Die Würfel sind gefallen, Deutschland hat gewählt. Dabei ist die CDU/CSU regelrecht abgestürzt und verzeichnet das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte. Die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz gewinnt die Wahl knapp, wirkt aber genauso wie die Grünen, die um rund 6 Prozent zulegen, nicht abschliessend zufrieden. Die FDP kann ihren Wähleranteil leicht ausbauen, die Linke wiederum verliert massiv. Auch die AfD muss Sitze abgeben, was aber punkto Bündnisbildung nur bedingt von Relevanz ist, weil sowieso niemand mit der rechtspopulistischen «Alternative für Deutschland» zu regieren bereit ist.
Fakt ist, eine Regierung muss gebildet werden. Ob es so lange dauert wie bei der Wahl 2017, als die Grosse Koalition zwischen der Union und der SPD erst ein halbes Jahr nach der Wahl besiegelt wurde, wird sich zeigen. Wir zeigen dir, welche Optionen derzeit möglich sind.
Am wahrscheinlichsten ist derzeit die sogenannte «Ampelkoalition» bestehend aus der SPD, der FDP und den Grünen. Dafür spricht die inhaltliche Nähe zwischen den Sozialdemokraten und den Grünen und die Tatsache, dass die FDP mitregieren möchte. Allerdings braucht es Zugeständnisse von linker Seite, da FDP-Chef Christian Lindner höhere Steuern – eines der Themen bei Rot-Grün – verhindern möchte.
Die Situation ist vor allem für die SPD nicht ganz einfach, weil sie für eine Regierung auf die FDP angewiesen ist. Im Gegenzug braucht Lindner – der durchaus auch gerne mit der Wahlverliererin CDU/CSU regieren würde, den Goodwill der SPD. Nicht zuletzt gibt es trotz viel Einigkeit auch zwischen den Sozialdemokraten und den Grünen gewisse inhaltliche Differenzen, beispielsweise den Kohleausstieg, den Olaf Scholz nicht vor 2038 bewerkstelligen will.
Die Union wäre bei der Ampelkoalition ab sofort in der Opposition.
Prognose: sehr wahrscheinlich
Der Flagge des Inselstaates der Karibik entsprechend würde dieses Bündnis aus der CDU/CSU, den Grünen und der FDP gebildet werden. Die aktuelle Sitzverteilung liesse diese Regierung zu. Die Position, welche die FDP in der Ampelkoalition inne hätte, etwas eingequetscht in die ideologisch anders gepolten SPD und Grüne, käme im Jamaika-Bündnis den Grünen zu. Union und FDP wiederum hätten thematisch viel Übereinstimmung und könnten den aufstrebenden Grünen bezüglich Klima- und Sozialpolitik etwas Wind aus den Segeln nehmen.
Zudem werden Erinnerungen an die Koalitionsverhandlungen von 2017 wach. Damals stand diese Regierung ebenfalls zur Option und scheiterte erst ganz spät, weil Christian Lindner absprang. Eine Aktion, die dem FDP-Chef viel Kritik eingebracht hat und die der 42-Jährige sich nicht nochmals wird erlauben können.
Prognose: gut möglich
Rechnerisch möglich, aber sehr unwahrscheinlich, dass eine Grosse Koalition zwischen CDU/CSU und der SPD zustande kommt. Im Abstimmungskampf war die «Groko» höchstens am Rande Thema, die SPD scheint nur marginal an einem Bündnis mit Armin Laschet und der Union interessiert. Diese wiederum müsste sich mit der Rolle als Juniorpartnerin abfinden, weil sie in den aktuellen Wahlen abgestürzt und hinter den Genossen nur noch zweitstärkste Kraft ist.
Allerdings ist eine Grosse Koalition nicht abschliessend vom Tisch, sollten sich die Grünen und die FDP nicht einigen können und deshalb sowohl eine Ampel- als auch eine Jamaika-Koalition scheitern.
Prognose: sehr unwahrscheinlich
Eine Kenia-Koalition zwischen SPD, Union und den Grünen hätte eine massive Mehrheit, gehört inhaltlich aber wohl eher ins Reich der Träume. Die SPD hat keine Lust auf die Union (siehe Grosse Koalition), diese wiederum ist nicht interessiert daran, in einer Regierung nur die zweite Geige zu spielen.
Sehr unrealistisch, aber theoretisch möglich: eine Koalition mit der SPD, der Union und der FDP. Dies würde die Grünen vom Regieren ausschliessen, diese wiederum sind aber der bevorzugte Regierungspartner der SPD.