Nach dem Zerfall Jugoslawiens wollte er ein Grossserbien schaffen, doch kriminelles Verhalten ist ihm nicht nachzuweisen: Der serbische Nationalist Vojislav Seselj ist vom Vorwurf der Kriegsverbrechen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit freigesprochen worden. Das entschied das UNO-Kriegsverbrechertribunal zum früheren Jugoslawienam Donnerstag in Den Haag.
Seselj, 61, hatte auf nicht schuldig plädiert und nahm nicht an der Urteilsverkündung teil. Das Gericht hatte ihn aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig von dem Termin freigestellt.
Seselj ist Vorsitzender der grossserbischen Radikalen Partei (SRS). Mitte der Neunzigerjahre war Seselj ein Getreuer des 2006 in Den Haager Haft verstorbenen serbischen Ex-Präsident Slobodan Milosevic. Die Anklage hatte Seselj vorgeworfen, im Bürgerkrieg nach dem Zerfall Jugoslawiens an der Ermordung Tausender und der Vertreibung Zehntausender Kroaten und Muslime beteiligt gewesen zu sein.
Die Anklage wollte Seselj wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sechs Fälle von Kriegsverbrechen in Kroatien, Bosnien und in der serbischen Provinz Vojvodina zu 28 Jahre Haft verurteilt sehen. Das Gericht sprach ihn jedoch überraschend frei.
Seselj war 2014 aus gesundheitlichen Gründen vorläufig aus der Haft entlassen worden und blieb der Urteilsverkündung in Den Haag fern. «Ich habe keine Zeit, mich mit Den Haag zu befassen. Ich befinde mich im Wahlkampf und habe jeden Tag Veranstaltungen. Mit denen bin ich fertig», hatte er am Mittwoch in Belgrad gesagt.
Als ranghöchster Politiker wurde der ehemalige Serbenführer Radovan Karadzic am 24. März unter anderem für den Völkermord in Srebrenicazu 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Karadzic will in die Berufung gehen.