Saudi Arabien weht ein harter Wind entgegen. Die selbsternannte arabische Grossmacht hat sich in den letzten Tagen mit der Auspeitschung des Bloggers Raif Badawi und der Hinrichtung einer Burmesin nicht nur bei Menschenrechtsbeobachtern weiter ins Abseits manövriert, sondern auch auf dem politischen Parkett für rote Köpfe gesorgt.
Gleichzeitig hat sich auch der FC Bayern ein ernsthaftes Imageproblem eingebrockt.
Wie das zusammenhängt? Nach einem Trainingslager in Katar und einem Freundschaftsspiel in Saudi Arabien hat ein Vereinsmitglied des deutschen Rekordmeisters eine wütende Anklage gegen den Vorstand verfasst und im Netz veröffentlicht.Testspiele in einem Land, in dem Menschenrechte eklatant missachtet werden, stünden dem FCB als Vorzeigeklub nicht gut zu Gesicht, so der anonyme Blogger. Ein gefundenes Fressen für die Presse.
Der Blogger und Aktivist Raif Badawi wurde 2012 wegen Verunglimpfung des Islams zu einer Haftstrafe von zehn Jahren, einer Busse von umgerechnet 200'000 Franken und zu 1000 Peitschenhieben, verteilt auf 20 Wochen, verurteilt. Vor zwei Wochen führten die Behörden die öffentliche Auspeitschung erstmals durch. Gemäss Medienberichten wurde Badawi dabei schwer verwundet.
Die zweite Tranche der Strafe war für den 16. Januar angesetzt. Nach einer vorangehenden Inspektion gaben Ärzte bekannt: Aus «gesundheitlichen Gründen» sei eine weitere Auspeitschung nicht möglich, das Risiko einer tödlichen Verletzung zu hoch. Gleichzeitig sickerte durch, dass der Saudische Herrscher König Abdullah persönlich den Fall Badawi ans Oberste Gericht weitergeleitet hat. Wie es mit Badawi weitergeht ist unklar. Eigentlich wäre für den kommendenn Freitag der nächste Termin seiner öffentlichen Auspeitschung angesetzt.
Derweil ebbt die Solidaritätswelle für den 31-Jährigen nicht ab: Auf Demonstrationen und in sozialen Medien protestieren Zehntausende gegen die menschenrechtswidrige Behandlung Badawis.
@MojKsa, @NSHRSA, @KSAMOFA, @HRHPSalman, @raif_badawi, @miss9afi, #FreeRaif, @AmnestyOnline STOP flogging! Free Raif pic.twitter.com/wfseGgkIgi
— AI Moldova (@Amnesty_Moldova) 19. Januar 2015
Vergangene Woche hat die öffentliche Hinrichtung einer Burmesin für einen internationalen Aufschrei gesorgt. Layla bint Abdul Mutaleb Bassim wurde in Mekka wegen der angeblichen Tötung ihrer sechsjährigen Tochter geköpft. Trotz internationalen Protesten und der Beteuerung von Bassim, unschuldig zu sein, vollstreckten die Saudi-Arabischen Behörden das Todesurteil.
Im Land selber erhoben sich nach der Hinrichtung zahlreiche kritische Stimmen – allerdings nicht, weil das Todesurteil als solches angezweifelt worden wäre, sondern weil Videoaufnahmen der Enthauptung im Internet kursierten. Aufnahmen der in der Öffentlichkeit stattfindenden Hinrichtungen sind strengstens untersagt.
Saudi Arabien hat eine der höchsten Hinrichtungsraten weltweit. 2014 wurden 87 Todesurteile vollzogen, im Jahr zuvor 78. Im laufenden Jahr sind bereits zehn Menschen durch die Hand des Staates getötet worden.
götze😍"@.BayernHome: The players on their way, and arriving in Saudi Arabia. pic.twitter.com/Mu0xx80eIK"
— アリーヤー (@aliyahyasyfi) 17. Januar 2015
In der Winterpause zieht es die grossen Klubs traditionell in sonnige Gefilde. Der deutsche Rekordmeister Bayern München hat sich heuer für einen Abstecher nach Saudi Arabien entschieden. Eine Entscheidung, die die Vereinsoberen wohl bald bereuen dürften.
Vergangenen Samstag postete ein Vereinsmitglied einen offenen Brief auf Twitter. Darin wirft er dem Vorstand vor, mit der Anwesenheit des Vereins zwecks eines Freundschaftsspiel «die Politik Saudi Arabiens zumindest zu legitimieren.»
Brief der nachher an den Vorstand geht und so formuliert auch als Austrittsbegründung dienen wird, falls nötig. pic.twitter.com/EedUvT7BhL
— Baron von Agitpop (@agitpopblog) 17. Januar 2015
Falls der FC Bayern nicht in einer Stellungnahme zeige, «dass der Verein sich seiner konkreten moralischen Verpflichtung zu diesen Themen bewusst ist», werde er, so der anonyme Urheber des Briefes seine Vereinsmitgliedschaft kündigen.
Der Brief hat es mittlerweile bis in die Spalten der «Zeit» geschafft. Eine Antwort seitens des Vorstands steht zu diesem Zeitpunkt noch aus. (wst)