Ein Hilfsantrieb in der Oberstufe zündete zwar zunächst, stoppte dann aber, wie der Chef des Raketenbauers Arianegroup, Martin Sion, sagte. «Wir haben ein Vorkommnis, das wir noch nicht verstehen» – nämlich warum der Hilfsantrieb gestoppt habe. «Aber der Rest der Mission verlief nach Plan.»
Vorgesehen war, dass die Rakete bei ihrem Jungfernflug 17 Nutzlasten ins All bringt. Am Ende sollte die Oberstufe auf dem Weg zurück zur Erde verglühen. Weil der Hilfsantrieb stoppte, zündete das Vinci-Triebwerk der Oberstufe nicht erneut, um die zwei letzten technischen Passagiere auszusenden. Sie werden nun in der Oberstufe bleiben, die im All verbleibt.
Hier gibt es alle Infos zum europäischen Raketenstart on der Übersicht:
Sion erklärte, bei dem Flug habe es zunächst die Startphase gegeben, in der mehrere Satelliten ausgeliefert wurden. «Alles lief perfekt.» Danach habe es eine Demonstrationsphase gegeben, um zu schauen, wie sich die Oberstufe der Rakete in sogenannter Mikrogravitation verhält, einem Zustand, in dem die Gravitationskraft nicht oder extrem schwach wirkt.
Der Chef des Raketenbauers sagte zu dem Vorfall: «Das ist bedauerlich, aber das ist auch der Grund, weshalb wir eine technische Demonstration vornehmen, weil es Dinge gibt, die wir nicht am Boden testen können.» Mit der Testphase am Ende des Erstflugs habe man so viele Informationen wie möglich sammeln wollen. Die notwendigen Daten, um den Vorfall genauer zu beleuchten, seien noch nicht verfügbar. Sobald klar sei, was genau vorgefallen sei, werde man die Allgemeinheit informieren, sicherte Sion zu.
Die Spitzen der europäischen Raumfahrt feiern den Start der Ariane 6 dennoch als einen «unglaublichen Erfolg». «Wir schreiben heute Geschichte», sagte Josef Aschbacher, Chef der europäischen Weltraumagentur Esa, kurz nach dem Start unter Applaus in Kourou. «Heute ist ein grosser Tag, zum Feiern.» Er sei persönlich erleichtert.
Auch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) gratulierte der ESA auf der Plattform X zum erfolgreichen Start.
Schon seit Monaten hat Europas Raumfahrt auf den Jungfernflug seiner neuen Rakete hingefiebert. Die Hoffnungsträgerin Ariane 6 sollte wieder einen eigenen Zugang zum All herstellen und so die Unabhängigkeit sichern.
«Der Zugang zum Weltraum ist sehr wichtig geworden», hatte Renato Krpoun vor dem Start zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA gesagt. Krpoun ist Leiter der Abteilung Raumfahrt des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). «Wir nutzen Infrastruktur im Weltraum täglich für Navigationssysteme, für Zeitsignale und für Wettervorhersagen.» Auch Smartphones würden ohne Satelliten nicht funktionieren.
Mit dem Erstflug der Ariane 6 ist für Aschbacher klar: «Europa ist zurück.» Aus der Krise sei man raus. Er erklärte aber auch: «Dies ist nur der erste Schritt, wir haben noch viel Arbeit vor uns.» Bereits Ende des Jahres soll der nächste Ariane-6-Flug stattfinden.
Die Ariane 6 ist das Nachfolgemodell der Ariane 5, die von 1996 bis Sommer 2023 im Einsatz war. Sie soll Satelliten für kommerzielle und öffentliche Auftraggeber ins All befördern und ist deutlich günstiger als ihre Vorgängerin.
Die 56 Meter hohe und 540 Tonnen schwere Rakete fliegt auch dank der Schweiz. Als eines von 13 Ländern ist die Schweiz am Ariane-Programm beteiligt. Ausserdem haben Schweizer Unternehmen mehrere Teile der Rakete beigesteuert. So wurde etwa die Spitze der Rakete von Beyond-Gravity in Emmen, LU gebaut. (sda/dpa)