Urs Fischer wurde mit dem FC Basel Meister und Cupsieger. Trotzdem wurde er gefeuert. Die Gründe sind bis heute unklar, das Resultat jedoch eindeutig. Fischer feiert in der Bundesliga spektakuläre Erfolge mit Union Berlin, der FCB müht sich mehr schlecht als recht in der Superliga ab.
Was soll uns damit gesagt werden? Wie Fischer ist auch Joe Biden kein glamouröser Star, sondern ein solider Handwerker. Er hält keine brillanten Reden, er verspricht nicht das Blaue vom Himmel herunter – aber er liefert Resultate. Kein anderer US-Präsident hat in den letzten Jahrzehnten so viele und bedeutende Gesetz durch den Kongress geschleust. Und so wie es George H. Bush im ersten Golfkrieg gegen den Irak gelungen ist, eine breite Front gegen Saddam Hussein zu vereinen, hat Biden es geschafft, den Westen geschlossen gegen Wladimir Putin hinter sich zu scharen.
Wie seinerzeit bei Fischer und dem FCB schlägt sich der faktische Erfolg nicht in der Wahrnehmung der Menschen nieder. Biden befindet sich nach wie vor in einem Umfragetief. Jeder seiner Versprecher – und es sind viele – wird registriert, jeder Fehltritt – auch davon gibt es zahlreiche – sorgt für internationale Schlagzeilen.
Ja, Biden ist 80 Jahre alt und bewegt sich wie ein Greis. Das lässt sich nicht bestreiten. Aber möglicherweise ist er gerade deswegen so erfolgreich.
Das hat sich einmal mehr am Nato-Gipfel in Vilnius gezeigt. Vor Beginn des Treffens war die Stimmung eher gedämpft. Recep Erdogan, der türkische Präsident und ewiger Wendehals, hatte im Vorfeld erneut angekündigt, er werde einem Beitritt Schwedens zu Nato nur dann zustimmen, wenn die EU auch sein Land als Mitglied akzeptiere. Eine Forderung, von der alle wussten, dass sie keine Chance hatte und die höchstens im Kreml Begeisterung auslösen konnte.
Inzwischen knallen die Champagner-Korken in Stockholm. Biden flog nach Vilnius und kam, sah und siegte. Erdogan liess sich umstimmen. Was für eine Gegenleistung er für sein Ja zum Nato-Beitritt Schwedens erhalten hat, weiss man nicht so genau. Man darf jedoch davon ausgehen, dass der türkische Präsident – angesichts der Entwicklung in Russland – davon ausgeht, dass ein Streit mit den USA derzeit keine wirklich gute Idee ist.
Auch das Verhältnis der Ukraine zur Nato hat sich nach einer kurzen Aufregung in Minne aufgelöst. Ein Beitritt während des Krieges stand eh nie zur Diskussion. Dafür hat Präsident Wolodimir Selenskjy jetzt verbindliche Zusagen erhalten – und amerikanische Streumunition. Biden widersprach auch den Befürchtungen vieler Experten vor einem langen Abnützungskrieg. «Ich glaube nicht, dass der Krieg noch Jahre dauern wird», erklärte er bei seinem Besuch in Helsinki. «Die Russen werden das nicht durchhalten können.»
Schön und gut, werden die ewigen Biden-Nörgler einwenden. Doch das sei nicht das Verdienst des Präsidenten, sondern seines Stabes. Biden sei bloss eine Marionette des West Wings, dem Flügel des Weissen Hauses, in dem die Mitarbeiter des Präsidenten tätig sind.
Ein blödes Argument. Aussenminister Anthony Blinken, Finanzministerin Janet Yellen, Sicherheitsberater Jake Sullivan, sie und viele andere sind tatsächlich brillant. Gute Mitarbeiter um sich zu scharen, ist jedoch das entscheidende Merkmal eines guten Chefs. Genau dadurch unterscheidet sich Biden etwa von Putin. Der autoritäre Kreml-Boss duldet bloss loyale Untertanen um sich, Typen wie der Verteidigungsminister Sergei Shoigu.
Putins Speichellecker können dem Alleinherrscher nicht gefährlich werden, sie versagen jedoch regelmässig. Dafür werden kompetente Leistungsträger ebenso regelmässig kaltgestellt. Jüngstes Beispiel ist General Iwan Popow. Dieser gilt als einer der wenigen fähigen russischen Generale und ist bei der Truppe beliebt. Weil er es gewagt hat, auf die Mängel der russischen Armeeführung hinzuweisen, wurde er soeben gefeuert.
Die guten Nachrichten von der aussenpolitischen Front werden im Weissen Haus sicher gerne zur Kenntnis genommen. Für Bidens Wiederwahl weit entscheidender dürften jedoch die jüngsten Wirtschaftsdaten sein. Die Inflation hat sich halbiert und liegt nun noch bei drei Prozent. Allen Unkenrufen konservativer Ökonomen zum Trotz ist eine weiche Landung der Wirtschaft damit ein realistisches Szenario geworden.
Nach Pandemie und explodierenden Energiepreisen wäre ein solches Soft Landing wirtschaftspolitisch gesehen eine Meisterleistung – und Anlass, endlich auch die Erfolge der Biden-Regierung zu würdigen. «Die Regierung und die Fed waren das Ziel von harter Kritik, weil sie zunächst das Risiko der hohen Staatsausgaben unterschätzt haben», kommentiert Paul Krugman in der «New York Times». «Beide haben jedoch dafür gesorgt, dass neue Jobs geradezu explosionsartig geschaffen wurden. Nicht nur wurde so eine Rezession vermieden und eine der historisch gesehen schnellsten Erholungen der Wirtschaft eingeleitet. Es wurde wohl auch der beste Arbeitsmarkt seit Generationen geschaffen.»
Der überraschend rasche Rückgang der Inflation ist auch ein Indiz dafür, dass die «Bidenomics» funktionieren. Was man darunter zu verstehen hat, formuliert Janet Yellen wie folgt: «Sie versucht, das Wirtschaftswachstum zu stimulieren, indem sie dafür sorgt, dass genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und die Produktivität gefördert wird. Verringert wird gleichzeitig die Ungleichheit und der Schaden für die Umwelt.»
Lange hat sich das Weisse Haus gesträubt, den Begriff «Bidenomics» zu verwenden. Jetzt aber geht man damit in die Offensive. Dafür gibt es gute Gründe. So hat die «Financial Times» ausgerechnet, dass diese Wirtschaftspolitik bisher private Investitionen in der Höhe von rund 200 Milliarden Dollar ausgelöst und rund 85’000 Industriejobs geschaffen hat. Gute bezahlte und gewerkschaftlich abgesicherte Jobs.
„Putins Speichellecker können dem Alleinherrscher nicht gefährlich werden“
Befördert werden nicht die Fachkräfte sondern die Speichellecker die nix hinterfragen und alles ausführen was von oben kommt. Weil ihnen das Unternehmen und die Mitarbeitenden letztlich scheissegal sin und es ihnen nur um die eigene Karriere geht…