Überraschende Wende im Impeachment-Prozess gegen Donald Trump. Am Samstag beschloss der Senat, mit 55 zu 45 Stimmen, doch noch Zeugen vorzuladen – obwohl Beobachter eigentlich damit gerechnet hatten, dass das Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten bereits am Wochenende abgeschlossen würde.
Mitverantwortlich für diese Volte war ausgerechnet eine republikanische Abgeordnete. Jaime Herrera Beutler, die seit 2009 im Repräsentantenhaus politisiert, hatte am späten Freitagabend eine schriftliche Stellungnahme veröffentlicht, in der sie schwere Vorwürfe gegen Trump erhob.
Demnach habe sich der damalige Präsident während des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar mit dem republikanischen Fraktionsvorsitzenden Kevin McCarthy unterhalten. McCarthy habe den Präsidenten angefleht, seine Anhänger zum Rückzug aufzufordern. Trump hingegen habe behauptet, bei den gewalttätigen Demonstranten, die sich Zutritt ins Parlamentsgebäude verschafft hatten, handle es sich um linke Aktivisten.
Als McCarthy heftig widersprach, soll Trump gesagt haben: «Nun, Kevin, ich glaube, diese Menschen sind erzürnter über den Wahlausgang als du es bist.»
Sollte diese Darstellung zutreffen, würde dies die Behauptung der Demokraten untermauern, dass der Präsident den Sturm auf das Kapitol genau mitverfolgte und nichts tat, um ein Blutbad zu verhindern.
In ihrer Stellungnahme rief Herrera Beutler, die im Repräsentantenhaus für das Impeachment gestimmt hatte, auch den Vizepräsidenten Mike Pence auf, öffentlich über die Ereignisse am 6. Januar zu sprechen.
Der Demokrat Jamie Raskin, der während des Impeachment-Prozesses die Rolle des Chefanklägers spielt, schlug nun am Samstag vor, Herrera Beutler als Zeugin einzuvernehmen — nachdem sich Trump geweigert hatte, direkt auszusagen. Diese Forderung stiess auf heftigen Widerstand der Trump-Verteidiger. So drohte Anwalt Michael van der Veen damit, dass er 100 Zeugen einvernehmen werde, falls Raskin es ernst meine. Dann nannte er die Namen von Nancy Pelosi, der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, und von Kamala Harris, der ehemaligen Senatorin und heutigen Vizepräsidentin. Als van der Veen ankündigte, diese Zeugen in seinem Büro in Philadelphia einzuvernehmen, brachen die anwesenden demokratischen Senatoren in herzhaftes Gelächter aus.
Unklar blieb vorerst, was der Abstimmungssieg der Demokraten nun für den weiteren Verlauf des Impeachment-Prozesses bedeutet. So blieb unklar, wie viele Zeugen nun vorgeladen werden sollen. Und wie die jeweiligen Befragungen ablaufen werden. Die Sitzung des Senats musste vorerst unterbrochen werden.
(aargauerzeitung.ch)