Unmittelbar nach seiner Verurteilung in einem Korruptionsprozess ist Pakistans Oppositionsführer Imran Khan verhaftet worden. Polizisten nahmen den 70 Jahre alten Ex-Premier am Samstag in seinem Haus in der Stadt Lahore fest, wie Khans Partei PTI erklärte. Pakistanische Fernsehsender berichteten über die Festnahme und zeigten Bilder von Polizei-Kolonnen.
Ein Gericht in der Hauptstadt Islamabad hatte den populären Ex-Premier zuvor am Samstag in einem Korruptionsprozess zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Urteil gegen den Ex-Premier wenige Monate vor der Parlamentswahl in Pakistan wurde in dessen Abwesenheit gesprochen. Gegen das Urteil kann der frühere Kricketstar, der die Vorwürfe stets bestritten hatte, Berufung einlegen. Khan ist mit dem Urteil für die nächsten fünf Jahre von der Ausübung politischer Ämter ausgeschlossen.
In dem konkreten Fall wurde dem Oppositionsführer zur Last gelegt, Einnahmen für den Verkauf von Staatsgeschenken verborgen zu haben. Es handelte es sich dabei unter anderem um Schmuck oder eine vergoldete AK-47 - Geschenke aus den Golfstaaten, die Khan in seiner Zeit als Premierminister (2018 bis 2022) erhalten hatte.
In der Atommacht Pakistan tobt seit mehr als einem Jahr ein Machtkampf zwischen den Familiendynastien, die an der Regierung sind, sowie dem geschassten Ex-Premier. Khan wurde im April 2022 durch ein Misstrauensvotum gestürzt und musste sich seitdem gegen zahlreiche Anklagen wehren. Beobachter sehen politische Gründe dafür. Khan hoffte bis zuletzt auf ein politisches Comeback.
Der Ex-Premier war im Mai kurzzeitig verhaftet worden. Seine Anhänger stürmten daraufhin Militäreinrichtungen. Seitdem kritisiert der 70-Jährige in zahlreichen Interviews offen das mächtige Militär.
Experte Ahmed Bilal Mehboob von der pakistanischen Denkfabrik Pildat sah in der Verhaftung einen harten Schlag gegen Khans Partei PTI. «Khan ist der Star des Wahlkampfs», sagte Mehboob. Parteianhänger könnten Khan den Rücken kehren und die Lager wechseln. «Die Zeit wird zeigen, wie gross der Schaden für Khans Partei sein wird», sagte er.
Erst am Donnerstag hatte Pakistans Regierungschef Shehbaz Sharif eine vorzeitige Auflösung des Parlaments für den 9. August angekündigt. Mit dem politischen Schachzug bleibt dem südasiatischen Land nun ein Monat länger Zeit für die Ausrichtung der Neuwahl. Diese muss nun gemäss Verfassung innerhalb von 90 Tagen stattfinden. Bei einem regulärem Ende der Legislaturperiode wären es nur 60 Tage.
Seit der Gründung Pakistans vor mehr als 75 Jahren kommt es immer wieder zu Unruhen und Instabilität in dem südasiatischen Land, das zwischen Indien und Afghanistan liegt. Mehr als die Hälfte dieser Zeit regierte das Militär. Und auch unter den zivilen Regierungen galten Generäle als die Kraft, die über Erfolg oder Scheitern der politischen Führung entscheiden konnte. (sda/dpa)