Mit Fortschritten im Iran-Konflikt ist der G7-Gipfel in Biarritz zu Ende gegangen. Nach der Vermittlung des französischen Staatschefs Emmanuel Macron sah US-Präsident Donald Trump «sehr gute Chancen» für ein Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani.
Es wäre ein historisches Ereignis, denn die USA sehen Iran als Feind und pflegen seit langem keine diplomatischen Beziehungen mit Teheran.
Zum Abschluss der dreitägigen Beratungen in dem französischen Seebad kündigte Trump auch an, dass die USA und China in ihrem Handelskrieg «sehr bald» neue Verhandlungen aufnehmen werden. Er äusserte auch die Hoffnung auf ein «faires Handelsabkommen» mit der Europäischen Union.
Anders als bei den letzten beiden Gipfel der sieben grossen Wirtschaftsmächte in Italien und Kanada, die im Streit mit Trump endeten, bemühten sich die Staats- und Regierungsschritts in Biarritz, Eintracht zu demonstrieren. Wegen der Differenzen mit Trump wollte Gastgeber Macron ursprünglich und erstmals in der 44-jährigen Geschichte des G7-Clubs auf eine gemeinsame Abschlusserklärung verzichten, doch einigten sich die Teilnehmer am Ende doch noch auf ein gemeinsames Dokument, das allerdings nur eine Seite lang war.
Die Beratungen brachten neue Bewegung in die gefährliche Iran-Krise. Frankreichs Präsident sagte, die Diskussionen hätten die Voraussetzungen für eine Zusammenkunft zwischen Trump und Irans Präsident in den kommenden Wochen geschaffen. «Ich denke, dass die Begegnung stattfinden kann», sagte Macron. Trump sagte zu einem solchen Treffen: «Ich denke, es gibt eine sehr gute Chance, dass wir uns treffen.» Ruhani wird Ende September an der Uno-Vollversammlung in New York teilnehmen.
Das bislang letzte bilaterale Treffen zwischen Spitzenvertretern der USA und des Irans fand vor mehr als 40 Jahren, am 31. Dezember 1977, statt. Damals traf US-Präsident Jimmy Carter in Teheran Schah Mohammed Reza Pahlavi. Danach herrschte abgesehen von einem Telefonkontakt zwischen Barack Obama und Ruhani im Jahr 2013 auf höchster Ebene Funkstille.
Trump hatte bisher den Kurs vertreten, Iran mit maximalem politischen und wirtschaftlichen Druck zu einem Kurswechsel in der als aggressiv erachteten Aussenpolitik zu zwingen. Die Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen hat bislang allerdings die Spannungen weiter angeheizt – unter anderem mit der Folge, dass der Schiffsverkehr und damit der Öltransport durch die Strasse von Hormus als nicht mehr sicher gilt.
Der US-Präsident hatte das Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt, weil es aus seiner Sicht nicht weit genug geht. Die Europäer halten aber an dem Vertrag fest. Trump sagte, ein neues Abkommen müsse langfristiger angelegt sein und auch ballistische Raketen umfassen. «Sie müssen mit dem Terrorismus aufhören.»
Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif war von Frankreich am Wochenende völlig überraschend an den Tagungsort des G7-Gipfels eingeladen worden. Macron traf sich am Sonntagabend selbst mit Sarif und unterrichtete ihn – in Rücksprache mit Trump – über die Gespräche der Staats- und Regierungschefs. «Wir haben grosse Einigkeit gehabt, selbst beim Iran», sagte Trump bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel und sprach von einem «sehr erfolgreichen» Gipfel.
Nachdem frühere Begegnungen zwischen Merkel und Trump eher unterkühlt verlaufen waren, überhäufte der US-Präsident die deutsche Kanzlerin mit Lob. «Sie ist eine brillante Frau.» Trump will auch «sehr bald» nach Deutschland kommen. Seit seinem Amtsantritt im Januar 2017 war Trump – trotz mehrfacher Einladungen – noch nicht zu einem bilateralen Besuch in Deutschland, hatte aber andere EU-Staaten schon zweimal besucht. «Ich habe Deutsches in meinem Blut», sagte der US-Präsident, dessen Vorfahren aus Kallstadt in Rheinland-Pfalz kommen.
Die ungewöhnlich freundliche Begegnung zwischen Merkel und Trump demonstrierte eine gewisse Entspannung im Verhältnis zwischen den G7-Partnern und Trump, der in Biarritz friedliche Töne anschlug, während er sonst bevorzugt mit Twitter-Nachrichten kräftig austeilt. Merkel berichtete, im Kreis der Staats- und Regierungschefs habe es eine Atmosphäre gegeben, in der ausdrücklich Gespräche der Europäer mit dem Iran begrüsst worden seien. «Der feste Wille zu sprechen, ist schon mal ein grosser Fortschritt», sagte Merkel.
Nachdem es auf dem Gipfel am Sonntag bereits um die Gleichstellung der Frauen, Hilfe für Afrika und den Kampf gegen die verheerenden Brände im Amazonasgebiet gegangen war, standen zum Abschluss noch der Klimaschutz und die Artenvielfalt auf dem Programm. Unabhängige Beobachter warfen den G7-Staaten aber Untätigkeit vor. «Aus Angst sich zum Gefangenen einer einzelnen Verweigerernation zu machen, streichen die G7 lieber gleich die Segel», sagte Marwin Meier von World Vision mit Blick auf die USA.
Auch die Vereinbarungen zu Afrika stiessen auf Kritik. Die Entwicklungsorganisation ONE kritisierte die Pläne für Unterstützung zum Kampf gegen islamistischen Terror in der Sahelzone und die Erklärung zu einer neuen Partnerschaft zwischen den G7 und Afrika. Es mangle an konkreten Verpflichtungen. «Macron hatte mit dem »G7 gegen Ungleichheit« grosse Erwartungen geweckt, sagte Jörn Kalinski von Oxfam. »Doch den vielversprechenden Worten folgten keine Taten.«
Im Handelskrieg der USA mit China, den die G7-Partner wegen der Auswirkungen auf die Weltwirtschaft mit grosser Sorge betrachten, sah Trump auch Bewegung. Die chinesischen Unterhändler hätten sein Team in Washington am Sonntag kontaktiert. »Es ist das erste Mal, dass ich sehe, dass sie wirklich eine Vereinbarung schliessen wollen.« Seine Äusserungen sorgten für eine gewisse Erholung an den Börsen.
Der US-Präsident hatte Ende der Woche den Handelskrieg mit China noch einmal eskaliert, indem er die Strafzölle der USA auf Waren aus China weiter erhöht hatte. »Wir werden sehen, was passiert«, sagte Trump. »Aber ich glaube, wir werden eine Vereinbarung schliessen.«
Nachdem er am Vortag mit Japan eine Grundsatzeinigung über ein Handelsabkommen verkündet hatte, äusserte Trump die Hoffnung, auch mit den Europäern ein »faires« Abkommen schliessen zu können. Merkel plädierte für baldige Handelsgespräche. Beide Seiten hätten ein grosses Interesse, den Handel zu intensivieren. Trump droht den Europäern mit Sonderabgaben auf US-Importe europäischer Autos. In Gegenwart von Merkel beschrieb Trump die Europäer als »knallharte Händler«, die er aber wie die Chinesen respektiere.
Der nächste G7-Gipfel wird 2020 voraussichtlich in einem von Trumps Golfhotels in Miami stattfinden. »Es ist die beste Wahl", sagte der Präsident. Die USA übernehmen nächstes Jahr den Vorsitz der G7 von Frankreich. (mim/sda/dpa)