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Frankreich

Ausschreitungen in Paris nach Tod von 17-Jährigem bei Polizeikontrolle

Heftige Ausschreitungen in Paris nach Tod von 17-Jährigem bei Polizeikontrolle

Im Pariser Vorort Nanterre sind nach einem tödlichen Polizeischuss auf einen 17 Jahre alten Autofahrer bei einer Verkehrskontrolle schwere Krawallen ausgebrochen.
28.06.2023, 03:5728.06.2023, 10:54
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Im Pariser Vorort Nanterre hat ein Polizist einen 17 Jahre alten Autofahrer bei einer Verkehrskontrolle erschossen und damit schwere Krawalle in der Nacht zum Mittwoch ausgelöst. Eine Motorradstreife hatte den mit drei Personen besetzten Wagen am Dienstagmorgen gestoppt. Als der 17-Jährige unvermittelt wieder losfuhr, fiel der tödliche Schuss. Wie Innenminister Gérald Darmanin am Mittwoch sagte, wurde der Beamte in Polizeigewahrsam genommen. Gegen ihn wird wegen Totschlagsverdacht ermittelt. Dem 38-Jährigen drohe die Suspendierung.

Ausschreitungen Paris nach von 17-Jährigem
Im Pariser Vorort Nanterre kommt es zu heftigen Krawallen.Bild: twitter/france24

Ein vom Sender France Info verifiziertes Video zeigt, wie der Beamte seine Waffe bei der Kontrolle auf Höhe der Fahrertür in das stehende Auto richtete. Die Situation scheint unter Kontrolle, hektische Bewegungen sind nicht zu erkennen. Als der 17-Jährige am Steuer plötzlich losfährt, feuert der Beamte aus nächster Nähe auf den Jugendlichen und trifft ihn tödlich in die Brust. Das Auto fuhr dann noch einige Meter weiter und rammte eine Strassenabsperrung. Ein - ebenfalls minderjähriger - Mitfahrer wurde festgenommen und später wieder freigelassen, ein dritter ergriff laut Staatsanwaltschaft die Flucht.

Laut France Info hatten die beiden Streifenpolizisten zunächst ausgesagt, der Jugendliche habe sie überfahren wollen. Später seien sie von dieser Version wieder abgerückt und hätten erklärt, er habe ihren Anordnungen keine Folge geleistet und dann plötzlich Gas gegeben - von einer Tötungsabsicht war keine Rede mehr.

Die Unruhen, die am Dienstagabend mit einer Demonstration vor der Polizeiwache von Nanterre begonnen hatten, griffen in der Nacht auf angrenzende Orte über. Mülltonnen, Autos, eine Grundschule und der Anbau eines Rathauses wurden von aufgebrachten Menschen in Brand gesetzt, Einsatzkräfte mit explodierenden Feuerwerkskörpern beschossen. Zwischen den Hochhaussiedlungen wurden Barrikaden errichtet und Feuerwehrkräfte bei ihren Einsätzen behindert. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein, musste sich angesichts der massiven Angriffe aber teils zurückziehen.

In this image made from video provided, police officers try to control people on a street in Nanterre, France Tuesday, June 27, 2023. A 17-year-old delivery driver was shot and killed by a police offi ...
Bild: keystone

Nach Angaben von Innenminister Darmanin wurden 31 Menschen festgenommen und 24 der insgesamt 1200 eingesetzten Polizeibeamte verletzt. Rund 40 Autos seien ausgebrannt. «Ich rufe zur Ruhe auf.» 2000 Beamte wurden mobilisiert, um die Lage unter Kontrolle zu halten.

Der Teenager soll wegen früherer Verkehrsdelikte und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte polizeibekannt gewesen sein. Innenminister Darmanin bezeichnete seinen Tod als «Drama», wies zugleich aber darauf hin, dass Widerstand gegen die Staatsgewalt schon in vielen Fällen zum Tod von Polizisten geführt habe. Die Familie des Jungen kündigte über ihren Anwalt an, sie werde den Todesschützen wegen Mordes verklagen und auch wegen Falschaussage, weil seine Darstellung der Ereignisse von den Videoaufnahmen eindeutig widerlegt werde.

Der tödliche Vorfall löste in Frankreich Empörung aus, angesichts der Videoaufnahmen steht der Vorwurf von Polizeigewalt im Raum. Immer wieder kommen Menschen in Frankreich bei banalen Fahrzeugkontrollen ums Leben, wenn sie sich nicht an Polizeianweisungen halten. Wie die Zeitung «L'Obs» berichtete, starben 2022 bei Verkehrskontrollen 13 Menschen, nachdem sie sich der Polizei widersetzten und davonfahren wollten.

«Die Todesstrafe gibt es in Frankreich nicht mehr. Kein Polizist hat das Recht zu töten, es sei denn, es handelt sich um Notwehr», twitterte Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. Die Polizei bringe die Autorität des Staates in Verruf und müsse von Grund auf reformiert werden. Andere Politiker aus dem linken Spektrum zeigten sich ebenfalls empört und betonten, dass Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte noch lange nicht die Tötung eines Menschen rechtfertige.

Frankreichs Fussball-Superstar Kylian Mbappé reagierte mit emotionalen Worten auf den Tod des 17-Jährigen. «Mein Frankreich tut mir leid. Eine inakzeptable Situation. Alle meine Gedanken gelten Naëls Familie und seinen Lieben, diesem kleinen Engel, der viel zu früh gegangen ist», twitterte der 24 Jahre alte Stürmer von Meister Paris Saint-Germain am Mittwoch. (sda/dpa)

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Andi Amo
28.06.2023 07:10registriert April 2015
Hier wird wie immer in solchen Fällen das Opfer verharmlost. Als Minderjähriger ohne Prüfung mit einem Auto herumzufahren und sich gar einer Polizeikontrolle zu entziehen, ist sicher nicht ein Bagatelldelikt, sondern äusserst gefährlich für alle Verkehrsteilnehmer wie auch Fussgänger, Velofahrer usw.
Wie schnell ist jemand tödlich verletzt. Ausserdem wissen Sicherheitskräfte auch nicht, was Absicht oder weitere Ladung in einem ausreissenden Fahrzeug ist, in Zeiten von Terroranschlägen nie eine gute Idee, sich Kontrollen entziehen zu wollen.
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Borki
28.06.2023 09:10registriert Mai 2018
Wenn die Law-and-Order-Fans (zähle mich dazu) sich bei solchen Fällen immer reflexartig hinter die Polizei stellen wie jetzt Éric Ciotti, verstärken wir die Gewaltspirale massiv.
Law and Order gilt auch für die Polizei, wenn ein Polizist einen tödlichen Fehler macht gehört er hart bestraft und nicht irgendwie gedeckt und verteidigt.

Natürlich ist das keine Rechtfertigung, Schulhäuser anzuzünden und andere Beamte anzugreifen. Aber hier verstehe ich die Wut der Demonstranten, und einfach noch mehr Polizeigewalt wird dieses Problem nicht lösen.
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Kommissar Rizzo
28.06.2023 07:56registriert Mai 2021
Tragisch. Diese Gegend um Paris (wie auch St. Denis) ist wohl so eine Art "No Go"-Area. Diese Gegenden wie auch andere Städte in Europa zeigen leider auf, dass es massive Probleme mit "gewissen Kreisen" gibt.
Dennoch rechtfertigt ein solches Vergehen in keinster Weise den (tödlichen) Einsatz einer Schusswaffe. Wenn man die Person kennt, hätte man sie auch später festnehmen können. Ich plädiere für härtere Massnahmen gegen Fast-Erwachsene, aber der Einsatz von Waffen - auch wenn evtl. im Reflex - erinnert mich doch sehr an die USA.
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