieben, was ihr in den 80er-Jahren einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde einbrachte. Dieser Wert wurde freilich auf ein erwachsenes Alter extrapoliert; ein späterer Test ergab einen niedrigeren Wert im Bereich von 186.
Der 1952 in San Francisco geborene Autodidakt ohne formale Hochschulbildung verfügt über einen IQ von 190, laut anderen Angaben sogar bis zu 215. Christopher Langan wuchs in schwierigen Verhältnissen auf. Trotz seines hohen IQs brach er mehrere Studien ab und war danach in einer Reihe von arbeitsintensiven Jobs tätig, darunter als Bauarbeiter, Feuerwehrmann, Cowboy und Türsteher. Auch Langan sucht die Weltformel, die er das «kognitiv-theoretische Modell des Universums» (Cognitive-Theoretic Model of the Universe, CTMU) nennt. Umstritten ist er, weil er diverse Verschwörungstheorien vertritt und Liebesbeziehungen zwischen unterschiedlichen ethnischen Gruppen ablehnt.
Kenneth Ferrell ist Arzt in Charlotte im US-Staat North Carolina. Er ist Mitglied in mehreren Vereinen für Hochbegabte, etwa in der Epimetheus-Gesellschaft oder in GenerIQ. Er hat seinen IQ zu seinem Hobby gemacht: Er löst in seiner Freizeit IQ-Tests und entwickelt selbst welche. Allzu ernst nimmt er seinen IQ von 190 jedoch nicht. Dem Business Insider sagte er: «Ich betrachte die Liste, auf der ich stehe, als ein Fest für Leute, die gerne diese Tests machen. Ich habe bei einem Test 190 Punkte erreicht. Ich glaube nicht, dass das bedeutet, dass mein IQ 190 ist.»
William Sidis (1898–1944) wurde als Kind von jüdischen Immigranten aus Osteuropa in Boston geboren. Sein Leben, das einen tragischen Verlauf nahm, begann er als Wunderkind, das von seinem Vater, einem Psychologen, regelrecht trainiert wurde. Als er acht Jahre alt war, sprach er bereits acht Sprachen, die er sich selbst beigebracht hatte. Zudem besass er herausragende mathematische Fähigkeiten und wurde bereits mit 11 Jahren in Harvard aufgenommen. Ein Professor prophezeite ihm sogar, er werde der grösste Mathematiker des 20. Jahrhunderts werden.
Doch als Erwachsener stürzte Sidis ab. Er jobbte in bescheidenen Berufen, geriet mit dem Gesetz in Konflikt und zog sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück. Sidis veröffentlichte, meist unter einem Pseudonym, mehrere Bücher, darunter 1920 «The Animate and the Inanimate», in dem er die Ursprünge des Lebens im Kontext der Thermodynamik erforscht und die Existenz schwarzer Löcher vorhersagt. Er starb erst 46-jährig an einer Gehirnblutung. Sein IQ, der nie offiziell gemessen wurde, lag laut Experten zwischen 250 und 300 und könnte der höchste aller bisherigen Zeiten gewesen sein. Solche Annahmen sind aber äusserst spekulativ und sollten nicht zu ernst genommen werden.
Ich bin kein Verlierer 😁