Der mutmassliche Täter soll am Rosenmontag mit seinem Auto in der zentralen Mannheimer Einkaufsstrasse Planken mehrere Menschen angefahren haben. Eine 83-jährige Frau und ein 54 Jahre alter Mann kamen nach Angaben der Ermittler ums Leben. Elf Menschen wurden verletzt, darunter mehrere schwer.
Nach Augenzeugenberichten soll der Mann mit seinem Wagen vom Friedrichsring kommend in die mehrere Hundert Meter lange Haupteinkaufstrasse gerast sein und auf Höhe des Paradeplatzes mehrere Passanten an- oder umgefahren haben. Auf den Planken und rund um den Wasserturm findet derzeit ein Fasnachtsmarkt mit Dutzenden Imbissbuden und Fahrgeschäften statt.
Die Einkaufsstrasse war nach Angaben der Polizei nicht mit Pollern oder Absperrungen gesichert. Dafür habe es keine besondere Veranlassung gegeben. «Es war ein ganz normaler Tag im Stadtleben von Mannheim», sagte Polizeipräsidentin Schäfer mit Blick darauf, dass dort am Montag keine besondere Veranstaltung anstand. Auf den sogenannten Planken gebe es Strassenbahnverkehr, zudem gebe es die Möglichkeit, dass Lieferverkehr in die Strasse einfahre.
Der mutmassliche Autofahrer, ein Deutscher, wurde nach dpa-Informationen festgenommen und liegt verletzt im Spital. Bei seiner Festnahme soll sich der Mann mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben. Entsprechende Medienberichte bestätigte der Präsident des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger. Der Gesundheitszustand des 40-Jährigen aus Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) sei derzeit stabil. Er habe aber bislang nicht vernommen werden können.
Die Polizei geht nach aktuellem Ermittlungsstand nicht von einem politischen Hintergrund der Tat aus. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor, die von der Staatsanwaltschaft Mannheim, dem Landeskriminalamt sowie dem Polizeipräsidium veröffentlicht wurde.
Die Ermittler haben am Montagabend eine Pressekonferenz zum Vorfall gegeben. Der Oberstaatanwalt Romeo Schüssler gab dabei bekannt:
LKA-Präsident Andreas Stenger erklärte zudem, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass die Tat angekündigt worden sei. Die Ermittler gehen davon aktuell davon aus, «dass er absichtlich gefahren ist».
Der Täter habe vor zehn Jahren wegen Körperverletzung eine kurze Freiheitsstrafe verbüssen müssen, sagte Schüssler. Zudem sei er 2018 mit «Hatespeech auf Facebook» aufgefallen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Landschaftsgärtner unter anderem Mord vor. Man habe ein Ermittlungsverfahren wegen zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes eingeleitet, sagte Schüssler.
Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei bat Menschen, die Innenstadt zu meiden und grossräumig zu umfahren.
Um Betroffene zu versorgen, wurde eine psychologische Betreuung vor Ort eingerichtet. Die Uniklinik Mannheim setzte nach eigenen Angaben einen Katastrophen- und Einsatzplan um, mit dem die Versorgung von Verletzen vorbereitet wird. Es seien insgesamt acht Traumateams bereitgestellt worden, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Derzeit würden zwei Erwachsene und ein Kind mit hoher medizinischer Dringlichkeit versorgt.
Der deutsche CDU-Chef Friedrich Merz hat sich auf X zum Vorfall geäussert:
Am Abend besuchten Spitzenpolitiker aus Bund und Land den Tatort. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) drückte seine Anteilnahme gegenüber Opfern und Angehörigen aus. «Das ist nun wirklich schwer zu ertragen und auszuhalten», sagte er. Er versicherte den Bürgerinnen und Bürgern, dass der Staat alles tue, was er tun könne, um sie zu schützen. Aber hundertprozentigen Schutz könne es nicht geben. «Manchmal ist es einfach nur tragisch und schlimm.»
Absolute Sicherheit werde es niemals geben können, sagte auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). «Wir können auch nicht unsere Innenstädte zu umzäunten Festungen machen.» Die Tat reihe sich ein in mehrere Straftaten der jüngeren Vergangenheit, in der ein Auto als Waffe missbraucht worden sei.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser dankte der Polizei und den Rettungskräften. «Die Polizei hat einen herausragenden Job geleistet», sagte die SPD-Politikerin am Abend, nachdem sie sich vor Ort ein Bild gemacht hatte. Etwa 30 Polizeikräfte seien in zehn Minuten vor Ort gewesen, sagte Faeser.
Nun gelte es, die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit machen zu lassen. Es sei eine furchtbare Tat, «ein Horror am helllichten Tag, bei schönstem Wetter, in der Mittagspause, wo viele Menschen draussen sind».
Nach der Todesfahrt wurden mehrere für Dienstag geplante Fasnachtsumzüge in Baden-Württemberg abgesagt. In Mannheim wurden nach Angaben der Stadt die für Dienstag geplanten Fasnachtsumzüge in den Vororten Feudenheim, Neckarau und Sandhofen abgesagt. Der sogenannte Fasnachtsmarkt am Wasserturm sei geschlossen, die Strassenfasnacht in der Innenstadt finde nicht statt, berichtete die Stadt.
Betroffen sind auch die Städte Heidelberg und Schwetzingen im Rhein-Neckar-Kreis. In Weinheim an der Bergstrasse (ebenfalls Rhein-Neckar-Kreis) fällt der sogenannte Marktplatzfasching aus, wie die Kommune bestätigte. In Heidelberg verständigten sich die im Heidelberger Karneval Komitee zusammengeschlossenen Vereine und die Stadt in einer Krisensitzung auf den Schritt. Schwetzingen liegt westlich von Heidelberg.
Der Fall weckt Erinnerungen an mehrere Anschläge, bei denen in den vergangenen Wochen Fahrzeuge in Menschenmengen gefahren waren. Im Dezember kamen in Magdeburg sechs Menschen ums Leben, als ein inzwischen 50 Jahre alter Arzt über den Weihnachtsmarkt gerast war. Mitte Februar war ein Mann mit seinem Fahrzeug in eine Gruppe von Demonstranten in München gefahren. Dabei kamen eine junge Frau und ein Kind ums Leben.
Ende Mai vergangenen Jahres hatte zudem auf dem Mannheimer Marktplatz der mutmassliche Islamist Sulaiman A. fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Polizist Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Ein anderer Beamte schoss den Angreifer nieder.
Die Bundesanwaltschaft geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Angeklagte Sympathien für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hegt. Der mutmassliche Täter steht derzeit in Stuttgart vor Gericht.
Mannheim liegt im Norden Baden-Württembergs an der Grenze zu Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Stadt ist mit rund 320.000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt Baden-Württembergs. (sda/dpa)
Aber der Frust wird sich weiter anstauen.