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Was Trump mit dem Scheitern von Daniel Humms veganer Küche zu tun hat

Was Donald Trump mit dem Scheitern von Daniel Humms veganer Küche zu tun hat

Der weltberühmte Aargauer Koch Daniel Humm wird in Zukunft wieder Fleisch servieren. Der Entscheid zeigt, wie weit gesellschaftliche und politische Strömungen selbst unser Essen berühren.
17.08.2025, 12:0517.08.2025, 12:05
Christian Berzins / ch media
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Wenn Daniel Humm, einer der besten Köche der Welt, in seinem Restauranttempel «Eleven Madison Park» in New York in Zukunft nicht mehr rein vegan kochen, sondern bald auch wieder Fleisch und Fisch servieren wird, bebt die Welt. Und zwar nicht die Kochwelt. Humm folgt mit seinem Schritt einem politischen und gesellschaftlichen Trend, der mit Donald Trump und seinen lautstarken Anhängern zum Status quo geworden ist.

Eleven Madison Park 25th Anniversary Opening Night Featuring: Chef Daniel Humm Where: New York, New York, United States When: 03 Oct 2023 Credit: Janet Mayer/startraksphoto.com EDITORIAL USE ONLY. RES ...
Daniel Humm serviert in Zukunft nicht mehr nur vegane Speisen in seinem Restaurant «Eleven Madison Park» in New York.Bild: www.imago-images.de

2021 hatte die (Koch-)Welt bereits einmal gebebt. Wer bis dahin über die vegane Küche gelächelt hatte, dem blieb der Happen T-Bone-Steak im Hals stecken. Damals verkündete besagter Humm stolz: «Ab jetzt koche ich vegan.»

Die Frage lautete damals nicht, ob der aus dem aargauischen Strengelbach stammende Koch damit Erfolg haben würde, sondern wer ihm folgen würde. Humm blieb nicht allein, da und dort verzichteten andere, bisweilen auch teilweise, auf Nahrung tierischen Ursprungs – auf Eier, Milch, erst recht auf Fleisch und Fisch. Michelin-Stars, gar Schulmensen, ja bisweilen «Bahnhöfli»-Restaurants.

Der Wechsel zur veganen Küche war eine Antwort auf den damaligen Zeitgeist, waren doch die Klimajugend oder die «Fridays-for-Future»-Aktivisten omnipräsent. Greta Thunberg, das Aushängeschild der Bewegung, rief zur Umstellung beim Essverhalten auf, lehrte, dass die Klimakrise, die Umweltkrise und die Gesundheitskrise miteinander verbunden seien. Sollte der «Friday» in Europa nicht mehr der Fisch- und Käsewähe-Tag, zurückgehend auf den Karfreitag, sondern bald der vegane Tag sein?

Dogmatismus zur Weltenrettung, Ausschluss von gewissen Gruppen, um Minderheiten zu schützen? Damals nickten viele stumm dazu. Doch diese Zeit ist schneller als erahnt vorbei. Humm hat das gemerkt – nicht nur an der Kasse. Zwar mochte es schon damals, als Humm auf der veganen Welle zu surfen begann, niemand, wenn ihm oder ihr die Wurst streitig gemacht wurde – aber man sprach es nicht mehr laut aus, sondern fluchte murmelnd in sein Hemd hinein: «Das darf man doch wohl noch essen dürfen …» Gleichzeitig biss man beim Mitarbeiterausflug und Apéros in seinen Planted Burger.

Bezeichnenderweise sagte Daniel Humm gegenüber der «New York Times» diese Woche, die Abkehr vom reinen Veganer-Restaurant kommentierend, diplomatisch und lieb: «Ich weiss, dass ich der pflanzenbasierten Küche den grössten Dienst tue, wenn ich auch Leute mit anderen Vorlieben am Tisch sitzen lasse.» Besser könnte man die heutige Welt nicht beschreiben. Kein Ausschluss, keine Extrawürste, Pragmatismus statt Moralismus.

Humms Worte weitergedacht bedeuten auch: «Wokeness ist schon okay, aber ich muss jetzt auch auf die anderen schauen.» Viele sagen diesen Satz mittlerweile ohne das «auch». Die Stimmen dieser «anderen» sind in letzter Zeit unüberhörbar geworden. «Ich will keinen Planted Burger, ich will eine Schweinsbratwurst», wird jetzt hinaustrompetet. Der mächtigste Mann der Welt, US-Präsident Donald Trump, ist der Stimmführer. Im Wahlkampf im Herbst zeigte er sich nicht bei Humm Karottentatar essend, sondern in einer McDonald's-Filiale. Auch wenn europäische Politiker sich volksnah zeigen wollen, beissen sie lachend in die Wurst. Die SVP lancierte einst erfolgreich die deftigen Buure-Zmorge, sie waren das Alternativprogramm zum leichten, urbanen Brunch.

Doch es geht längst nicht nur um die Wurst. Jeans-Werbung, die auf Rassenstereotype zielt, wie es US-Schauspielerin Sydney Sweeney letzte Woche vormachte, wird vom Weissen Haus gelobt und verteidigt. Sie sei ein Gegenentwurf zu «woken», gescheiterten Unternehmen, sagte Präsident Trump.

Kein Wunder, passt sich Humm an die neuen Begebenheiten an. Die Welt isst nicht vegan – da mochten noch so viele Artikel darüber geschrieben worden sein. Hiess es an dieser Stelle vor vier Jahren, «Humms Gäste würden auch zu ihm pilgern, wenn er ein Bratwurst-Restaurant eröffnen würde», muss es jetzt heissen: «Seine Gäste werden wieder zu ihm pilgern, da er Bratwurst und vegane Speisen serviert.»

Humm sagte im Interview mit der «New York Times» auch, dass der anfängliche Erfolg seines veganen Restaurants ihm das Gefühl gegeben habe, als könne er auf Wasser laufen. Nun muss er wieder mit Wasser beziehungsweise tierischer Butter kochen. Er liegt damit im Trend. (bzbasel.ch)

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135 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Berner in Zürich
17.08.2025 12:31registriert August 2016
Trump ist für vieles direkt oder indirekt verantwortlich. Dass er jetzt aber für die Menükarte von Humm verantwortlich sein sollte, ist dann doch etwas weit hergeholt. Denn der selbe Trend gibt's auch in der Schweiz. Jeder Hype endete mal und der Markt ist gesättigt.
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raab23@gmail.com
17.08.2025 12:08registriert Mai 2022
Wer will, kann ja weiterhin vegan bestellen.
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Katerchen
17.08.2025 12:25registriert März 2023
Es gibt vegane Speisen und Fleisch und Fisch jeder wie er mag. Nennt man Toleranz!
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