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Riesiger Lokführerstreik in Deutschland: Bahn kündigt Notfahrplan an

epa06659126 ICE trains of various generations are parked outside of the new vehicle hall at the Riemelsburg ICE plant in Berlin, Germany, 10 April 2018. Since the opening of the new train hall in 2016 ...
Fahrgäste sind gebeten, während des Streiks auf nicht unbedingt notwendige Bahnreisen zu verzichten oder die Reise zu verschieben.Bild: EPA/EPA

Riesiger Lokführerstreik in Deutschland: Bahn kündigt Notfahrplan an

Nach der Weihnachtsruhe will die Lokführergewerkschaft GDL von Mittwoch bis Freitag streiken – wenn auf den Strassen mit starken Behinderungen durch Bauernproteste gerechnet wird. Die Bahn rechnet mit grossen Auswirkungen und hofft auf eine schnelle Entscheidung eines Gerichtes.
08.01.2024, 07:13
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Die Deutsche Bahn geht davon aus, dass der Lokführerstreik in dieser Woche Millionen Fahrgäste trifft. Das Unternehmen kündigte für Mittwoch bis Freitag einen Notfahrplan mit stark eingeschränktem Angebot an. «Für diese Fahrten setzt die DB längere Züge mit mehr Sitzplätzen ein, um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können. Dennoch kann eine Mitfahrt nicht garantiert werden», teilte das Unternehmen am Sonntagabend mit. Zugleich will die Bahn gerichtlich gegen den Streik vorgehen.

Fahrgäste seien gebeten, während des Streiks auf nicht unbedingt notwendige Bahnreisen zu verzichten oder die Reise zu verschieben. Es werde deutschlandweit grosse Unterschiede geben, wie viele Züge im Regionalverkehr fahren könnten. «Auch im Schienengüterverkehr wird es zu massiven Einschränkungen für Industrie und Wirtschaft kommen», hiess es in der Mitteilung.

Das Unternehmen kündigte zudem Kulanzregeln an: Alle Fahrgäste, die ihre für zwischen Mittwoch und Freitag geplante Reise wegen des Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket später nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem haben Fahrgäste im Fernverkehr die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen.

Die Lokführergewerkschaft GDL will im Personenverkehr von Mittwoch, 02.00 Uhr, bis Freitag, 18.00 Uhr, streiken – in einer Woche, in der im Strassenverkehr wegen der Bauernproteste starke Behinderungen erwartet werden. Erfahrungsgemäss fahren schon vor dem Ausstand einige Züge nicht nach Plan. Zudem dauert es danach normalerweise einige Zeit, bis sich der Verkehr normalisiert.

Bahn will einstweilige Verfügung

Der Konzern kündigte an, beim Arbeitsgericht Frankfurt einen Eilantrag auf einstweilige Verfügung zum Stopp des Streiks zu beantragen. Nach Ansicht des Konzerns hat der Ausstand keine rechtliche Grundlage.

Mit dem Streik will die Gewerkschaft um ihren Vorsitzenden Claus Weselsky den Druck im Tarifstreit erhöhen, in dem es um Geld, aber auch um kürzere Arbeitszeiten für Schichtarbeiter bei vollem Lohn geht. Das lehnt die Bahn ab.

Bei zwei kürzeren GDL-Warnstreiks im vergangenen Jahr musste die Bahn jeweils rund 80 Prozent des Fernverkehrsangebotes streichen. Die Auswirkungen im Regionalverkehr waren je nach Region sehr unterschiedlich. In manchen Bundesländern fuhr so gut wie kein Zug mehr. Sofern sich die Streikbeteiligung nicht grundlegend unterscheidet, sind nun ähnliche Auswirkungen zu erwarten.

Streit über Leihfirma

«Dieser Streik ist nicht nur absolut überflüssig, sondern wir halten ihn auch rechtlich für nicht zulässig», sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. «Denn die Lokführergewerkschaft hat ihre Tariffähigkeit durch die Gründung ihrer Leiharbeiter-Genossenschaft verloren.»

Diese Genossenschaft namens Fair Train hatte die GDL im Sommer gegründet. Ziel der Firma ist es laut Weselsky, Lokführer von der Bahn abzuwerben und sie zu eigenen Tarifbedingungen an Eisenbahnunternehmen zu verleihen. Es ist unklar, ob das funktioniert und besonders, ob sich genügend Lokführer finden, die bei der Bahn kündigen und bei Fair Train arbeiten.

Die Bahn sieht in der Genossenschaft einen Interessenkonflikt: Die GDL tritt aus Sicht des Konzerns sowohl als Arbeitgeber als auch als Gewerkschaft auf. Deshalb hatte die Bahn auch vor kurzem Klage gegen die GDL vor dem Landesarbeitsgericht in Hessen eingereicht.

Weselsky kritisierte die Klage am Sonntag als «Nebelkerze» und wies den Vorwurf zurück. Er zeige «die Verzweiflung eines sozialfremden Arbeitgebers, der kein noch so abwegiges Mittel scheut, um die starke GDL zu eliminieren».

Eine vorläufige Entscheidung des Arbeitsgerichtes könnte in einem Eilverfahren schnell ergehen. Die Richter könnten sich bereits am Montag mit der Sache befassen. (sda/afp)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fkyvm
08.01.2024 08:04registriert November 2022
Diese Leiharbeitsfirmen für systemkritische Mitarbeiter (hier Lokführer) greifen auch in der Schweiz um sich, zum Nachteil aller Verbraucher. Ich kenne selber einen Ex-SBB-Cargo Lokführer, der zu einer solchen Firma gewechselt ist und heute noch grossmehrheitlich dieselben Züge und Strecken fährt. Seine 25000.- mehr Lohn pro Jahr und die Gewinne der Firma zahlt natürlich noch indirekt SBB. Diese Firmen machen der SBB auch bei der Lokführerausbildung Konkurrenz. Das ist Privatisierung durch die Hintertür und die so privatisierten Gewinne treiben die Preise der Billets mit in die Höhe.
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fkyvm
08.01.2024 07:56registriert November 2022
Die Bahn hat nach den Vorstandsboni direkt nach Ablauf der Energiesubvention keine Argumente. Scheinbar ist Geld da. Der Staat als Eigner darf das Lohnsparen nicht länger decken. Die Löhne für alle Angestellten müssen hoch in der Grössenordnung voller Inflationsausgleich + 5%. Die Bahn hätte sofort weniger Rekrutierungsprobleme und es wäre ein wichtiges Lohnsignal an den Rest der deutschen Dumpinglohnwirtschaft.

Übrigens sind die Bahnangestellten auf mehrere Gewerkschaften verteilt, die alle nacheinander den Betrieb lahmlegen können. Deshalb sieht es nach Dauerstreik aus.
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