International
Afghanistan

Mindestens 20 Tote und 160 Verletzte bei Anschlag in Kabul

An injured boy is carried to a hospital after an explosion struck a protest in Kabul, Afghanistan, Saturday, July 23, 2016. Witnesses in Kabul say that an explosion struck the protest march by members ...
Die Demonstranten fliehen nach den Explosionen.Bild: Rahmat Gul/AP/KEYSTONE

Zahl der Toten bei Explosionen in Kabul steigt auf über 80 – «IS» bekennt sich zum Anschlag, Taliban verurteilen ihn

23.07.2016, 13:2223.07.2016, 21:24
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Bei einem Anschlag auf friedliche Demonstranten in Kabul sind nach Regierungsangaben mindestens 80 Menschen getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden. Die Opferzahl könne noch steigen, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Samstag.

Tausende Angehörige der ethnischen Minderheit der Hasara hatten in der afghanischen Hauptstadt für den Bau einer Stromtrasse in der vernachlässigten Region Bamijan demonstriert, als inmitten der Menschenmenge mindestens ein Sprengsatz detonierte.

Unklar war, wie viele Bomben gezündet wurden. Präsident Aschraf Ghani erklärte, Terroristen hätten sich unter die Demonstranten gemischt und Bomben gezündet.

Strassen von der Regierung gesperrt

Ein Demonstrant, der sich in der Nähe aufgehalten hatte, sagte: «Erst dachten wir, das sei eine Minen-Explosion, aber als ich das Areal erreichte, wurde mir klar, dass es eine Selbstmordattacke war.» Er veröffentlichte ein Video auf Facebook, das den Platz mit zahlreichen blutüberströmten Opfern zeigte.

Demonstrators from Afghanistan's Hazara minority attend a protest in Kabul, Afghanistan July 23, 2016. REUTERS/Omar Sobhani
Der Demonstrationszug vor den Anschlägen.
Bild: OMAR SOBHANI/REUTERS

Der Leiter des Isteqlal-Spital, Mohammad Sabir Nasib, sagte: «Viele der Verletzten, die zum Spital gebracht wurden, sind in schlechter Verfassung.» Krankenwagen hatten Schwierigkeiten, zum Explosionsort zu gelangen, weil die Behörden Strassenkreuzungen blockiert hatten, um zu verhindern, dass die Demonstranten zum Präsidentenpalast marschieren.

Taliban verurteilt den Anschlag

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beanspruchte den Anschlag für sich. Die IS-Propaganda-Agentur Amaq meldete, zwei IS-Kämpfer hätten sich «inmitten einer Versammlung von Schiiten» in die Luft gesprengt. Die radikalislamischen Taliban erklärten, sie hätten mit diesem «tragischen Anschlag» nichts zu tun. Er sei das Werk von Feinden.

Die schiitischen Hasara stellen mit etwa neun Prozent der Bevölkerung die drittgrösste Minderheit nach den Paschtunen und den Tadschiken. Sie wurden jahrelang diskriminiert. Während der Herrschaft der Taliban wurden Tausende Hasara getötet.

Demonstration gegen Hochspannungsleitung

Zehntausende Mitglieder der Volksgruppe hatten bereits im Mai dagegen protestiert, dass die von Turkmenistan nach Kabul geplante Hochspannungsleitung nicht wie ursprünglich geplant durch die mehrheitlich von den Hasara bewohnte zentrale Provinz Bamijan führen soll.

Bamijan ist die wirtschaftlich am wenigsten entwickelte Provinz des Landes. Dass sie von der Stromtrasse abgeschnitten ist, deuten die Stammesführer der Hasara als erneuten Beweis für ihre Diskriminierung. Dagegen argumentiert Kabul, die geänderte Route sei kürzer und damit billiger.

Präsident Aschraf Ghani verurteilte den Anschlag. Er betonte, friedlicher Protest sei das «Recht eines jeden Bürgers». Nach seinen Angaben waren unter den Toten auch mehrere Sicherheitskräfte. (leo/sda/afp/reu/dpa)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Manutschgi
23.07.2016 16:46registriert November 2015
Taliban verurteilt Anschlag vom IS??? Wie schizophren ist denn das.
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Aufblasbare Antonio Banderas Liebespuppe
23.07.2016 16:54registriert Mai 2015
Das ist vielleicht eine dumme frage aber..
Was wollen die eigentlich mit anschlägen auf unschuldige menschen bezwecken?
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Steph4600
23.07.2016 17:45registriert Februar 2014
Wie ist die Lage in Afghanistan denn zurzeit generell?

Wie gut klappt es mit der Gewaltenteilung, mit welchem Europäischen Land ist die Polizei vergleichbar? Oder gibt es gar keine funktionierende Polizei und es wird alles von privaten Sicherheitsfirmen organisiert?
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